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Dresdner Forscher entwickeln Zungen-Chip gegen Akzent

Wer eine Fremdsprache lernt, weiß es genau: Oft ist die Aussprache das größte Problem. Eine Lösung aus Dresden soll es künftig einfacher machen.

Von Jana Mundus
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Fremdsprachen zu lernen, wird in Zeiten der Globalisierung immer wichtiger. Eine Idee aus Dresden will die Menschen genau dabei unterstützen. Sie sorgt für akzentfreies Sprechen.
Fremdsprachen zu lernen, wird in Zeiten der Globalisierung immer wichtiger. Eine Idee aus Dresden will die Menschen genau dabei unterstützen. Sie sorgt für akzentfreies Sprechen. © 123rf.com

Vokabeln zu pauken ist das eine. Wer eine Fremdsprache lernen will, muss aber auch an seiner Aussprache feilen. Ohne Akzent zu sprechen, ist dabei schwer. Doch schon bald könnte genau das einfacher werden. An der TU Dresden wird jetzt ein spezieller Mundsensor entwickelt, der das Lernen bald vereinfachen soll. Er soll den Nutzern später verraten, was sie falsch machen und wie sie ihren Akzent schon bald loswerden können. Eine Dresdner Firma will das System bereits in wenigen Jahren auf den Markt bringen.

Eine Fremdsprache akzentfrei sprechen zu lernen, ist besonders für Erwachsene eine große Herausforderung. Ihre Sprechorgane müssen dafür ein völlig neues Bewegungsmuster erlernen. Die Muskulatur von Gaumen, Zunge und Lippen muss sich an die neue Lautbildung anpassen. Je älter der Mensch ist, desto schwieriger fällt ihm das. Wichtig ist deshalb ein regelmäßiges und korrektes Üben. „Aber gerade dieses Training kann eben auch falsch ausgeführt werden“, sagt Alexander Wilbrandt von der Juniorprofessur für Kognitive Systeme an der TU Dresden. Deshalb sei es wichtig, den Lernenden auf seine Fehler hinzuweisen.

Genau das soll das neue System können. Denn wer Fremdsprachen lernt, braucht außerdem die Möglichkeit umfassendes Feedback zu bekommen. Im neuen Forschungsprojekt Adama arbeitet Wilbrandt nun an der Entwicklung eines virtuellen Coaches, der diese Aufgabe übernimmt. „Bisher verfügbare Computersysteme zum Erlernen einer Fremdsprache bewerten die Aussprache lediglich auf akustischer Basis und unterstützen nicht die Verbesserung der Sprechqualität,“ erklärt er. Die Lösungen hören nur zu und haben keine Möglichkeit, zu erkennen, was sich beim Artikulieren an Gaumen, Zunge oder Lippen tut.

Auch die Maschine muss lernen

Dabei ist es für den Übenden ganz elementar zu wissen, welche Bewegungen die Zunge machen muss oder wo genau im Mundraum sie für ein gutes Sprechen positioniert werden sollte. „Heutige Lösungen stellen dem Nutzer zwar dar, dass er seine Aussprache verbessern muss, aber zeigen nicht, woher die Aussprachefehler stammen und wie er diese beheben kann.“ Das neue Trainingsprogramm soll über ein Programm, das auf einem Computer oder dem Smartphone genutzt werden kann, deshalb konkrete Hinweise für die korrekte Lautbildung bieten, damit der Akzent gezielt reduziert werden kann.

Die Idee für ein solches System entstand im Ursprung dafür, Menschen die in die Bundesrepublik kommen, beim Erlernen der deutschen Sprache zu unterstützen. In einem ersten Schritt wird die Neuentwicklung deshalb Ausländern erst einmal helfen, die deutsche Sprache akzentfrei zu beherrschen. „Denkbar wäre das aber natürlich auch für andere Sprachen“, sagt der Wissenschaftler. Dafür müsste das System jedoch erst einmal auf andere Sprachen vorbereitet werden. Denn alles, was die Technik erkennen soll, muss sie vorher lernen. Das Prinzip basiert auf Messungen. Neben den akustischen Messungen durch ein Mikrofon erkennen Sensoren im Mund auch die Artikulation, also das Zusammenspiel der verschiedenen Bewegungen beim Formulieren eines Wortes oder Satzes. Die Sensoren sind auf einer flexiblen Leiterplatte verbaut, die einfach in den Mund eingesetzt und entnommen werden kann. Ähnlich einer Zahnspange. Wie genau sie letztlich befestigt wird, muss sich in den kommenden Jahren noch zeigen. Entweder durch eine Befestigung an den Zähnen oder durch eine Art Haftcreme, wie sie beim Einsatz von Gebissen verwendet wird.

Marktreife bis 2024

Derzeit bringt Alexander Wilbrandt dem System gerade die verschiedenen deutschen Buchstaben bei. Die kleine Maschine lernt, wie sich Mund und Zunge bei Vokalen und Konsonanten bewegen, was der Gaumen macht. Sie erkennt, wie sie exakt klingen müssen. Macht der Nutzer beim Sprechen in Zukunft alles richtig, verrät ihm ein akustisches Signal, dass er auf dem richtigen Weg ist. „Wenn wir mit den Buchstaben durch sind, geht es dann um die Worterkennung“, erklärt der Wissenschaftler das Vorgehen weiter. Uniintern werden immer wieder Probanden das System testen. Gerade auf die Unterstützung von Studenten oder Mitarbeiter, die aus dem Ausland kommen, hofft Wilbrandt. „Wenn das System steht, wäre auch eine große Probandenstudie denkbar.“

Noch bleiben Alexander Wilbrandt drei Jahre, um am neuen Sprachlern-System zu forschen und einen ersten Demonstrator zu entwickeln. Das Bundesforschungsministerium unterstützt das Projekt Adama mit 350.000 Euro. Ein Projektpartner ist schon gefunden. Die Dresdner Firma Linguwerk möchte die Neuentwicklung im Jahr 2024 auf den Markt bringen. Dann könnte das Pauken von Vokabeln durchaus unterhaltsamer werden als das schnöde Auswendiglernen von Wörtern. Dann stimmt sogar die Aussprache.