Dresden. Wenige Tage vor der Wahl bekam CDU-Fraktionschef Jan Donhauser Konkurrenz aus den eigenen Reihen. Die FDP nominierte CDU-Stadträtin Petra Nikolov. Dadurch entbrannte ein Streit innerhalb der CDU.
Am Donnerstag wurde Donhauser dann gewählt. Sobald Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) sein Einverständnis erklärt, ist der CDU-Mann Dresdens neuer Bildungsbürgermeister, zuständig für Bildung und Jugend. Im Interview haben wir mit ihm über die Wahl-Kontroverse, die geplante Zusammenarbeit mit dem OB und seine Ziele als Bürgermeister gesprochen.
Herr Donhauser, vor Ihrer Wahl gab es ziemlichen Zoff innerhalb der CDU.
Das wird eine der großen Herausforderungen für die Fraktion in den nächsten Wochen. Aber die Fraktion ist handlungsfähig. Ich bin zuversichtlich, dass sie wieder zueinander findet.
Was sagen Sie zu Ihrer Konkurrentin Frau Nikolov?
Dazu möchte ich mich öffentlich nicht äußern.
Weshalb haben Sie sich entschieden, zu kandidieren?
Ich denke, dass ich die notwendige politische und berufliche Erfahrung mitbringe und Dresden in dem Bereich Bildung und Jugend weiterbringen kann. Ich war Lehrer, Schulleiter, beim damaligen Regionalschulamt, im Kultusministerium und leite derzeit die Akademie der Landesstiftung Natur und Umwelt, wo es ebenfalls um Bildung geht. Zudem bin ich seit 2009 Stadtrat und seit 2014 Fraktionsvorsitzender der CDU.
Im Dezember haben Sie den Oberbürgermeister zum Rücktritt aufgefordert. Wie wollen Sie da gut zusammenarbeiten?
Wir haben uns ausgesprochen. Damit ist die Sache erledigt. Zudem zeigt doch die Corona-Krise, dass die Zusammenarbeit zwischen Oberbürgermeister und Stadtrat deutlich an Qualität gewonnen hat.
Zu Corona: Gibt es nach den Sommerferien wieder regulären Schulbetrieb?
Das wird zweifellos von den Infektionszahlen abhängen. Wenn es sich so entwickelt wie derzeit, gibt es die berechtigte Hoffnung dafür. Wenn es möglich ist, wäre es wünschenswert, zum Regelbetrieb überzugehen.
Auch weil Corona die Bildungsschere weiter auseinander gehen lässt?
Regelbetrieb ist immer vorzuziehen. Wenn Kinder zu Hause lernen müssen, bringt das Einschränkungen mit sich. Das gilt aber nicht nur für lernschwächere Schüler, sondern auch für besonders Begabte. Lehrer können sie in den Schulen natürlich besser fördern.
Wie wollen Sie für mehr Bildungsgerechtigkeit sorgen?
Mein Vorgänger, Hartmut Vorjohann, hat mit der kommunalen Bildungsstrategie einen wichtigen Impuls gesetzt. An dieser werde ich festhalten. Dabei geht es um gezielte Förderung unter anderem mit mehr Personal, beginnend in den Kitas. Diese Strategie möchte ich weiter verstärken, wenn die Evaluation zeigt, dass sie erfolgreich ist. Dazu bedarf es natürlich auch einer guten Abstimmung mit dem Kultusministerium.
Bringt die Strategie denn was?
Die Ergebnisse kenne ich noch nicht. Aber ich weiß aus der Erfahrung als Schulleiter, dass ein erhöhter Personaleinsatz für diejenigen, die Unterstützung benötigen, per se etwas bringt. Ich werde in den ersten Wochen mit den Kollegen aus dem Bildungsbüro, Schulverwaltungsamt und Kita-Eigenbetrieb besprechen, wie der Stand ist. Verwaltung und Stadtrat bereiten sich gerade auf die Haushaltsverhandlungen vor. Wenn es notwendig ist, muss ich dann schnell nachsteuern können.
Was wollen Sie zusätzlich erreichen?
Zu guten Kitas und Schulen gehören nicht allein überzeugende inhaltliche Konzepte. Auch der äußere Rahmen unterstützt die engagierte Arbeit unserer Pädagogen und motiviert die Kinder und Jugendlichen zur Anstrengung. Das will ich vorantreiben.
Aber ist das Geld nicht gerade wegen Corona knapp?
Ohne dem Haushalt vorgreifen zu wollen: Wir dürfen bei Schulen und Kitas nicht sparen. Bei der Schaffung von Kapazitäten darf keine Bremse eingebaut werden. Diese Plätze brauchen wir.
Wir können aber schauen, ob es intelligente Lösungen gibt, um Schulen oder Kitas und auch Schulsporthallen zu bauen und dabei die Kosten im Griff zu behalten. Ich hatte als schulpolitischer Sprecher bereits vor Jahren zum Beispiel den Vorschlag gemacht, auf große Unternehmen in Dresden zuzugehen. So könnten Sporthallen gemeinsam finanziert und gebaut werden, die vormittags und nachmittags von Schülern und abends von der Belegschaft der Firmen genutzt werden.
Ja, auch Dresden muss mit finanziellen Defiziten durch die Corona-Krise rechnen. Deshalb dürfen die Ziele beim Bau und der Sanierung von Schulen und Kitas aber nicht heruntergeschraubt werden. Wir können damit auch einen Beitrag dazu leisten, die Stadt für Arbeitgeber attraktiver zu machen, indem wir gezielt mit einer guten Bildungsinfrastruktur die Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf schaffen.
Brauchen die Schulen nicht auch eine bessere technische Ausstattung?
Ja, und der Freistaat stellt mit seiner Digitalisierungsstrategie viel Geld dafür bereit. Mich sorgt weniger die Anschaffung von Geräten. Neben der Schaffung von leistungsfähigen Anschlüssen, ist die Wartung die größte Herausforderung. Es kann nicht sein, dass die Lehrer am Ende dafür zuständig sind. Das muss funktionieren und da sehe ich den Eigenbetrieb IT in einer zentralen Rolle.
Hat dieser sich beim Kita-Portal ja nicht gerade mit Ruhm bekleckert.
Ja, das war anfangs schwierig. Aber ich gehe davon aus, dass der Eigenbetrieb viel Expertise dazugewonnen hat. Da habe ich Vertrauen, zumal das Kita-Portal jetzt läuft und ich auch sonst dort keine Defizite erkennen kann.
Bezüglich Defiziten: Wann werden Posten wie der des Jugendamtleiters besetzt?
Das wird eine der wichtigsten Aufgaben, die offenen Personalfragen zu lösen. Das gilt für die Amtsleitung aber auch für die Nachbesetzung von Abteilungen. Wir benötigen ruhiges Fahrwasser und Strukturen, die verlässlich sind. Darum werde ich mich schnell kümmern.
Planen Sie Veränderungen im Jugendamtsbereich?
Ich werde mit den Kollegen und den Aktueren in der Jugendhilfe besprechen, ob beispielsweise alle Sozialarbeiter dort eingesetzt sind, wo wir sie am dringendsten brauchen.
Glauben Sie, das ist nicht der Fall?
Meine These ist: Am wirksamsten sind Sozialarbeiter in Schulen eingesetzt. Dort sind die Kinder und Jugendlichen, und Probleme können gleich früh angesprochen werden, nicht erst nachmittags.
Klammern Sie damit nicht die Schulverweigerer aus?
Nein. Um diese Herausforderung zu meistern, gibt es auch zusätzlich das Projekt "Produktives Lernen" des SMK zum Beispiel an der 121. Oberschule für abschlussgefährdete Schüler.
Zur Jugendhilfe: Wie reagieren Sie auf die Kritik, dort werde viel Geld versenkt?
Ich werde mit den Akteuren, also den freien Trägern, sprechen. Wir müssen den Kritiken mit konkreten Erfolgen begegnen. Ergebnisse entkräften unberechtigte Kritik, wie sie zum Teil von der AfD kommt.
Erfolgskontrollen sind aber nur bedingt tauglich. Jedes Kind, jeder Jugendliche ist anders - kein Fall deshalb mit einem anderen vergleichbar. Wir müssen mehr Verständnis für die Jugendhilfe entwickeln. Nicht bei denen, die das eh unterstützen, sondern bei den Kritikern.
Sind daran nicht schon Ihre Vorgänger gescheitert?
Ich meine, dass ich durch meinen beruflichen Perspektivwechsel zur Landesstiftung Natur und Umwelt noch weitere Erfahrungen einzubringen habe, um sich Sachen anzunähern. So kann es gelingen.
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