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Dresden will sich nicht abhängen lassen

Zumindest ein spätes Frühstück war drin für all jene Dresdner, die sich gestern um 7.27 Uhr in den Direktzug nach Wroclaw (Breslau) setzten. Dreieinhalb Stunden brauchte der Regionalexpress für die rund 280 Kilometer lange Strecke – ohne Umsteigen in Görlitz.

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Von Andreas Rentsch

Zumindest ein spätes Frühstück war drin für all jene Dresdner, die sich gestern um 7.27 Uhr in den Direktzug nach Wroclaw (Breslau) setzten. Dreieinhalb Stunden brauchte der Regionalexpress für die rund 280 Kilometer lange Strecke – ohne Umsteigen in Görlitz. Planmäßige Ankunft in der Hauptstadt der Woiwodschaft Niederschlesien: elf Uhr.

Die Bahn lasse die 2004 eingestellte Direktverbindung wieder aufleben, weil durch zunehmende Grenzverkehre die Nachfrage spürbar angezogen habe, erklärt deren Sprecherin Daniela Bals. In Dresden-Hauptbahnhof startet der RE 100 jetzt täglich 7.27 Uhr, 13.27 Uhr und 17.27 Uhr, in der Gegenrichtung geht es ab Wroclaw Glówny um 7.05 Uhr, 13.05 Uhr und 18.05 Uhr los.

Wunschziel München

„Ein gutes Signal“, lobt Lars Rohwer das neue Gemeinschaftsangebot der Deutschen und der Polnischen Bahn. Dennoch fordert der Landtagsabgeordnete und Kreisvorsitzende der CDU weitere Verbesserungen, etwa eine schnelle Direktverbindung mit dem Intercity-Express (ICE) nach München. Kommen sollte die schon zum Fahrplanwechsel im Dezember. Wegen der Probleme mit den ICE-Neigetechnik-Zügen sei dieses Vorhaben offenbar erst einmal hintenan gestellt worden, sagt Stefan Jugelt vom Interessenverband Pro Bahn. Das Vorhaben sei keinesfalls beerdigt, heißt es bei der DB.

Allerdings ist die Wunschliste der Bahn-Lobby noch länger. Egal ob Harz oder Mecklenburgische Seenplatte, Paris, Rom oder Brüssel: Nirgendwohin gibt es Direktverbindungen. Laut Daniela Bals sind momentan auch keine neuen geplant. „Der März ist ein schlechter Zeitpunkt für Fahrplanänderungen. Fragen Sie im Herbst noch mal.“

Lars Rohwer will nicht so lange warten. Stattdessen reaktiviert er ein Bündnis aus Politik und Wirtschaft. Dessen Mitglieder haben im Sommer 2007 zehn Forderungen an die Bahn formuliert, um dem Wunsch nach einem besseren Anschluss Dresdens an das Ferneisenbahnnetz Nachdruck zu verleihen. Der richtige Adressat ist übrigens demnächst vor Ort: Hartmut Mehdorn wird am 13. März in die Stadt kommen. Diskutieren ließe sich bei der Gelegenheit auch die Frage, wie schnell man von Dresden in die wichtigsten Metropolen Deutschlands und Europas fahren können sollte. „Unser Hauptanliegen ist die Strecke nach Berlin“, sagt Rohwer. „Hier will uns die Bahn mit Tempo 160 abspeisen.“ Wer etwas vom Fach verstehe, wisse, dass die erhoffte Reisegeschwindigkeit von 200 Stundenkilometern damit in unerreichbare Ferne rücke.

In manch andere Richtung müsste es aus Sicht von Pro-Bahn-Sprecher Stefan Jugelt gar nicht unbedingt schneller gehen, wenn es von Dresden aus wenigstens regelmäßige Direktverbindungen gäbe. Ein Beispiel von vielen: die Fahrt zum Flughafen Berlin-Schönefeld. Dort hält 23.14 Uhr ein Nachtschnellzug aus der sächsischen Landeshauptstadt – der einzige innerhalb von 24 Stunden. Retour stoppt der Zug gar nicht erst am Airport.