Corona: Der Appell des Eislöwen-Trainers

Dresden. Noch am Donnerstag vergangener Woche hatte Rico Rossi keinen Plan, wann er in seine Heimat fliegen wollte. Viel Arbeit stünde nun an, meinte der 54 Jahre alte Trainer nach dem plötzlichen Saison-Aus der Eislöwen. Deren Liga hatte als erste in Deutschland den Spielbetrieb wegen der grassierenden Corona-Pandemie eingestellt.
Die Entwicklung seitdem hat nun dazu geführt, dass Rossi „so schnell wie möglich“ nach Toronto möchte. „Der Premierminister hat am Montag seine Landsleute aufgefordert, zurück in ihre Heimat zu kommen“, sagt der Italo-Kanadier Rossi.
Angesichts der unklaren weiteren Entwicklung kommt die Gelegenheit für die Familienzusammenführung zum perfekten Zeitpunkt. „Im Moment ist es sehr langweilig“, sagt Rossi über die vergangenen Tage in Dresden und erklärt: „Es gibt gerade wirklich wenig zu tun. Wenn du aus den Play-offs ausgeschieden bist, gibt es normalerweise noch andere Spiele, bei denen man nach interessanten Spielern Ausschau halten kann. Das geht im Moment nicht.“
Sportliche Leitung im ständigen Austausch
Auch alle anderen Ligen haben die Saison entweder beendet oder setzen für unbestimmte Zeit aus. Am Dienstag entschied sich auch Russland für eine Pause. Allerdings nur, weil zwei nicht-russische Teams ihren Rückzug aus den Play-offs der Kontinental Hockey League erklärt hatten.
In Dresden ist man bei der bislang einzigen sportlichen Aufgabe, die seit dem 8:3 im zweiten Pre-Play-off-Spiel gegen Bad Nauheim am 8. März anstand, indes schon sehr weit, sagt Rossi. Wie die Einschätzung des Profi-Kaders durch ihn, den sportlichen Berater Marco Stichnoth und Geschäftsführer Maik Walsdorf aber ausgefallen ist, will er noch nicht öffentlich sagen. „Wir wissen schon, in welche Richtung es gehen soll“, erklärt der Trainer, dem die offensive Ausrichtung in der abgebrochenen Saison zwar gefallen hat, für den aber klar ist: „In der Defensive müssen wir etwas verändern.“ Bei mehr als 200 Gegentoren kaum verwunderlich.
Auch wenn derzeit keine neuen Verträge geschlossen werden, so befindet sich die sportliche Leitung im ständigen Austausch. „Wir reden zwei, drei mal am Tag, und versuchen, es ganz normal zu tun“, sagt Rossi. „Aber viel läuft im Moment über Handy, Email, Facebook oder Facechat.“
Eine Vorliebe für die ECHL
Spannend wird vor allem, wie Rossi und Stichnoth ihre Kompetenzen bei der Suche nach geeigneten Kandidaten für das vier Plätze umfassende Ausländerkontingent bündeln. „Meiner Erfahrung nach ist die East Coast Hockey League eine interessante Liga für uns“, sagt Rossi über seine Erfahrungen. Profis, die in dieser nordamerikanischen Liga überzeugen, wären laut Rossi auch ein Gewinn für Teams in der Deutsche Eishockey-Liga 2.
Im Eislöwen Kader 2019/20 standen mit Jordan Knackstedt, Nick Huard, Mario Lamoureux, Dale Mitchell, Riku Helenius, Petr Pohl und Kevin Lavallée gleich sieben Spieler, die über Erfahrung in der ECHL verfügen, dank Einbürgerungen aber zum Teil nicht unter die Ausländerregel fielen. Welche Faktoren bei der Entscheidung eine Rolle spielen, erklärt Rossi auch. „Die Frage ist ja, will man mit neuen Ausländern arbeiten oder mit denen weitermachen, die man schon unter Vertrag hatte. Oder wäre bei möglichen Neuen wenigstens Europa-Erfahrung wünschenswert.“
Rossis Gedanken gehen aber auch Richtung Italien, allerdings weniger aus sportlichen Gründen. In Mailand verbrachte er fünf Jahre als Profi, doch nicht nur deswegen hat er noch Kontakte in das Land. „Ich habe dort auch Familie und Freunde. Natürlich bin ich da besorgter, als man es hier normalerweise ist. Auch meine Eltern machen sich große Gedanken wegen der Cousins und Cousinen“, sagt er.
Rossis Bitte an die Eislöwen-Fans
Bislang gibt es gute Nachrichten. „Ich habe am Montag mit meiner Cousine in Rom telefoniert, da war alles in Ordnung. Auch meine Kumpels dort sind bisher von Corona verschont geblieben. Leider habe ich aber in Deutschland einen Freund, den es getroffen hat.“ Deswegen richtet Rossi auch einen Apell an die Eislöwen-Fans: „Bleibt zu Hause. Wir müssen alle unserer Aufgabe in dieser schwierigen Zeit gerecht werden. Versucht, ein gutes Programm im Fernsehen zu finden und genießt die Zeit mit der Familie zu Hause.“
Für den Familienenschen Rossi sicher kein Problem. Mit seinem Sohn Rico Jr., der in Hamburg Eishockey spielt, soll es möglichst noch in dieser Woche nach Hause gehen, nach Toronto zu Frau Deborah und Tochter Nicole.
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