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Was wir über die Dresdner Corona-Toten wissen

Starben die Corona-Patienten am Virus oder mit dem Virus? Und welche Vorerkrankungen hatten sie? Das sind die wichtigsten Antworten.

Von Sandro Pohl-Rahrisch
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Corona Auswirkungen Dresden 11.05.2020 Christian Juppe, Corona Warn-Schild St Petersburger Straße Innenstadt, in Höhe Rathaus "Museen wieder offen" "Corona kann tödlich sein"
Corona Auswirkungen Dresden 11.05.2020 Christian Juppe, Corona Warn-Schild St Petersburger Straße Innenstadt, in Höhe Rathaus "Museen wieder offen" "Corona kann tödlich sein" © Christian Juppe

Dresden. Erst am Montag musste das Dresdner Gesundheitsamt ein weiteres Corona-Todesopfer vermelden. Aber was weiß man über die Menschen, deren Tod auf das Virus zurückgeführt wird? Wie alt sie waren, woran sie litten, und wer über die Todesursache entscheidet – das sind die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie viele Todesfälle werden auf das Coronavirus zurückgeführt?

Ärzte machen den neuartigen Erreger für zehn Todesfälle in Dresden verantwortlich. Damit wären 1,6 Prozent aller nachweislich Infizierten gestorben. Sicherlich, jedes Todesopfer ist eines zu viel. Allerdings liegt die Sterberate sachsen- und deutschlandweit höher. Im Freistaat sind bisher 3,9 Prozent der Infizierten gestorben, in ganz Deutschland sind es 4,7 Prozent.

Warum sieht die Lage in Dresden besser aus?

Bei der Zahl der Corona-Todesfälle spielt einerseits die Zahl der Infizierten eine Rolle, andererseits das Alter. 

Zur Zahl der Infektionen: Hier stechen in Sachsen unter anderem Zwickau und der Vogtlandkreis hervor, wo auf 100.000 Einwohner 200 Infizierte und mehr kommen. Dresden hat nur einen etwa halb so hohen Wert. Von Zwickau zum Beispiel weiß man, dass sich eine Physiotherapeutin im Ski-Urlaub infizierte und danach noch Dutzende Patienten behandelte. Solch einen sogenannten Superverbreiter gab es in Dresden offenbar nicht. Hier konnten gleich zu Beginn der Epidemie mehrere infizierte Reiserückkehrer unter Quarantäne gestellt, bevor sie viele Menschen anstecken konnten. Womöglich spielt in der Landeshauptstadt auch die Disziplin der Dresdner bezüglich der Kontaktbeschränkungen eine Rolle.

Zum Alter: Allgemein gilt: Je älter man ist, desto höher ist das Risiko für schwere Verläufe. Nun hat sich das Virus in Dresden vornehmlich in der Gruppe der unter 60-Jährigen verbreitet. Knapp 80 Prozent der Infizierten befindet sich in dieser Altersgruppe. Das könnte unter anderem damit zusammenhängen, dass vornehmlich jüngere Menschen im Winter zum Skiurlaub waren und das Virus einschleppten. Bestimmte Ski-Regionen in Österreich und Norditalien galten als Hotspot der Corona-Epidemie. Bei den ersten Dresdner Infizierten konnte tatsächlich eine Verbindung zu Österreich- und Norditalien-Aufenthalten hergestellt werden. Wäre das Virus zuerst in große Altenheime eingetragen worden, sähe die Lage vermutlich anders aus.

Was ist über diese zehn Verstorbenen bekannt?

Alle zehn gehörten zur Risikogruppe, was das Alter angeht. Vier Männer und eine Frau waren zwischen 60 und 79 Jahre alt, drei Männer und zwei Frauen älter als 80 Jahre. Das geht aus den Zahlen des Robert-Koch-Instituts für Infektionskrankheiten hervor.

Litten die Verstorbenen an Vorerkrankungen?

Bei acht von zehn verstorbenen Patienten sind dem Gesundheitsamt Vorerkrankungen bekannt, teilt die Stadtverwaltung auf Anfrage von Sächsische.de mit. Dabei handle es sich um chronische Herz- oder Lungenvorerkrankungen, Diabetes oder schwere rheumatische Erkrankungen. Bei zwei Patienten, beide über 80 Jahre alt, seien keine Vorerkrankungen bekannt.

Starben die Menschen an oder mit Corona?

Es ist ein Argument, das die Corona-Gegner ins Feld führen, um zu beweisen, die Pandemie wäre gar nicht so schlimm: Viele Menschen würden zwar mit, aber nicht an dem Virus sterben. Dennoch würden sie mitgezählt, was die Todesstatistik künstlich nach oben treibe. Was ist dran an dieser Behauptung? 

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In der Praxis sei es häufig schwierig zu unterscheiden, inwieweit das Coronavirus direkt zum Tod beigetragen hat, so das Robert-Koch-Institut. Daher würden sowohl nachweislich infizierte Menschen, die unmittelbar an der Erkrankung verstorben sind, mitgezählt, als auch nachweislich infizierte Patienten mit einer Vorerkrankung, bei denen sich nicht abschließend nachweisen lasse, was die Todesursache war. Sprich: In die Statistik fließen nicht nur die an, sondern auch die mit dem Coronavirus Verstorbenen ein. 

Was die zehn Dresdner angeht, so haben Ärzte diese so bewertet, dass alle an dem Coronavirus starben, wie das Gesundheitsamt mitteilt.

Wer entscheidet über die Todesursache?

„Bewertet wird das durch den behandelnden Arzt, dokumentiert auf der Todesbescheinigung, die dem Gesundheitsamt vorliegt“, so die Stadtverwaltung. 

Gibt es Patienten, die am Coronavirus gestorben sein könnten, aber nicht getestet wurden?

Ja, auch das ist möglich. Sie fließen bisher nicht in die Todesstatistik ein. Denn das Hauptkriterium ist, dass das Coronavirus bei ihnen im Labor nachgewiesen werden konnte, als sie noch lebten. 

Um Verstorbene nicht außen vor zu lassen, bei denen es den Verdacht gebe, sie könnten an Covid-19 gestorben sein, können die Leichname auch nachträglich noch getestet werden, also nach dem Tod. Darüber hinaus ist eine Obduktion möglich – eine intensive Untersuchung des toten Körpers, zum Beispiel auf die für Covid-19 typischen Lungenschäden. 

Von Seiten des Dresdner Gesundheitsamtes sei bisher jedoch keine Obduktion angeordnet worden, da dies zur Beurteilung nicht erforderlich gewesen sei, so die Stadt.

Woran sterben mehr Menschen – an der Grippe oder an Covid-19?

In der letzten Grippesaison, die gerade zu Ende gegangen ist, starben elf Dresdner an den Folgen einer Influenza-Erkrankung, in der Saison davor waren es neun. Ähnlich viele Todesfälle also, wie sie auf das Coronavirus zurückgeführt werden. Allerdings: Die ersten Grippefälle gab es in Dresden bereits im Herbst. Die Influenzaviren hatten also mehr Zeit, sich zu vermehren. 

Auch die Dynamik der Corona-Epidemie über die Sommermonate ist noch unklar. Ein Vergleich über eine komplette Saison ist erst im kommenden Jahr möglich. Das betrifft auch die Sterblichkeitsrate. 

Wie viele Corona-Erkrankte befinden ich aktuell noch im Krankenhaus?

Am Dienstag waren noch zwei Dresdner Covid-19-Patienten auf medizinische Hilfe in einem Krankenhaus angewiesen. Darüber hinaus sind zwei Erkrankte von außerhalb in Dresdner Kliniken behandelt worden, wie das neue Intensivregister zeigt. Die gute Nachricht: Keiner von ihnen musste künstlich beatmet werden. 

Diese vier Patienten belegten 1,9 Prozent der in Dresden vorhandenen Intensivbetten. Insgesamt sind schwere Verläufe aber eher selten. Bisher mussten 76 der 619 Infizierten in Dresden stationär behandelt werden. Das entspricht rund zwölf Prozent.

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