Wie Dresdens Straßenbäume leiden

Es war nur eine ganz kurze Erholungsphase, die Dresdens Bäume durch den Regen im Mai erlebten. Inzwischen bekommen einige schon wieder gelbe Blätter. Die Trockenheit im April und Juni setzt ihnen nach dem Hitzesommer 2018 erneut zu.
Obwohl viele der insgesamt 54 196 Straßenbäume im vorigen Sommer durch städtische Mitarbeiter, die Feuerwehren und auch durch Bürger gewässert wurden, haben es 300 von ihnen nicht geschafft. Sie sind abgestorben, wie das Amt für Stadtgrün mitteilt. Zwar könne nicht bei allen eindeutig geklärt werden, ob es sich um Trockenheitsschäden handelt. Doch es sei davon auszugehen, dass der größte Teil im Zusammenhang mit den extremen Witterungsereignissen im Jahr 2018 zu sehen ist. Die Dürre hatte ja bereits im Herbst 2017 begonnen. Und es werden nicht die letzten Bäume sein, die Schäden davontragen oder ganz eingehen, schätzt die Stadt ein. Die Auswirkungen werde man aber erst in den kommenden Jahren sehen.
Betroffen sind nicht etwa nur einzelne Standorte, sondern Bäume in der ganzen Stadt. Vor allem die jüngeren Exemplare bis 15 Jahre waren betroffen. Bei ihnen handelt es sich vor allem um einheimische Arten wie Linde, Buche, Esche und Ahorn. Sie haben es unter den Bedingungen des sich wandelnden Klimas offenbar schwerer, so die Analyse des Amtes für Stadtgrün. Ziel ist es, die abgestorbenen Bäume innerhalb der nächsten zwei Jahre zu ersetzen. Doch das wird teuer. Eine Straßenbaumpflanzung kostet mit Planung, eventuellen Tiefbauarbeiten, Aushub, Substrat und spezieller Jungbaumpflege durchschnittlich 3 500 Euro. Die registrierten Dürreschäden allein bei Stadtbäumen belaufen sich demnach bisher auf rund eine Million Euro. Noch nicht mitgerechnet sind darin die Schäden bei Altbäumen, die laut dem Amt für Stadtgrün nicht bezifferbar sind.
Diese Einschätzung teilt auch Schlösserland Sachsen, zu dem auch der große Garten gehört. „Auch unsere Gärtner beobachten überall schüttere Kronen, einzelne abgestorbene Äste und vertrocknete Baumteile“, sagt Pressesprecher Uli Kretzschmar. Ob dies die konkreten Folgen von 2018 sind, könne man nicht sicher sagen, aber klar ist, dass dies generelle Folgen von klimatischen Einflüssen seien. „Wie stark die Folgen tatsächlich sind, wird sich erst in den kommenden Jahren, also sehr langfristig, zeigen“, schätzt er ein. Künftig wolle man in den Gärten von Schlösserland Baumschäden systematisch erfassen.
Einer, der ständig mit Wetterauswirkungen auf die Heide konfrontiert ist, ist Thomas Stelzig von Sachsenforst. Waren es zuvor vor allem Stürme, die seinem Revier zugesetzt haben, ist es seit knapp zwei Jahren die Trockenheit und der damit einhergehende Befall der Bäume durch den Borkenkäfer. „Unsere Misere begann dieses Jahr mit dem Sturm am 18. Januar und ging mit dem trockenen April weiter“, sagt er. Der Borkenkäfer sei massiv in den Bäumen. „Das wissen wir durch Fallen, mit denen wir kontrollieren, wie viele Tiere aktiv sind“, sagt der Bühlauer Revierförster. Trockenheitsschäden beobachtet er insbesondere an alten Eichen und Buchen. „Die treiben schlecht aus und haben sehr viel Totholz in den Kronen. So verringern sie die Verdunstungsfläche der Blätter“, sagt er. Vor allem die Fichten seien extrem geschwächt, weil Regen seit dem Herbst 2017 fehlt. „Noch so ein Sommer wie 2018 und es wird sie kaum noch geben“, sagt Stelzig.
Etwas Entlastung habe der Schnee im Winter und der Regen im Mai gebracht. Vor allem die jungen Setzlinge dieses Jahres hätten sich gut entwickelt. „Ein Hoffnungszeichen“, sagt Stelzig. Aus seiner Sicht hilft nur ein artenreicher und gut strukturierter Wald, in dem es keine Monokulturen wie die Fichten aus DDR-Zeiten gibt. „Lärchen, Eichen, Buchen, Linden und Ahorn gehören da rein“, sagt er. Dennoch würden es weiter Fichten und Kiefern gegen, da sich diese immer selbst aussäen. „Als Förster muss ich 100 Jahre vorausdenken, also auch trockenheitsresistente Bäume wie die Weißtanne pflanzen.“
Auch die Stadtverwaltung setzt verstärkt auf Baumvielfalt. Derzeit wachsen 136 verschiedene Arten in Dresden, darunter beispielsweise Ginkgo, Magnolie oder Lederhülsenbaum. Damit ist die Stadt im Bundesvergleich vorn dabei. Die Bürger engagieren sich nicht allein beim Wässern, wenn es nötig ist. Im Vorjahr wurden rund 5 400 Euro für den Stadtgrün-Fonds gespendet. Oft wurden persönliche Anlässe wie Geburten oder Hochzeiten genutzt, um zu spenden. Die meisten hätten sich für ihr Geld einen Baum gewünscht. So konnten dank dieser Spenden 17 Bäume gepflanzt werden, unter anderem im Pulvermühlenpark oder auf dem Stephanienplatz.