Gärtnern zwischen Hauptstraßen

Dresden. Der Name klingt paradiesisch: Apfelgarten. Und tatsächlich ist die Grünanlage in Strehlen derzeit ein Ort, wo es sprießt, summt, duftet. Ein Ort der Versuchung, noch ganz ohne Äpfel. Bei herrlichem Frühlingswetter wird hier, im Dreieck zwischen Zelleschem Weg und Teplitzer Straße, gegossen, gesät und gezupft - und sogar schon geerntet.
Jenny bringt Mangold und Spinat, dazu ein paar Zweige Rosmarin. Die 66-jährige US-Amerikanerin ist stolz auf die frühe Ernte - die Pflanzen haben zeitig ausgetrieben, was auf dem sonnigen Grundstück kaum verwunderlich ist. Jenny ist Mitglied eines Gemeinschaftsgartens, in dem Studenten und Rentner, Familien und Singles, Angestellte und Arbeitslose Hand ans Beet legen.

Das bringt nicht nur Gemüse auf den Teller, sondern tut jedem gut, der dabei ist, sagt Maxi Domke. Inzwischen ist der Apfelgarten ein richtiger Nachbarschaftsgarten geworden, erzählt die 36-Jährige, die von Beginn an mitgärtnert. 2014 startete das Projekt, damals am Strehlener Platz auf einem Grundstück vor einem Hochhaus. Zwei Jahre später musste der Garten umziehen, weil nebenan gebaut wurde. "Das war frustrierend", sagt Maxi Domke. "Wir mussten alles wieder abbauen, das hat uns auch einige Mitstreiter gekostet." Heute sind alle froh über das neue Domizil einige Hundert Meter weiter an der Teplitzer Straße.
Das Areal liegt geschützt hinter Bäumen und Sträuchern, die Sonne scheint viele Stunden, ebenso lange rauscht der Verkehr. "Am Wochenende ist es aber auch mal herrlich ruhig." Es ist eben ein richtiger Stadtgarten, sagt Maxi Domke.
Reiche Ernte dank fleißiger Bienen
Aus dem anfänglichen Kern von sieben bis acht Leuten sind mittlerweile 15 bis 20 Aktive geworden, viele engagieren sich im auch Verein. Jenny kommt ein- bis zweimal wöchentlich, sie wohnt gleich in der Nähe, den Apfelgarten hat sie im Internet entdeckt. Für die Amerikanerin eine gute Gelegenheit, Dresdner kennenzulernen und ihre Gärtnerleidenschaft auch hier in Deutschland, mitten in der Großstadt, weiter zu pflegen. Gerade noch mit dem Wasserschlauch an der Kräuterschnecke im Einsatz, schiebt sie jetzt eine Schubkarre zum Hochbeet. Unkraut zupfen.

Am anderen Ende des Apfelgartens setzt sich Tobias Unruh den Imkerhut auf den Kopf. Fünf Bienenvölker hat der Hobby-Imker in Kästen am Rande des Gartens positioniert. Seine Aufgabe ist es jetzt, das Ausschwärmen zu verhindern. Das passiert, wenn sich ein Bienenvolk teilt und ein eigenes Refugium sucht. Das endet oft in einem Baum - und einem Imker, der seine Gesundheit beim gefährlichen Kletterakt riskiert.
Vor vier Jahren hat sich Tobias Unruh sein erstes Bienenvolk zugelegt. "Das war eine der besten Ideen in meinem Leben." Doch wie kommt man darauf? "Ich hatte damals ein Praktikum in Arnsdorf", erzählt der studierte Umweltingenieur, der zurzeit als Chemieanlagen-Planer arbeitet. "An der Haltestelle habe ich immer Bienenkästen beobachtet. Das hat mich fasziniert."
Duschkabine und Skistöcke - Hauptsache praktisch
Ein Jahr und einen Imkerkurs später suchte er einen geeigneten Standort für sein Bienenvolk. Bei Oma in der Gartensparte war es zu kompliziert - also wurde es der Apfelgarten. Eine Win-Win-Situation: Die Bienen finden genug Pollen und Nektar, die Blüten werden bestäubt und bilden Früchte aus. "Die Ernte ist dadurch immer richtig gut." Die Vielfalt im Apfelgarten ist optimal für die Bienen, sagt der 32-Jährige. Obstbäume und Kräuter mögen sie besonders.
Im Garten wächst eine ganz spezielle Sorte Äpfel, deshalb auch der Name des Projektes. Gravensteiner, seit Mitte des 17. Jahrhunderts bekannt, ist eine alte Apfelsorte, die in Strehlen eine neue Heimat gefunden hat. Junge Bäumchen wachsen am Rand des Geländes, daneben Beerensträucher, in der Mitte ein riesiger Kirschbaum. In den gut vierzehn Hochbeeten sollen Tomaten und Gurken, Kürbisse und Bohnen - und demnächst Rhabarber - all jene versorgen, die viel Arbeit und Zeit investieren. Klar, sagt Maxi Domke, verschwinden im Apfelgarten ohne Zäune hin und wieder einige Früchte. "Aber das ist eher selten."

Selten ist auch das Frühbeet. Maxi Domke lässt Besucher gern raten, aus was es gebaut wurde. Nur wenige kommen darauf: Die Abdeckung, der Deckel quasi, sind zwei Türen einer Duschkabine. So wird vieles improvisiert, Kreativität ist gefragt, wenn wenig Geld zur Verfügung steht. Ein weiterer Hingucker: Alte Skistöcke, an denen junge Pflanzen angebunden werden und Halt finden. Auch das macht die Gärtner-Oase mitten in der Großstadt so besonders.
Der Beitrag ist Teil einer Serie auf Sächsische.de. Darin stellen wir frische Ideen für Kleingärten in Dresden vor.
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