"Unter den Corona-Patienten war ein Baby"

Dresden. Inzwischen kommen kaum noch neue Corona-Infektionen am Tag dazu. Genau 571 hat das Gesundheitsamt am Montag gemeldet. Viele Patienten, die stationär versorgt werden mussten, sind am Städtischen Klinikum behandelt worden. Sächsische.de hat mit Lutz Blase, dem Medizinischen Direktor, über die vergangenen und die kommenden Wochen in Friedrichstadt und Neustadt gesprochen.
Herr Blase, wie haben Sie die letzten Wochen der Corona-Pandemie bei sich am Klinikum erlebt?
Enorm strukturiert. Ab Mitte März haben wir uns unter großen Anstrengungen auf die Versorgung von Covid-Patienten eingestellt. Die gute Zusammenarbeit aller Bereiche und das große Engagement unserer Mitarbeiter haben die dafür notwendigen Umstrukturierungen möglich gemacht; das bedeutete, Stationen zu schließen und Personal umzusetzen. Gleichzeitig haben wir weiterhin ein großes Behandlungsspektrum vorgehalten, beispielsweise in der Krebsmedizin oder bei der Versorgung von Herzinfarkt oder Schlaganfall oder auch in der Unfallchirurgie.
Und mussten Sie die Kapazitäten aufstocken?
Ja, wir haben unsere Kapazitäten unter anderem bei Beatmungsplätzen aufgestockt und könnten jetzt rund 90 Patienten beatmen.

Wie viele Corona-Patienten haben Sie im Städtischen Klinikum behandelt?
Zum Höhepunkt waren es täglich 20 Covid-19-Patienten. Aktuell versorgen wir zwischen drei bis sechs am Tag.
Was wissen Sie über diese Patienten?
Behandelt haben wir Patienten von 0 bis 90 Jahren. Betroffene über 60 Jahre hatten Vorerkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck. Ein paar davon waren sogar über 90 Jahre alt. Bis auf eine Ausnahme.
Was meinen Sie?
Unter unseren Patienten war auch ein Neugeborenes.
Das ist eher ungewöhnlich, oder?
Ja, zwischendurch war die Lage ernst, dank der Expertise unserer Neugeborenen-Mediziner erholte sich das Baby schnell und konnte bald aus dem Krankenhaus entlassen werden.
Welche Erfahrungen haben Sie mit der Behandlung der französischen Patienten gemacht, die jüngst entlassen wurden?
Die Patienten sind in einem fortgeschrittenen, kritischen Stadium der Erkrankung zu uns gekommen. Unsere Intensivmediziner konnten daraus einerseits wichtige Erkenntnisse gewinnen, mussten aber auch erfahren, dass die Behandlung dieser Patienten sehr herausfordernd ist, und nicht vergleichbar mit anderen schweren Atemwegserkrankungen. Unsere Intensivmediziner haben ihr gesamtes Wissen eingebracht.

Wie lief die Behandlung ab?
Beide Patienten waren lebensbedrohlich erkrankt und wurden intensivmedizinisch über drei Wochen behandelt. Sie erhielten einen Luftröhrenschnitt. Dieser birgt weniger Komplikationen gegenüber der künstlichen Beatmung mit einem Schlauch, der in der Luftröhre liegt. Mit diesem erreichten uns die Patienten. Wir sind jetzt glücklich, dass wir beide Patienten in den vergangenen Tagen in die Rehabilitation entlassen konnten.
Wann rechnen Sie wieder mit einem "normalen" Krankenhausbetrieb?
Wir stellen uns zunächst einem Klinikalltag mit Corona. An allen unseren Standorten treffen wir Vorkehrungen, damit wir zu einem größeren medizinischen Angebot zurückkehren können und gleichzeitig Mitarbeiter und Patienten schützen. Erst ein Impfstoff wird diese Organisation ändern, solange müssen und werden wir auch immer Betten und Kapazitäten für Covid-Patienten freihalten.