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Dresden: Schneller Hausabriss vom Tisch

In der Wilder-Mann-Straße in Trachau soll ein Haus von um 1900 abgerissen werden. Das kann die Stadt nun verhindern. Wie es weitergeht.

Von Nora Domschke
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Mindestens ein Jahr ist das Wohnhaus in Trachau nun vor dem Abriss sicher. Die Bewohner wollen gern bleiben.
Mindestens ein Jahr ist das Wohnhaus in Trachau nun vor dem Abriss sicher. Die Bewohner wollen gern bleiben. © Archiv: Marion Doering

Dresden. Der Bauausschuss hat Ende April eine Erhaltungssatzung für den Dresdner Stadtteil Trachau beschlossen. Hintergrund ist der geplante Abriss eines Mehrfamilienhauses in der Wilder-Mann-Straße 44. Dagegen hatten fast 2.000 Dresdner protestiert und eine Petition unterschrieben. Der Petitionsausschuss entschied kürzlich: Damit soll sich nun der Stadtbezirksbeirat Pieschen befassen. Wie es nun weitergehen könnte.

Was bedeutet die Erhaltungssatzung für das Wohnhaus?

Mit der Satzung hat die Stadtverwaltung nun die Möglichkeit, den Abriss des noch bewohnten Gebäudes in der Wilder-Mann-Straße zu untersagen. Bislang brauchte der Eigentümer keine Genehmigung für den Abriss. Die Projektgesellschaft WM44 hatte ihn im Herbst 2019 angezeigt, dagegen konnte die Stadt nichts unternehmen.

Anfang März wurde das Thema politisch, Grüne und SPD im Dresdner Stadtrat kündigten einen Antrag zur Erhaltungssatzung an, dem der Bauausschuss letztlich ohne Gegenstimme zustimmte. Nun muss der Eigentümer den Abriss bei der Stadt beantragen. 

Wie ist der aktuelle Stand der Petition gegen den Abriss?

Eine von Grünen-Stadtrat Thomas Löser initiierte Petition für den Erhalt und die Sanierung des Hauses hatten binnen kurzer Zeit knapp 2.000 Unterstützer unterzeichnet. Der Petitionsausschuss hatte daraufhin beschlossen, für die Sitzung am 20. Mai den Haus-Eigentümer, die Initiatoren der Petition sowie Mitarbeiter des Denkmalschutzamtes und des Stadtplanungsamtes zu einer öffentlichen Anhörung einzuladen. 

"Es ist vor allem wichtig, den Eigentümer davon zu überzeugen, das Gebäude zu erhalten und nicht einfach abzureißen", so Kati Bischoffberger, Grünen-Stadträtin aus Pieschen. Die gewonnene Zeit müsse dazu genutzt werden, ergänzt Löser, mit dem Eigentümer Gespräche über eine Sanierung des Gründerzeithauses zu führen.

Der Eigentümer machte im Petitionsausschuss allerdings deutlich, dass er am Abriss festhalten wolle und warb für seinen Neubau, für den er bereits den Bauantrag eingereicht hat. Der Abbruch des Altbaus ist derzeit allerdings nicht erlaubt, dagegen kann der Eigentümer aber juristische Mittel einlegen. Im Ausschuss kam es zu keiner Entscheidung, stattdessen soll sich zunächst der Stadtbezirksbeirat Pieschen mit dem Thema befassen.

Warum konnte das Haus nicht anders geschützt werden?

Die Stadt hat mehrfach versucht, das Gebäude von Denkmalpflegern unter Schutz stellen zu lassen. Zuständig für eine Überprüfung der "Denkmalschutzeigenschaft" ist das Landesamt für Denkmalpflege Sachsen. Das hatte den Schutzstatus allerdings abgelehnt. "Das Landesamt für Denkmalpflege Sachsen hat das Objekt dreimal geprüft", teilte Sprecherin Sabine Webersinke im März auf SZ-Anfrage mit. Und zwar Anfang der 1990er-Jahre im Rahmen der Neuerfassung der Kulturdenkmale sowie 2017 und 2018 auf Anfrage der jeweiligen Eigentümer. Im Januar dieses Jahres hatte die Stadt erneut angefragt, allerdings ohne Erfolg. Eine nochmalige Prüfung fand nicht statt.

Aus Sicht des Amtes handele es sich um einen "durchschnittlichen Bau, etwa um 1900 entstanden, der keine Sachverhalte aufweist, die seine Denkmaleigenschaft begründen". Zudem sei der Bau im Laufe der Zeit in Teilen verändert worden. Die Prüfung habe ergeben, dass die Kriterien eines Kulturdenkmals nicht erfüllt sind. 

Warum soll das Haus überhaupt abgerissen werden?

Die Projektgesellschaft will auf dem Grundstück einen Neubau mit zehn Wohnungen errichten, den jetzigen Mietern ist zu Ende Mai gekündigt worden. Nach SZ-Informationen will der Eigentümer das Grundstück weiterverkaufen. Die noch verbliebenen Familien haben einen Anwalt eingeschaltet und hoffen nun darauf, dass ihr Haus erhalten bleibt und saniert wird. 

Wie geht es mit der Erhaltungssatzung weiter?

Die Stadtverwaltung muss nun aus dem Entwurf eine konkrete Erhaltungssatzung für das Gebiet Trachau/Wilder Mann erarbeiten und anschließend den politischen Gremien vorlegen. CDU-Stadtrat Veit Böhm, der für das Gebiet zuständig ist, mahnt jedoch zum Augenmaß. Auf seinen Antrag hin bleiben kleinere Baumaßnahmen in Trachau weiterhin genehmigungsfrei. Damit solle verhindert werden, dass die Satzung zu stark in bisherige Rechte der Eigentümer eingreift. Demnach dürfen Garagen und Schuppen, Pergolen und Überdachungen sowie Pools und Solaranlagen weiterhin ohne Genehmigung der Stadt gebaut werden. 

SPD-Stadtrat Stefan Engel sieht in der Erhaltungssatzung ein Vorbild für andere Stadtteile. Derzeit seien in Dresden bereits mehr als 50 Gebiete durch eine entsprechende Satzung geschützt, das müsse auch in anderen historisch wertvollen Quartieren passieren. "Aus meiner Sicht sollte die Stadtverwaltung offensiv vorangehen und dem Stadtrat Vorschläge für weitere Erhaltungssatzungen vorlegen."

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