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Kleingarten-Neustart auf der blanken Erde

Da in Strehlen einige Parzellen dem neuen Wissenschaftspark Ost weichen müssen, wurden am Freitag die ersten neuen Flächen an die Kleingärtner übergeben.

Von Henry Berndt
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Sven Proske und Dorte Schultz müssen erst einmal schuften, bevor sie ihr Kleingartenidyll genießen können.
Sven Proske und Dorte Schultz müssen erst einmal schuften, bevor sie ihr Kleingartenidyll genießen können. © René Meinig

Dresden. Was macht einen Kleingarten aus? Blumen, Bäumchen, Sträucher und eine schöne Laube gehören sicher dazu. All das können Sven Proske und Dorte Schultz noch nicht genießen. Seit Juni beackern die beiden ihren neuen Kleingarten zwischen Reicker Straße und Bahndamm in Strehlen. Auf stolzen 450 Quadratmeter können sie sich nun gärtnerisch ausleben. Anders, als die meisten Neupächter, starteten sie jedoch auf der blanken Erde. 

Ihre Doppelparzelle gehört zu einer Fläche, die offiziell erst an diesem Freitag in die Obhut des Kleingärtnervereins "Reichsbahn Dresden-Süd" übergeben wurde. Insgesamt 23 neue Gärten sind hier auf einer früheren Brachfläche von etwa 7.000 Quadratmetern angelegt worden, die bisher zwei Teilstücke der Sparte trennte. 

Unterdessen werden andere Parzellen, nicht weit entfernt, in naher Zukunft Platz für den geplanten Wissenschaftsstandort Ost machen. Mit den neu geschaffenen Gärten will die Stadt ihr Versprechen halten, trotz aller ambitionierten Bauprojekte die Anzahl der Kleingärten dauerhaft zu erhalten. Und das sind immerhin weit mehr als 20.000 Stück in 366 Vereinen.

Nicht erst seit der Corona-Krise ist der Bedarf an Kleingärten in der Stadt gewaltig. Viele Vereine haben inzwischen lange Wartelisten. Auch die nun neu geschaffenen Parzellen in Strehlen waren schnell weg, obwohl sich die Gärtner hier einer besonderen Herausforderung stellen: Ein Neubeginn vom Nullpunkt, wobei das nur ein Teil der Wahrheit ist. Den Strom- und Wasseranschluss sponserte nämlich die Stadt.

Robert Franke (l.), Leiter des Amtes für Wirtschaftsförderung, und Detlef Thiel, Leiter des Amtes für Stadtgrün und Abfallwirtschaft, übergaben die Parzellen an den Stadtverband der Kleingärtner.
Robert Franke (l.), Leiter des Amtes für Wirtschaftsförderung, und Detlef Thiel, Leiter des Amtes für Stadtgrün und Abfallwirtschaft, übergaben die Parzellen an den Stadtverband der Kleingärtner. © Henry Berndt

Jetzt muss noch nur Leben in die Parzellen einziehen. Sven Proske und Dorte Schultz haben sich für eine der größten entschieden, damit sie genug Platz für sich und ihre vier Kinder haben. Vor dem Spielen und Entspannen ist aber erst einmal Schuften angesagt. 

Noch gleicht ihr Garten eher einem Tagebau. Unzählige Brombeerwurzeln haben sie schon eliminiert, tonnenweise Erde von links nach rechts und von vorn nach hinten bewegt. "Früher stand hier mal eine Gärtnerei", sagt Sven Proske, "und hier sind überall noch die Fundamente drin". 

Neben unzähligen Ziegelsteinen kamen beim Graben auch alte Schuhe und Kochtöpfe zum Vorschein. Inzwischen sind die beiden so weit, dass sie in einer Ecke mit dem Bau ihres Geräteschuppen beginnen können. In einer anderen Ecke wachsen schon kleine Apfel- und Kirschbäume. Auch der vorgesehene Platz für die Laube ist immerhin schon mit Stöcken abgesteckt.

Jede freie Minute rackern sie hier, während in der Parzelle nebenan noch nichts passiert ist. Die wurde allerdings auch erst vor anderthalb Wochen an die künftigen Pächter übergeben.

Noch geben die neuen Gärten hier, ganz ohne Lauben, Zäune und große Bäume, ein ungewohntes Bild ab. Es wird wohl einige Jahre dauern, bis Mensch und Natur auch optisch zusammengewachsen sind. 

Jeder Kleingarten fängt mal klein an. Die neuen Parzellen in Strehlen wurde gerade erst übergeben.
Jeder Kleingarten fängt mal klein an. Die neuen Parzellen in Strehlen wurde gerade erst übergeben. © René Meinig

Finanziert wurde die Vorbereitung der neuen Parzellen vom Amt für Wirtschaftsförderung, das rund 450.000 Euro in das Teilprojekt investierte. Für kommendes Jahr ist an der Reicker Straße der Ausbau von weiteren 110 Parzellen geplant, die an anderer Stelle verschwinden werden.

Bei der Übergabe am Freitag hatten alle Beteiligten nur lobende Worte füreinander übrig. Der Amtsleiter lobte den Stadtverband, dessen Chef wiederum die Stadt und den Vereinschef. Am Rande wurde jedoch auch erwähnt, dass durch die Umsiedlung der Parzellen einige ältere Kleingärtner das Gärtnern aufgeben werden, weil sie sich keinen Neustart mehr zutrauen.

Lutz Vollmering, Chef der Sparte Reichsbahn Dresden-Süd, macht keinen Hehl daraus, dass auch er seinen langjährigen Pächtern lieber einen Umzug ersparen würde. Aber wenn es schon sein müsse, dann gern so wie in diesem Fall: mit der frühzeitigen Einbeziehung der Kleingärtner und des Stadtverbandes. 

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