Von Claudia Schade
Als Junge stieß Peter Kulka einmal im Keller auf ein Zeugnis für seinen Vater. Dieser sei „als Mensch und Fachmann ausgezeichnet“, war darin vermerkt. Ausgestellt hatte es der Architekt Wilhelm Kreis, bei dem Kulkas Vater damals studiert hatte. Für Peter Kulka ist dieses Zeugnis heute ein wichtiger Zugang zu seinem Vorfahren. Der Vater war im Krieg gefallen, der Sohn hatte nie die Chance, ihn kennenzulernen.
Gestern nun ist in einem feierlichen Akt das sanierte Hygienemuseum an die Öffentlichkeit übergeben worden. Ausgerechnet jener Wilhelm Kreis hatte es 1927 bis 1930 gebaut. Und ausgerechnet dieser Peter Kulka hat es in den letzten Jahren behutsam saniert und auf seine neue Aufgabe als modernes Museum und Veranstaltungsort vorbereitet. „Jetzt können Sie verstehen, warum mir dieses Haus am Herzen liegt“, sagte Kulka. „Und warum wir sehr langsam und sanft damit umgegangen sind.“ Geholfen habe dabei auch der Umstand, „dass die Mittel nicht so schnell geflossen sind“, ergänzte Kulka mit einem Augenzwinkern.
Fast 42 Millionen Euro hat der Umbau des in Deutschland in seiner Art einzigen Museums gekostet. Je zu einem Drittel wurde es von der Stadt Dresden, dem Freistaat und dem Bund bezahlt.
Räume als Bühnen
Bis 1998 waren die Architekten von Coop Himmel(b)lau federführend für den Bau verantwortlich. Sie gestalteten den Kopfbau Nord mit Seminarräumen und dem Marta-Fraenkel-Saal neu. Acht weitere Jahre hat dann der Umbau von Peter Kulka gebraucht. In dieser Zeit wurde die Empfangshalle zum Innenhof geöffnet und lichter und einladender gestaltet. Ein moderner Café- und Restaurant-Bereich ist geschaffen, und die Bürotrakte sind erneuert. Der Innenhof bietet nun einem flutsicheren Depot Raum, und der Vorplatz ist als Veranstaltungsfläche nutzbar.
Die beiden Ausstellungsebenen sind vollkommen überarbeitet worden. Sie können erstmals als Rundgang besucht werden. Das obere Geschoss bietet mit seinen großen Fenstern ausreichend Tageslicht für die Dauerausstellung. Hier findet sich unter anderem die Gläserne Frau. Die unteren Räume indes werden ausschließlich künstlich erleuchtet und funktionieren als Bühnen für die jeweils unterschiedlichen Inszenierungen der Wechselausstellungen.
Der große Saal des Museums leuchtet nun Korallrot und besticht durch eine gefaltete Holzverkleidung, die eine hervorragende Akustik gewährt. „Rot steht für Kraft“, erläutert Kulka seine Farbwahl. Und so, wie er den großen Saal als rotes Kraftzentrum in dem weißen Gebäude einsetzt, sieht Kulka das gesamte Gebäude als „ein Kraftfeld für Kultur“ in der Stadt.
„Das Hygienemuseum ist nicht nur ein Leuchtturm in der Museumslandschaft, sondern auch ein gelungenes Beispiel zur Vollendung der deutschen Einheit“, sagte Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) in einem Grußwort. Dieses Museum sei wegweisend in Deutschland – vor allem mit Blick auf die kulturelle Bildung, in der es seinen Arbeitsschwerpunkt sieht. „Unser Ziel war es, das Haus in die Lage zu versetzen, den ihm gebührenden Platz wieder einzunehmen“, so Neumann weiter.
Die etwa 300000 Besucher jährlich würden genau dafür stehen, ergänzte Sabine von Schorlemer, die sächsische Ministerin für Wissenschaft und Kunst (parteilos). Sie verwies auch auf 60000 Kinder und Jugendliche, die das Museum jährlich als einen der größten außerschulischen Bildungsträger nutzen.
Philharmonie spielt im Saal
Damit knüpft das Museum deutlich an die Tradition seines Begründers August Lingner an, der es damals für die Volksbildung einrichten ließ. Dem Gebäude ist nun ein Teil der Monumentalität genommen. Was vorher in der Architektur einschüchternd wirkte, ist jetzt einladend. Was vorher an Ausstellungsstücken pompös wirkte, ist jetzt multimedial.
Aber auch eine schöne Konstante gibt es: Bis in die 60er-Jahre hinein spielten im großen Saal die Musiker der Philharmonie. Sie treten am 19. Oktober wieder dort auf.