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Zu hohe Miete: Ärger über Vonovia

Jörg Sager aus Dresden stimmte einer Miete zu, die nicht gerechtfertigt war. Warum er sein Geld trotzdem nicht zurück bekommt - und was Experten dazu sagen.

Von Nora Domschke
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Jörg Sager streitet sich mit seinem Vermieter Vonovia, der die Wohnlage falsch eingeordnet hat. Warum man den Fehler nicht korrigiert.
Jörg Sager streitet sich mit seinem Vermieter Vonovia, der die Wohnlage falsch eingeordnet hat. Warum man den Fehler nicht korrigiert. © René Meinig

Dresden. Über einen Satz ärgert sich Jörg Sager ganz besonders. Gelesen hat er ihn in der Sächsischen Zeitung: "Wenn uns in Mietanpassungen Fehler passieren, korrigieren wir diese selbstverständlich für alle Mieterinnen und Mieter." Das hatte Vonovia-Sprecherin Panagiota-Johanna Alexiou auf die Frage mitgeteilt, ob falsche Mieterhöhungen, in diesem Fall durch die Einordung in eine bessere Wohnlage, bei allen betroffenen Mieter zurückgenommen werden oder nur bei jenen, die dagegen in Widerspruch gehen. Jörg Sager weiß aus eigener Erfahrung, dass Großvermieter Vonovia seine Fehler eben nicht für alle Mieter korrigiert.

Wie kam es zur falschen Mieterhöhung?

Sager versucht seit Jahren, die von ihm zu viel bezahlte Miete von Vonovia zurückzufordern. Konkret geht es um eine Mieterhöhung im Mai 2017. Großvermieter Vonovia hatte damals die monatliche Forderung erhöht, weil das Unternehmen die Wohnlage in der Liebigstraße von der mittleren in die gute Lage einordnete. Das Problem: 2017 gab es von der Stadt nur eine Wohnlagenkarte ohne Straßenverzeichnis. Lediglich eine Aufteilung in unterschiedlich farbige Gebiete sollte in etwa zeigen, wo welche Wohnlage für die Berechnung der Miete angesetzt werden kann. Das heißt, eine bestimmte Adresse konnte nicht konkret einer Wohnlage zugeordnet werden. 

All das wusste Jörg Sager damals nicht, er vertraute darauf, dass Vonovia die Mieterhöhung korrekt vorgenommen hat. Erst später wurde er von Nachbarn darauf aufmerksam gemacht, dass die neue, bessere Wohnlage für ihre Straße in der Dresdner Südvorstadt gar nicht gilt. Die Nachbarn hatten der Mieterhöhung widersprochen und ihr nicht schriftlich zugestimmt. Jörg Sager schrieb Vonovia dennoch mehrfach an und bat darum, dass die - falsche - Mieterhöhung korrigiert und er sein Geld zurückbekommt. Doch der Großvermieter verweigert die Rückzahlung.

Was sagt Vonovia zur falschen Einordnung der Wohnlage?

Der Großvermieter beruft sich auf die Wohnlagenkarte von 2017 mit den farbig markierten Gebieten und erklärt Jörg Sager in einem Brief vom 27. April 2020: "Bereits aus dieser geht die Einstufung in die gute Wohnlage vor." Das bestätigt auch Vonovia-Sprecher Matthias Wulff auf SZ-Anfrage. Schaut man sich allerdings die Wohnlagenkarte von 2017 genauer an, wird deutlich, dass das Wohnhaus in der Liebigstraße 11 im Bereich der vierten Rosa-Abstufung liegt und sich demnach eindeutig in mittlerer Wohnlage befindet. 

Wie Wulff weiter erklärt, gibt es seit 2019 eine adressgenaue Wohnlagenzuordnung in Dresden. Seitdem befindet sich die Liebigstraße 11 in der guten Wohnlage, wogegen Jörg Sager auch nichts einzuwenden hat und im vergangenen Jahr die erneute Mieterhöhung akzeptierte. Allerdings beeinflusste Vonovia aus seiner Sicht die Miete ja schon mit der falschen Einordnung und Mieterhöhung 2017. 

Vonovia pocht indes darauf, die Wohnlage damals korrekt eingeordnet zu haben - obwohl Jörg Sager weiß, dass Nachbarn von ihm mit ihrem Widerspruch erfolgreich waren. Sagers Problem: Er hat der Mieterhöhung 2017 mit seiner Unterschrift zugestimmt.

Darauf beruft sich bis heute Vonovia und schreibt Jörg Sager im April dieses Jahres: "Durch Ihre Zustimmungserklärung liegen zwei übereinstimmende Willenserklärungen vor, sodass die Mietanpassung zum 01.05.2017 wirksam eingebucht wurde." Dadurch komme eine Abänderungsvereinbarung zustande, die durch einen einseitigen Widerruf seine Wirksamkeit nicht verliere.

Was rät der Dresdner Mieterverein?

Das bestätigt auch Juristin Katrin Kroupová vom Mieterverein Dresden. "Rein rechtlich sieht es tatsächlich so aus: Ist die Zustimmung schriftlich erteilt, kann der Mietvertrag dementsprechend geändert werden. Diese Änderung kann nicht rückgängig gemacht werden." Dennoch habe auch der Mieterverein von Vonovia die Aussage bekommen, dass Fehler für alle Mieter korrigiert werden. Kroupová kann das für ein größeres Wohnhaus in Dresden sogar bestätigen. Sollte sich Vonovia nicht grundsätzlich daran halten, sei diese Vorgehensweise des Unternehmens durchaus schwierig. "Die Verlässlichkeit des Vermieters steht dann in Frage." 

Aus seinem Ärger macht Jörg Sager denn auch keinen Hehl. "Mich ärgert vor allem die Selbstdarstellung der Vonovia und die Behauptung, dass sie von sich aus Fehler korrigieren würden."

Dabei, so Kroupová, wäre es für den Vermieter kein Problem, die Mieterhöhung zu korrigieren, indem er einfach auf die Geltendmachung verzichtet. Auch der Mieterverein kritisiert, dass sich die Vorgehensweise von Vonovia auf die Miete aller Häuser des Unternehmens auswirke. "Die Spirale der Mietpreise geht nach oben."

Deshalb sei es für die gesamte Stadt und deren Wohnungsmarkt so wichtig, dass Mieter Erhöhungen prüfen lassen. "Viele Mieter wissen nicht, dass eine Überprüfung aller Forderungen sinnvoll ist. Das betrifft auch Betriebskostenabrechnungen."

Und Katrin Kroupová weist auf einen weiteren Aspekt hin, der für Mieter wichtig sein könnte: 2018 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Zustimmung zur Mieterhöhung nicht mehr ausschließlich per Unterschrift geleistet werden muss. Auch, wenn ein Mieter dreimal die höhere Miete überwiesen hat, gilt das als Zustimmung. 

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