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Dresden 18 Jahre nach der Jahrhundertflut

2002 trat die Elbe über die Ufer, und die Weißeritz überschwemmte Dresdens Innenstadt. Seitdem haben Stadt und Land viel verändert.

Von Peter Hilbert
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Am 13. August 2002 erreicht die Flut Dresden. Die Weißeritz überflutet Teile von Löbtau und Friedrichstadt und rauscht durch den Hauptbahnhof ins Zentrum.
Am 13. August 2002 erreicht die Flut Dresden. Die Weißeritz überflutet Teile von Löbtau und Friedrichstadt und rauscht durch den Hauptbahnhof ins Zentrum. © Jürgen Lösel

Dresden. Aus bitteren Erfahrungen hat Dresden gelernt. Vor 18 Jahren überraschte die Jahrhundertflut die Stadt und umliegende Kommunen. Zuerst wurde die Weißeritz  zum reißenden Strom. Ab dem 12. August kamen bis zu 400 Kubikmeter Wasser pro Sekunde Dresdens gefährlichsten Fluss hinab geschossen, die auch das Dresdner Zentrum überschwemmten. Durch den starken Regen schwollen aber auch Bäche an und traten über die Ufer. Kurz danach folgte die Elbe, die am 17. August mit 9,40 Metern in Dresden ihren Höchststand erreichte. Seitdem haben die Landestalsperrenverwaltung (LTV) und die Stadt viel unternommen.

Die Elbe: Zwölf Kilometer lange Schutzsysteme

Die LTV hat in Dresden bereits drei Großprojekte umgesetzt, mit denen über zwölf Kilometer des Elbufers geschützt werden. Bis 2011 wurden im Zentrum zwischen Hasenberg und Alberthafen Hochwasserschutzmauern und Böschungen errichtet. Installiert wurden dabei auch drei Flutschutztore und zwei mobile Wände.

Vier Stadtteile schützt seit 2013 die rund vier Kilometer lange Anlage aus Flutschutzwänden und Deichen zwischen dem Ballhaus Watzke und Kaditz. Bei Hochwasser können sie mit mobilen Elementen auf bis zu zwei Meter erhöht werden. Zuletzt wurde 2017 der Flutschutz für Stetzsch, Gohlis und Cossebaude fertiggestellt. Zwischen der Autobahnbrücke und dem Cossebauder Stausee sind Deiche und Wände entstanden. Bei Hochwasser sorgen zudem zwei Pumpwerke dafür, dass angestiegenes Grundwasser zur Elbe abgepumpt wird. 

Viele Stadtteile in Dresden sind an der Elbe schon gut geschützt. An der Kötzschenbroder Straße wurde diese Flutmauer errichtet, an anderen Stellen Deiche.
Viele Stadtteile in Dresden sind an der Elbe schon gut geschützt. An der Kötzschenbroder Straße wurde diese Flutmauer errichtet, an anderen Stellen Deiche. © Archiv: Steffen Füssel

Die Weißeritz: Dresdens gefährlichster Fluss jetzt flutsicher

Am 3. Juni 2013 stehen die Weißeritzfluten kurz unter der Brücke Löbtauer Straße. Das Flussbett ist damals aber schon soweit ausgebaut, dass die Weißeritz nicht über die Ufer tritt.
Am 3. Juni 2013 stehen die Weißeritzfluten kurz unter der Brücke Löbtauer Straße. Das Flussbett ist damals aber schon soweit ausgebaut, dass die Weißeritz nicht über die Ufer tritt. © Archivfoto: SZ/Peter Hilbert

Die LTV hat seit 2009 die Weißeritz zwischen Altplauen und der Mündung in die Elbe auf einer Länge von 4,7 Kilometern so ausgebaut, dass sie selbst eine 500-jährliche Flut wie 2002 sicher ableiten kann. Die Stadt beteiligt sich mit rund 14 Millionen Euro an den Gesamtkosten für den flutsicheren Ausbau von etwa 37 Millionen Euro. Denn der Freistaat übernimmt die Kosten nur bis zum Schutzgrad für ein 200-jährliches Hochwasser. Zuletzt ist der gefährliche Weißeritzknick zwischen den Brücken Löbtauer und Kesselsdorfer Straße fertig geworden. In den nächsten Wochen bis Oktober werden noch die letzten Baustellenflächen geräumt und begrünt, sodass auch der Rad- und Gehweg wieder freigegeben werden kann.

Der gefährliche Weißeritzknick zwischen den Brücken Kesselsdorfer und Löbtauer Straße ist jetzt flutsicher ausgebaut.
Der gefährliche Weißeritzknick zwischen den Brücken Kesselsdorfer und Löbtauer Straße ist jetzt flutsicher ausgebaut. © Marion Doering

Die Gefahr: Bäche schwellen bei Starkregen sehr schnell an

Aber auch die Gefahren durch die kleineren Gewässer sind nicht zu unterschätzen, sagt Abteilungsleiter Jens Seifert vom Dresdner Umweltamt. Rund 550 Bäche und Gräben verlaufen durch die Stadt, die Prießnitz ist der größte. Während nach längeren Starkregen bei der Elbe noch genügend Zeit ist, mobile Schutzsysteme aufzubauen, sei dies bei Bächen nicht der Fall. „Bei kleineren Gewässern ist spätestens nach einer viertel oder einer halben Stunde das Hochwasser da“, erklärt der Fachmann.

Da es seit Jahren zu trocken ist, fließt kaum noch Wasser durch Bäche und Gräben. Rund zwei Drittel von ihnen sind ausgetrocknet, beschreibt Seifert allerdings den derzeitigen Zustand. „Dahinter steht der Klimawandel.“ Mit diesem steigt aber auch die Wahrscheinlichkeit von Starkregen, sodass Bäche über ihre Ufer treten könnten. Zumal wegen der Trockenheit auch viel Bruchholz von Bäumen und anderes Treibgut in Bächen liegt, was Durchlässe und Brückenbauwerke verstopfen kann, wenn sie nicht klug gebaut sind. „Deshalb spielen Treibgutfänge eine sehr große Rolle. Wir haben viel gelernt, wie sie konstruiert werden müssen“, sagt Seifert. 

Der Ausbau: Rund 60 Prozent an Bächen geschafft

Nach der Jahrhundertflut 2002 hatte die Stadt nicht nur die Schäden an Bächen beseitigt, sondern sie auch so ausgebaut, dass das Wasser gut abfließen kann. Das geschah nicht nur mit Fluthilfemitteln, sondern auch mit Fördergeldern aus anderen Programmen. Gab es vor 2002 nur zwei alte Hochwasser-Rückhaltebecken in Gorbitz, so sind seitdem 25 weitere errichtet worden, sagt Seiferts für Bäche zuständiger Sachgebietsleiter Harald Kroll-Reeber. Zum Hochwasserschutz gehören aber nicht nur solche Bauwerke. Auch der Abfluss bei Bächen und Gräben muss gesichert sein.

Wegen der Gefahren ist der Ausbau dieser kleineren Gewässer ein großer Schwerpunkt. Bei etwa 60 Prozent davon ist das schon geschafft. „Wir versuchen bei denen anzufangen, wo es am gefährlichsten ist“, sagt Abteilungsleiter Seifert.

Komplett abgeschlossen ist dagegen das rund 5,7 Millionen Euro teure Programm zur Hochwasser-Schadensbeseitigung von 2013. Als ein Beispiel führt Seifert den Maltengraben im Dresdner Süden an, für den über 2,5 Millionen Euro investiert wurden. Zu den 26 Projekten gehörten zudem Vorhaben am Lockwitzbach, an der Prießnitz oder am Zschonerbach. Am Kaitzbach wurden vier Rückhaltebecken geschaffen. 

Der Pillnitzer Fall: Bach floss durch kaputtes Rohr in Keller

Ein Problem gab es beim Graupaer Bach, der bei Pillnitz am Elbhang entspringt. Vor dem Bau floss er durch das Gelände des Schlosses Pillnitz. Doch dann wurde er verlegt. Der Bach fließt unterhalb der Pillnitzer Weinberge zuerst parallel zur Lohmener Straße bis kurz vor Pillnitz und zweigt dann vor dem heutigen neuen Parkplatz in Richtung Elbe ab. Ab der Hauptstraße floss er einst durch ein Rohr in Richtung Elbe. Als es bei der Jahrhundertflut verstopft und beschädigt war, konnte der Bach nicht mehr abfließen. Wasser strömte in Kellerräumen des benachbarten Gebäudes. Das Problem ist mittlerweile gelöst.

Dieses Bild bot sich im Juni 2013 auf der Fläche neben der Lohmener Straße in Pillnitz, wo der Graupaer Bach fließt.
Dieses Bild bot sich im Juni 2013 auf der Fläche neben der Lohmener Straße in Pillnitz, wo der Graupaer Bach fließt. © Foto: Umweltamt Dresden

Die Lösung: Bach wird offengelegt und renaturiert

Bis 2016 wurde das natürliche Bachbett in der langen Senke wieder freigelegt und an den Rändern mit Büschen und Baumsetzlingen bepflanzt. „Das ist jetzt ein natürliches Rückhaltebecken. Für solche Gewässer müssen wir immer individuelle Lösungen finden“, erklärt Seifert. Die Stadt hat über 200.000 Euro dafür ausgegeben. „Dadurch, dass wir ihn aufgeweitet haben, hoffen wir, dass dort beim nächsten Hochwasser nicht mehr so ein Schaden wie 2013 entsteht.“

Projektleiter Harald Kroll-Reeber am ausgebauten Bett des Graupaer Baches. Zuvor floss er in diesem Abschnitt unter der Erde durch ein Rohr. Wegen der Trockenheit ist vom Bach derzeit jedoch nichts zu sehen.
Projektleiter Harald Kroll-Reeber am ausgebauten Bett des Graupaer Baches. Zuvor floss er in diesem Abschnitt unter der Erde durch ein Rohr. Wegen der Trockenheit ist vom Bach derzeit jedoch nichts zu sehen. © René Meinig

Als Ausgleichsvorhaben für den Parkplatzbau hat der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) auf der anderen Straßenseite das alte Rohr zwischen Lohmener und Söbrigener Straße entfernt und den Bachlauf großzügig freigelegt. Am Durchlass zur Elbe ist eine Rückstaukappe, sodass bei Elbhochwasser nicht der Fluss in das Bachbett drücken kann.

Mit diesem speziellen Gitter kann das Treibgut vor dem Durchlass zurückgehalten werden.
Mit diesem speziellen Gitter kann das Treibgut vor dem Durchlass zurückgehalten werden. © René Meinig

Derzeit prägt allerdings Trockenheit das Bild. Zwar fließt noch stundenweise Wasser durch den Graupaer Bach. Sonst liegt er jedoch trocken.

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