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Vonovia bebaut grüne Innenhöfe

In bester Dresdner Lage errichtet der Großvermieter neue Wohnhäuser. Der Protest einiger Anwohner blieb erfolglos - und ist dennoch vor Ort zu sehen.

Von Nora Domschke
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So sollen die Neubauten aussehen, die Großvermieter Vonovia in den nächsten zwei Jahren in der Pirnaischen Vorstadt errichten lässt.
So sollen die Neubauten aussehen, die Großvermieter Vonovia in den nächsten zwei Jahren in der Pirnaischen Vorstadt errichten lässt. © SE Vonovia

Dresden. Es ist ein umstrittenes Bauprojekt: die neuen Wohnhäuser des Großvermieters Vonovia, die in den kommenden Wochen in bester Dresdner Lage entstehen sollen. In einem bislang grünen und unbebauten Innenhof in der Nähe des Pirnaischen Platzes ist an diesem Freitag der Startschuss gefallen, die ersten Bauarbeiten sollen in den nächsten Tagen beginnen. Unter den argwöhnischen Blicken einiger Anwohner stellte das Immobilienunternehmen sein neuestes Projekt vor. Genau dort, wo die Bewohner der umliegenden Häuser bisher ihre Wäsche trockneten und die Kinder Fußball spielten. 

Dresden braucht bezahlbaren Wohnraum - und das möglichst schnell. Vonovia kann diesen vergleichsweise schnell liefern: An einigen Standorten sind binnen weniger Monate ganze Wohnblocks entstanden, etwa an der Reicker Straße im Dresdner Osten. In der sogenannten Modularbauweise, also mit vorgefertigten Bauteilen - wurden so gut 130 Wohnungen errichtet. Mit den fünf Häusern in der Innenstadt beschreitet Vonovia zumindest in Dresden nun neue Wege.

Was soll auf dem Areal genau gebaut werden?

Konkret geht es um zwei Baubereiche rechts und links der Seidnitzer Straße, außen begrenzt durch die Wohnblöcke an der Grunaer, Zirkus- und Mathildenstraße. Hier baut Vonovia nicht mit vorgefertigten Modulen, sondern - zum ersten Mal in Dresden - ganz konventionell. 

Die drei Häuser nördlich der Seidnitzer Straße werden viergeschossig, die beiden Gebäude auf der anderen Seite bekommen fünf Geschosse. Insgesamt sollen 130 Wohnungen mit zwei bis fünf Räumen entstehen. Im Erdgeschoss sind außerdem drei Gewerbeeinheiten geplant.

Architekt Jens Heinrich Zander hat das Projekt vor vier Jahren übernommen. Er betont, dass Sichtachsen trotz der neuen Gebäude in den Innenhöfen erhalten bleiben. An den Ecken sind Balkone und Loggien abgerundet, um sich besser in die Umgebung einzufügen. Die Farbe der Fassaden bezeichnet er als "baumrindenfarben". Nördlich der Gebäude, dort wo sich das Firmengelände des Pharmakonzern Glaxo Smith Kline anschließt, ist ein größerer Parkplatz geplant, einzelne Stellplätze entstehen auch auf den Grundstücken. Platz ist für insgesamt 120 Autos. Dazu kommen überdachte Fahrradstellplätze und die Möglichkeit, ein Carsharing-Fahrzeug zu nutzen. 

Auch die Außenanlagen wolle Vonovia attraktiv gestalten, versichert Alexander Wuttke, Regionalleiter für Dresden Mitte-West. Deshalb sind Quartiers- und Spielplätze geplant.

Vonovia-Regionalleiter Alexander Wuttke stellte am Freitag die Pläne für die fünf Neubauten an der Seidnitzer Straße vor. Ein "Quartiersbote" soll die Anwohner regelmäßig über die Entwicklungen des Bauprojekts informieren.
Vonovia-Regionalleiter Alexander Wuttke stellte am Freitag die Pläne für die fünf Neubauten an der Seidnitzer Straße vor. Ein "Quartiersbote" soll die Anwohner regelmäßig über die Entwicklungen des Bauprojekts informieren. © Vonovia SE/André Wirsig

Wann sind die Häuser fertig und was kostet die Miete?

Die fünf Häuser werden nicht alle gleichzeitig fertig. Im ersten Baubabschnitt sollen die beiden Fünfgeschosser südlich der Seidnitzer Straße entstehen, die voraussichtlich im Dezember 2021 bezogen werden können. Im kommenden Jahr folgen die drei anderen Gebäude, die im Sommer 2022 fertig sein sollen. 

Vonovia investiert rund 25 Millionen Euro in den neuen Wohnstandort. Für die Kaltmiete werden später im Schnitt 9,50 Euro pro Quadratmeter fällig. 

Was hat es mit dem Mieter-Protest auf sich?

Der Protest war groß, als 2017 die Pläne für die neuen Wohnhäuser in den grünen Hinterhöfen öffentlich wurden. Nicht nur, weil dann freie Flächen fehlen, sondern auch, weil Anwohner zusätzlichen Lärm und im Sommer einen größeren Hitze-Stau zwischen den Häusern befürchten. Doch weder die Bürgerinitiative, die eine Petition auf die Beine stellte, noch die Unterstützung einiger Politiker konnten den Baustart verhindern. 

Im Februar dieses Jahres teilte Vonovia den Mietern lediglich mit, dass der Bauantrag genehmigt wurde - die Stadtverwaltung konnte die Sorgen der Anwohner offenbar nicht teilen. Auch nicht jene, dass die Parkplätze im Viertel später knapp werden könnten. 

Vor Ort haben Anwohner mit einem aufgeschütteten Hügel samt Kreuz ein Zeichen gesetzt. Ein Mahnmal der Trauer sei das, Trauer um 60 Jahre alte Bäume und Sträucher, die "der Geldgier der Vonovia-Führung und der Gleichgültigkeit des scheidenden 'grünen' Baubürgermeisters zum Opfer gefallen" seien. Gemeint ist Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne), der Dresden demnächst verlassen wird. Tatsächlich müssen 118 Bäume und Sträucher für die Neubauten gefällt werden, räumt Vonovia ein. Als Ausgleich würden im Quartier allerdings 196 Bäume und Sträucher gepflanzt, auch die Dachflächen seine zum Teil begrünt.

Auch Architekt Jens Heinrich Zander verteidigt das Bauprojekt im Herzen von Dresden. "Die Grundstücke sind prädestiniert für eine innerstädtische Verdichtung", sagt er. Mit Neubauten an den Stadtrand auszuweichen, würde wiederum Raubbau an der Natur bedeuten. 

Ein "Mahnmal" für gefallte Bäume und Sträucher: Mit diesem Erdhügel samt Kreuz äußern Anwohner ihren Protest gegen das Bauvorhaben.
Ein "Mahnmal" für gefallte Bäume und Sträucher: Mit diesem Erdhügel samt Kreuz äußern Anwohner ihren Protest gegen das Bauvorhaben. © Archiv/Marion Doering

Wie geht Vonovia mit der Kritik jetzt um?

Das Unternehmen kennt die kritische Einstellung vieler Anwohner. Deshalb wolle man sie rechtzeitig über alle Entwicklungen informieren, sagt Regionalleiter Alexander Wuttke. Dafür wird ein sogenanntes Kontaktbüro eingerichtet, das ab Juli jeweils Dienstagnachmittag und Donnerstagvormittag geöffnet ist. Dort werden alle Fragen rund um das Neubauprojekt beantwortet. Außerdem erscheint regelmäßig ein "Quartiersbote Seidnitzer Straße", der in den Briefkästen der umliegenden Häuser verteilt wird.

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