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Jetzt nicht nachlassen

In Dresden formiert sich "bürgerlicher" Protest gegen Rechtsextreme. Haben die Protestierenden doch mehr gemeinsam, als sie denken? Ein Kommentar.

Von Andreas Weller
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Andreas Weller kommentiert den ersten Protest von CDU und FDP gegen Pegida in Dresden.
Andreas Weller kommentiert den ersten Protest von CDU und FDP gegen Pegida in Dresden. © Jürgen Loesel

CDU und FDP sind in Dresden nicht gerade dafür bekannt, Demonstrationen anzumelden. Beim Besuch von AfD-Rechtsaußen Björn Höcke bei Pegida war das anders. Schon deshalb kann man von einer neuen Kultur sprechen.  

Gut, CDU und FDP waren nach dem Wahl-Desaster in Thüringen auch enorm unter Druck. Dass sie tatsächlich und in dieser Form handeln, ist dennoch bemerkenswert.

In Dresden wurde schon lange ein "bürgerlicher" Protest gegen Rechtsextreme gefordert. Wobei das Wort "bürgerlich" von CDU und FDP wahrscheinlich wie eine Decke gemeint ist, unter die sich ihre Anhänger kuscheln mögen. "Links" ist dagegen für sie das rote Tuch. Bürger und bürgerlich sind tatsächlich wohl so ziemlich alle Teilnehmer. 

Dass diese Begrifflichkeit aber für viele ein Problem darstellt, zeigt sich immer wieder in Diskussionen und bei Demonstrationen gegen Pegida oder rund um den 13. Februar gegen bekennende Neonazis.

Doch so einfach lassen sich Demonstranten nicht in Gut und Böse einteilen. Ohne Bündnisse wie "Dresden Nazifrei" wäre es wohl kaum gelungen, Neonazi-Aufmärsche aus der Innenstadt über Jahre ganz zu vertreiben, oder, wie in diesem Jahr, zumindest aus dem Kernbereich der Innenstadt herauszuhalten.

Andererseits stimmt es, dass sich von diesen Bündnissen auch gewaltbereite Antifa angelockt fühlt. So wurden auch in diesem Jahr Neonazis auf der Abreise in Wurzen verprügelt. Das ist sicher nicht die Form der Auseinandersetzung, von der sich viele angesprochen fühlen, sondern kriminell.

CDU und FDP haben nun, nach vielen Jahren der Orientierungslosigkeit, eine Demo angeboten, bei der auch ihre Anhänger ihren Unmut über Rechtsextreme zum Ausdruck bringen können. Und siehe da: So sehr unterscheiden sich die Protestformen gar nicht. Bei beiden Gegendemos waren weit mehr als 1.000 Teilnehmer, es wurde laut gepfiffen, wenn Pegida-Redner sich im Ton vergriffen, und "Nazis raus" gerufen.

Vielleicht haben die Protestierenden doch mehr gemeinsam, als sie selbst denken. Es scheint nur darauf anzukommen, wer aufruft.

Ein beachtlicher Schritt

Die beiden selbsternannten "bürgerlichen" Parteien haben für sich einen beachtlichen Schritt gemacht. Sie müssen sicher viel in ihren eigenen Reihen erklären, um diese - für sie neue - Protestform durchzusetzen.

Der Anfang kam spät, war aber gut. Deshalb sollten CDU und FDP jetzt nicht nachlassen. Es war der richtige Schritt. Diesen gilt es nun weiterzuentwickeln. Irgendwann sollten sie auch mit dem eher linken Lager ausloten, was Konsens sein könnte.

Wenn dann noch Gruppen wie "Dresden Nazifrei" nicht generell kriminalisiert werden und sie sich gleichzeitig klarer von Antifa-Schlägern distanzieren, kann so etwas wie Vertrauen entstehen.

Ohne die Teilnehmer von "Nationalismus raus aus den Köpfen" bliebe Pegida an deren üblichen Montagen unwidersprochen. Aber sie sind häufig zu wenige. Nur wenn CDU und FDP dauerhaft erkennen, wozu Pegida ohne "bürgerlichen" Protest geführt hat, kann sich etwas ändern.

Und vielleicht gibt es dann nicht mehr "linken" und "bürgerlichen" Protest, sondern einen Dresdner Protest gegen Rechtsextreme. 

E-Mail an Andreas Weller.

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