Die Finanzierung für den Fernsehturm steht

Der Weg zum Ziel kann manchmal lang sein. Ganze zwei Minuten braucht der einzig verbliebene Fahrstuhl, bis er sich den Fernsehturm hinauf bis ins frühere Café gequält hat. Hier oben gibt es an diesem Sonntag erstmals seit Langem wieder Kaffee und Kuchen. Die Fenster sind braun. Von den Wänden blättert die Farbe ab.
Es war anzunehmen, dass sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) und Bruno Jacobfeuerborn von der Deutschen Funkturm GmbH hier nicht nur zum gemütlichen Kaffeeplausch verabredet, sondern etwas mitzuteilen hatten.
Mit strahlenden Gesichtern verkündeten sie, dass die Finanzierung für die Wiedereröffnung des Fernsehturms gesichert ist: Die Hälfte der insgesamt 25,6 Millionen Euro steuert der Bund bei, in die andere Hälfte teilen sich die Stadt und der Freistaat Sachsen. Eine wunderbare Nachricht und ein wunderbarer Termin für die Beteiligten, wenige Tage vor der Wahl.
„Wenn man diesen Blick sieht – das ist schon genial“, schwärmte Kretschmer. Nach dem verregneten Samstag freute er sich über einen sonnigen Ausblick über das Elbland, wie man ihn in diesen Tagen eher selten erlebt. Vielleicht ein gutes Omen? Dass er nun überhaupt dort oben stehe und über die Wiederöffnung des Dresdner Fernsehturms spreche, daran hätte noch bis vor wenigen Monaten kaum einer zu glauben gewagt. Man sehe aber mal wieder: „Wenn man dranbleibt und Verbündete sucht, dann klappt’s auch häufiger mal.“
Das gibt Applaus. Besonders laut klatschen die, die sich nach langem Kampf jetzt schon ganz nah am Ziel wähnen: Eberhard Mittag vom Fernsehturm-Verein und seine bekannten Mitstreiter Uwe Steimle und Barbara Lässig.
Besonders viel Lob bekommt ein Mann, der zunächst ganz unscheinbar hinten in der letzten Reihe steht. Alle sind sich einig, dass es der Initiative des früheren sächsischen Wirtschaftsministers Thomas Jurk (SPD) im Bundestag zu verdanken ist, dass die Sanierung des Fernsehturms plötzlich finanziell machbar erscheint. Das sei die Initialzündung gewesen.
Doch nicht alle, die an diesem Sonntagnachmittag mit dem Fahrstuhl nach oben fahren, interessieren sich für die Statements der Politiker. Einige wollen einfach nur mal wieder da hoch und gucken. Auf Einladung der Deutsche Funkturm und des MDR bekamen rund 30 Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, den Turm schon jetzt zu besichtigen, Jahre vor den meisten anderen. Einige von ihnen, die aus dem Fahrstuhl steigen, laufen sofort zielsicher die zwei Treppen durch das Café nach oben und lassen sich auf der Plattform die steife Brise um die Nase wehen. Später mal werden die Geländer hier draußen mindestens doppelt so hoch sein. Neue Sicherheitsstandards. Deswegen werden auch die Fahrstühle so teuer.

Für Sabine und Udo Schindler ist es eine Premiere. Auch die beiden Rentner aus Leipzig haben ihre Plätze übers Radio gewonnen. Sie sind das erste Mal seit der Wende wieder in Dresden. Früher arbeiteten sie bei der Telekom, heute sind sie große Fernsehturm-Fans. „Von unten sah er gar nicht so hoch aus, aber das ist schon toll“, sagt Sabine Schindler.
Das dürfte Bruno Jacobfeuerborn, Chef der Funkturm-Gesellschaft, gern hören. Er vergleicht die Wiederöffnung mit einem Marathonlauf. Und das sei der Start. Man sei sich im Klaren, dass man bei den Planungen unbedingt im Budget bleiben müsse. Fantastereien wie eine Seilbahn seien deshalb unrealistischer denn je, wie auch Oberbürgermeister Hilbert bestätigt.
Es werde schwer genug, logistische Möglichkeiten zu finden, um warmes Essen von unten nach oben und auf den Teller der Gäste zu bringen. Oben darf nämlich aus Brandschutzgründen nicht mehr gekocht werden. Bei der Immobilienmesse Expo Real im Herbst in München soll die Betreibersuche offiziell starten. Bislang habe noch niemand sein Interesse hinterlegt, heißt es. Sollte sich wirklich niemand finden lassen, der sich auf der Abenteuer einlässt, könnte die Deutsche Funkturm sich am Ende immer noch auf Kaffee und Kuchen beschränken. Geschlossen bleiben müsste der Turm deswegen nicht.
Bei aller Freude über die geglückte Finanzierung bleibt eine Frage aber auch weiterhin unbeantwortet: Wann wird der Fernsehturm denn nun wieder geöffnet? Dazu wagt keiner der Anwesenden eine Prognose. Klar ist: Da sich die Förderung durch den Bund in kleineren Beträgen über sechs Jahre streckt, wird es wohl nicht vor 2025 werden. Aber das würde doch gut passen. Im selben Jahr möchte Dresden gern Kulturhauptstadt Europas sein.