SZ + Feuilleton
Merken

Dresdens erster "Blockbuster" feiert Premiere

Über neun Jahre haben die Dresdner von „Blue Beam Entertainment“ an ihrem Thriller „Im toten Winkel“ gefeilt. Am Mittwoch wird der Film endlich gezeigt.

 4 Min.
Teilen
Folgen
Das Team hat großen Aufwand betrieben, damit der Film am Ende gut aussieht.
Das Team hat großen Aufwand betrieben, damit der Film am Ende gut aussieht. © Udo Heimann

Von Jakob Deckers

Monat für Monat bringen die großen Studios in Hollywood einen Blockbuster nach dem nächsten raus und überschwemmen so die Kinos auf der ganzen Welt mit mal mehr und mal weniger sehenswerten Filmen. Das kostet eine Menge Geld und eine Menge Zeit, schließlich sind dort Tausende von Menschen beschäftigt. Was aber, wenn man ein ganz normales Arbeitsleben in einer mittelgroßen Stadt wie Dresden führt und trotzdem einen Blockbuster drehen will? Die Hobby-Filmemacher von „Blue Beam Entertainment“ haben es ausprobiert und den 90-minütigen Thriller „Im toten Winkel“ produziert.

Budget: rund 30.000 Euro. Gesamte Produktionszeit: mehr als neun Jahre. „Die erste Idee für den Film hatten wir 2011“, sagt Drehbuchautor und Kameramann Falk Fiedler. 2014 fiel die erste und letzte Klappe. Die Geschichte spielt in naher Zukunft in irgendeiner beliebigen Großstadt. Die Handlung dreht sich um computergestützte Verbrechensbekämpfung und die damit verbundene Überwachung. Hauptfigur ist der Journalist Gregor Neuss, der einer verdächtigen Verhaftung nachgeht.

Aber erst nach dem Dreh beginnt die eigentliche Arbeit für das Team um die befreundeten Filmfans Michael Roitzsch, Falk Fiedler und Carsten Weinhold. Denn so richtig rund wird ein Film in der Postproduktion, dem Arbeitsprozess nach der letzten Klappe. Dann müssen die Aufnahmen geschnitten, Szenen nachvertont, der Ton gemischt und die Filmmusik komponiert werden. Das dauert, vor allem, wenn man alles nur nach Feierabend machen kann.

Denn im normalen Leben sind die Menschen von Blue Beam Entertainment etwa Personalreferent, Informationstechniker, Fotograf. „Wir haben mehrere Jahre fast unseren gesamten Urlaub in dieses Projekt gesteckt“, sagt Carsten Weinhold. Das Sich-Zeit-lassen-Können hat einen großen Vorteil „Wir haben uns mit dem ganzen Projekt einfach keinen Druck gemacht“, sagt Michael Roitzsch. Knapp dreieinhalb Jahre hat die Postproduktion gedauert. Noch einmal sind gut zweieinhalb Jahre vergangen bis zu diesem Mittwoch, wenn „Im toten Winkel“ Premiere im Dresdner Ufa-Palast hat.

„Als der Film damals fertig war, kam eine Phase der Festivalbewerbungen“, erklärt Falk Fiedler. Immer wieder hat sich das Team beworben, dann gewartet, immer erfolglos. Warum? Die Crew vermutet: Es könnte daran liegen, dass man „Im toten Winkel“ schwer einordnen kann. Er ist kein Kurzfilm, keine Profi-Arbeit, aber auch kein Studierendenfilm.

Gut Thriller will eben Weile haben: Damit er am Ende auch gut aussieht, braucht man einiges an technischem Know-how. Das hat das Team sich ebenfalls fast alles selbst beigebracht. Wie hält man eine Kamera? Wie leuchtet man eine Szene aus? Nur zwei von zig Dingen, die gelernt sein wollen. „Im toten Winkel“ ist allerdings schon der zweite „Blue-Beam“-Film. „Pfadfinder“ hieß der erste, Premiere war 2010. „Damals haben wir viel falsch gemacht, aber auch viel für die Zukunft gelernt“, sagt Roitzsch. 

Als die Idee für das Thema des neuen Films aufkam, war die Vorstellung von einem Überwachungsstaat noch mehr Fiktion als Realität. Doch die Enthüllungen von Edward Snowden, Julien Assanges Wikileaks und Co. zeigen inzwischen: So unrealistisch ist die Grundlage der Geschichte gar nicht. „Wir denken gerade deswegen, dass dieses Thema aktueller denn je ist“, sagt Falk Fiedler. „Im Toten Winkel“ zeige: Fiktion kann sich ganz schnell in Realität verwandeln. Die Motivation sei aber nie gewesen, den Zuschauer zu belehren, beteuert Michael Roitzsch. „Es ist in erster Linie ein Krimi-Thriller, der nebenbei eben noch für das Thema Datenschutz und Überwachung sensibilisiert.“

Gedreht wurde hauptsächlich in Dresden und Freiberg. Wer mit den Orten vertraut ist, dürfte den ein oder anderen Schauplatz wiedererkennen. Auch auf dem Dach des SZ-Hochhauses spielt eine Szene. „Es ist erstaunlich, wie hilfsbereit die Leute waren, wenn wir ihnen vom Projekt erzählt haben“, sagt Fiedler. In der Justizvollzugsanstalt am Hammerweg wurde sogar ein Wärter als Statist abgestellt. Über 100 Menschen waren insgesamt am Film beteiligt, wenn man alle Komparsen und andere Helfer einrechnet. Auch von ihnen hat niemand Geld bekommen.

Die 30.000 Euro, die das Team ins Projekt investiert hat, gingen hauptsächlich für die technische Ausstattung drauf. Tonmann Carsten Weinhold räumt ein: „Das klingt erst einmal nach viel Geld. Aber eine Gruppe von Leuten, die bergsteigen oder Ski fahren, gibt schließlich auch schnell mal so viel Geld für ihre Ausrüstung aus.“ Erst recht in mehr als neun Jahren.

„Im toten Winkel“ feiert Premiere am 11. März um 20 Uhr im Dresdner Ufa-Palast.