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Dresdner Kleingärtner auf Kinder-Kurs

Die größte Sparte der Stadt wirbt mit kostenlosem Eis um den Nachwuchs - und hat sich sogar eine eigene Minigolfanlage gebaut. Die Liste der Bewerber ist lang.

Von Henry Berndt
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Wenn die Kleingartenanlage zum Kinderparadies wird: Franz spielt gern Minigolf.
Wenn die Kleingartenanlage zum Kinderparadies wird: Franz spielt gern Minigolf. © Sven Ellger

Dresden. Der Schiefe Turm von Pisa will geschickt umspielt werden. Außerdem muss der Ball um diverse bunte Gummibärchen herum und in den Krater einer Vulkans. Franz hat hier und da noch seine Schwierigkeiten. Vor allem hat der Fünfjährige aber eines: Spaß beim Minigolfen im Kleingartenverein Elbtal II am Leubener Lockwitzbachweg.

Vereinschef Thomas Wiedemann ist sich sicher, dass dies der einzige vereinseigene Minigolfkurs im ganzen Land sein muss. Nachprüfen lässt sich das zwar nicht, aber schon ein kurzer Besuch in Dresdens größter Kleingartenanlage macht klar: Hier wird den Kleingärtnern mehr geboten als nur Erde und Ruhe.

Nachdem der Verein Anfang vergangenen Jahres die 96 Gärten einer sich auflösenden Sparte mit aufgenommen hat, kümmern sich Wiedemann und seine Mitstreiter nun um stolze 428 Parzellen, die sich über eine Fläche von über 300.000 Quadratmetern erstrecken. 

Als Wiedemann hier vor fünf Jahren den Vorsitz übernahm, war der Verein noch einer unter vielen. "Aber ich hatte eine Vision", sagt der 57-Jährige, der sein Geld bei der Deutschen Bahn verdient. Elbtal II hatte zu dieser Zeit - so wie fast alle Sparten - einen sehr hohen Altersschnitt der Pächter. "Wir wollten die Familien gewinnen und so unseren Teil für das soziale Gleichgewicht in der Stadt beitragen."

Thomas Wiedemann übernahm vor fünf Jahren den Vorsitz in der Leubener Sparte Elbtal II.
Thomas Wiedemann übernahm vor fünf Jahren den Vorsitz in der Leubener Sparte Elbtal II. © Sven Ellger

Kinder allerdings sind bis zu einem gewissen Alter nur schwer für Blumenbeete zu begeistern. Also legte der Verein los: Ein "Begegnungsgarten für Jung und Alt" wurde aus dem Boden gestampft, der unter anderem ein Bastelhaus und eine Spielecke beherbergt. Bald gab es Lampionumzüge und Nachtwanderungen. Am Vereinsheim wurden Tischtennisplatten, ein Kickertisch und ein Fußballtor aufgestellt. "Im Sommer gibt es bei uns kostenloses Eis für die Kinder", sagt Wiedemann. Wer will da schon lieber in der Bude hocken und Computer spielen?

Der Lohn all dieser Bemühungen ließ nicht lange auf sich warten. Inzwischen seien seit 2015 zahlreiche Familien mit insgesamt rund 150 Kindern dazugekommen. "Ich habe momentan eine Warteliste von 35 Familien", sagt Wiedemann, den jeden Tag Dutzende Anrufe und E-Mails, ja regelrechte Bewerbungen mit Lebenslauf und Motivationsschreiben erreichen.

Die Minigolfanlage ist nun gewissermaßen die Krönung dieser Entwicklung. Für 3.500 Euro erwarb der Vereinschef die Gestelle selbst bei Ebay. Vorausgegangen war dem Kauf eine offene Diskussion, was man mit dieser verwilderten Müllecke am besten anstellen könnte. Ein Volleyballplatz? Ein Fußballplatz? Da fliegen doch nur die Bälle durch die Gärten. Ein Parkplatz? Stellflächen gab es schon genug. 

Wie wäre es mit Minigolf? Die meisten Mitglieder waren begeistert und packten seit vergangenem Frühjahr selbst kräftig mit beim Aufbau an. Glücklicherweise sind in einem so großen Verein ja auch alle nötigen Gewerke vereint. Inzwischen sind 13 Bahnen bespielbar, fünf sollen in diesem Jahr noch fertiggestellt werden. "Dann haben wir hier eine WM-taugliche 18er-Runde", freut sich Wiedemann. Bänke und Sonnenschirme sind Formsache.

"Wir sind kein spezielles Völkchen"

Spielen dürfen die Vereinsmitglieder jederzeit kostenlos, solange sich ein Vorstandsmitglied findet, dass ihnen die Bälle und Schläger herausgibt. Auch für Kinderheime, Ferienspiele, Geburtstagsfeiern und Hochzeiten wurde die Anlage schon genutzt. Für alle andere Dresdner stehen die Bahnen immerhin an besonderen Wochenendtagen zur Verfügung. Dann kostet ein Spiel zwei Euro. Auch für Bockwurst und Getränke wird gesorgt. 

"Wir sind nicht irgendwelche Laubenpieper oder ein spezielles Völkchen, sondern gehören mitten ins Stadtleben", betont Wiedemann. Das ganze Jahr über sind die 38 Tore seiner Anlage für jedermann geöffnet. "Selbst jetzt zu Corona-Zeiten spazieren hier Tausende durch und genießen die Natur."

Auch das Sommerfest  lockt jedes Jahr viele Leubener in die Anlage - wenn die Krise es nicht gerade verhindert. Zum 95-jährigen Bestehen des Vereins 2017 gab es eine Liveband, eine Tombola und ein Feuerwerk. "Zum 100-Jährigen werden wir wohl drei Tage feiern müssen", sagt Wiedemann. Vermutlich meint er es ernst.

Der Beitrag ist Teil einer Serie auf Sächsische.de. Darin stellen wir frische Ideen für Kleingärten in Dresden vor.

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