Eishockey im Dynamo-Stadion - die zwiespältige Bilanz

Dresden. Es war der sportliche Start ins neue Jahr, ein emotionales Erlebnis für Eishockey-Fans, eine Werbung für die Stadt. Mit diesem Hockey-Open-Air am 4. Januar ließ Dresden aufhorchen - über Ländergrenzen hinweg. Denn bei der zweiten Auflage im Rudolf-Harbig-Stadion erlebten 32.009 Fans außer dem Sachsenderby zwischen den Eislöwen und den Lausitzer Füchsen aus Weißwasser eine Partie der ersten tschechischen Liga. Der HC Litvinov trug sein Heimspiel gegen Sparta Prag jenseits der Landesgrenze aus, stellte bei dieser internationalen Premiere einen Zuschauerrekord auf, der lange Bestand haben dürfte.
Wenn man ein Resümee zieht nach weichen Faktoren wie Aufmerksamkeit, Begeisterung und Organisation, fällt dieses durchweg positiv aus. "Es ist uns gelungen, wieder einen Höhepunkt zu schaffen für die Eishockey-Fans und die Stadt Dresden", sagt Eva Wagner. Die 30 Jahre alte Veranstaltungsmanagerin ist Geschäftsführerin der extra für dieses Event gegründeten GmbH. "Die Resonanz aus Tschechien war besonders positiv, dort hatten wir ein wahnsinnig großes Medienecho über mehrere Tage. Die Berichterstattung war sicher ein Gewinn auch für die Stadt Dresden. Wir haben gezeigt, dass wir grenzüberschreitend so etwas gestalten können."
Was jedoch finanziell unter dem Strich steht, kann Wagner bisher nicht sagen. Erst bis zum 30. Juni müsse die Abrechnung abgeschlossen sein. Derzeit stünden noch einige Rechnungen von Dienstleistern aus. Es deutet sich allerdings an, dass die Bilanz weniger positiv ausfällt als beim ersten Mal 2016. Damals hatten die Veranstalter zwar keine konkrete Summe genannt, aber von einem sechsstelligen Betrag gesprochen. Eine solche Angabe vermeidet Wagner, räumt aber bereits ein: "Es könnte ein niedrigerer Gewinn sein." Sie gehe fest davon aus, ein positives Ergebnis ausweisen zu können.
Die Bilder eines ereignisreichen Abends
Für einen wahrscheinlich niedrigeren Betrag gibt es vor allem zwei Gründe: höhere Kosten und geringe Besucherzahlen bei der anschließenden Eislauf-Woche, der Drewag-Winterwelt. Die Fixkosten für das Hockey-Open-Air hatte Wagner vorab auf 650.000 Euro beziffert, 50.000 Euro mehr als vor vier Jahren. "Viele Unternehmen hatten 2016 besonders günstige Angebote gemacht. Es ist nur fair, dass sie diesmal von einer ausverkauften Veranstaltung entsprechend partizipieren wollen", meint die Geschäftsführerin.
Zudem seien zum Beispiel für den Sicherheitsdienst die Personalkosten gestiegen - wegen Tarifzahlungen sowie der Stundenzahl. "Durch die zwei Spiele hatten wir auch fast die doppelte Zeit abzusichern und mit einem anspruchsvollen Rahmenprogramm auszufüllen. Deshalb ist auch der Kostenblock für Künster und Technik erheblich höher. Diese Summen lassen sich nicht komplett auf die Eintrittsgelder umlegen", erklärt Wagner. "Es war uns wichtig, die Menschen im Stadion auch in den Pausen und zwischen den Spielen gut zu unterhalten. Die Resonanz zeigt, dass uns das gelungen ist."
Im Dauerregen weniger Eisläufer

Was allein das Hockey-Open-Air angeht, liege auch die finanzielle Bilanz im kalkulierten Rahmen. Das gilt jedoch nicht für die anschließende Woche, in der die Eisfläche im Stadion für Schlittschuhläufer freigegeben war. "Wir sind von 2016 ausgegangen, als an einem Tag mehr als 15.000 Besucher gekommen waren", sagt Eva Wagner. "Wegen der großen Nachfrage, wollten wir das Angebot ausdehnen. Rückblickend muss man jedoch sagen: Wir wären besser gefahren, wenn wir es beschränkt hätten."
Insgesamt kamen nur 7.500 Besucher zur Drewag-Winterwelt. "Wir brauchen keinen Hehl daraus zu machen, dass wir die doppelte Anzahl erwartet hatten. Dabei war das Wetter - es hat ja fast durchweg geregnet - ein entscheidender Faktor, den man nicht beeinflussen kann. Zu manchen Eislaufzeiten waren gerade mal 20 Leute da, das kann nicht kostendeckend sein." Die Kosten, das öffentliche Eislaufen zu organisieren, hatte die Geschäftsführerin im Vorfeld mit mehr als 100.000 Euro angegeben, jetzt spricht sie von einem Minus im hohen fünfstelligen Bereich. "Das hat uns extrem viel Geld gekostet, wodurch das Ergebnis des Hockey-Open-Air geschmälert wird."
Die beteiligten Vereine haben die garantierten Summen bekommen, betont Wagner. Ob es einen Nachschlag für die Dresdner Eislöwen als Gesellschafter der Event GmbH geben kann, lässt sie dagegen offen. Man müsse allerdings dankbar sein, dass die Veranstaltung bereits Anfang Januar stattgefunden hat und nicht etwa für März geplant war. "Die derzeitige Situation wegen der Corona-Krise ist für Veranstalter und Sportvereine eine riesige Katastrophe."
Das Hockey-Open-Air war zwar gegen Ausfall versichert, 22.000 Euro hat das gekostet. "Alles andere wäre fahrlässig. Es kann immer etwas passieren, das man nicht selbst in der Hand hat." Aber eine Pandemie wäre damit auch nicht abgedeckt gewesen. "Wir hatten mit dem Termin super viel Glück und sollten deshalb nicht hadern, wenn wegen des Minus bei der Winterwelt ein geringerer Gewinn stehen bleibt", sagt Wagner. Das ist auch nicht der Grund, weshalb sie in dem Fall dem Sprichwort widerspricht, wonach aller guten Dinge drei sind. "Ich halte es nicht für realistisch, das im Vier-Jahres-Rhythmus in Dresden auszurichten. Man sollte eher überlegen, ob es möglich ist, das an anderen Orten zu stemmen."
Weißwasser will sich das Spektakel holen
Dirk Rohrbach, Geschäftsführer der Lausitzer Füchse in Weißwasser, hatte direkt nach dem Spektakel bestätigt: „Wir sind seit Längerem dran und überlegen, wie wir so ein Event in unserer Region ausrichten könnten.“ Der Lausitzring oder das Stadion der Freundschaft, Heimspielstätte von Energie Cottbus, kämen sicher infrage, sollen aber nach Informationen der SZ nicht die derzeit favorisierten Optionen sein. Es soll eher ein für Sportereignisse außergewöhnlicher Rahmen werden.
"Es wäre schön, wenn ein anderer Verein den Mut aufbringt, eine solche Veranstaltung zu wuppen, bei der natürlich ein gewisses Risiko dabei ist", sagt Wagner, die persönlich und über ihre Agentur Sportwerk Erfahrungen einbringen kann. Eine weitere Wiederholung in Dresden will sie nicht ausschließen, "wenn es die Nachfrage der Fans gibt", aber: "Dann bräuchte man wieder eine andere Idee, müsste es noch mal neu denken."