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DRK setzt Kinder vor die Tür

Königshain. Der Streit um die Personalpolitik beim Roten Kreuz ist endgültig eskaliert.

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Von Anja Hecking

Ab September sollen Carola und René Gerlach ihre zwei Kinder nicht mehr in die Königshainer Kindertagesstätte bringen. Sie können nach Weißwasser ausweichen. Das hat ihnen der DRK Landesverband angeboten, nachdem der Kreisverband Görlitz die Verträge unlängst gekündigt hat.

Eltern streiten für die Leiterin

„Wir können uns denken, warum“, sagen Gerlachs. Nicht nur sie liegen mit dem DRK im Streit. Seit der Versetzung der Königshainer Kita-Leiterin Carola Miesner nach Sohland scheint eine Ereignislawine ins Rollen gekommen zu sein. Einige Eltern hatten sich mit der Entscheidung von DRK-Geschäftsführer André Maywald nicht abgefunden. Hinter den „internen Personalentwicklungen “ (SZ berichtete) vermuteten sie eine Retourkutsche.

Carola Miesner hat vor zwei Jahren gegen ihren Arbeitgeber geklagt. Das DRK kam damals mit seiner Gehaltskürzung nicht durch, nur weil vorübergehend weniger Kinder in der Kita waren. Der Prozess war einer von insgesamt 22 zwischen 2004 und 2005 gegen den DRK Kreisverband Görlitz, bestätigt das Arbeitsgericht in Bautzen. Die meisten endeten mit einem Vergleich. Mit diesem Hintergrund bat der Elternbeirat den Vorstand um ein Gespräch. Das fand im Februar statt. Laut einem Vermerk von DRK-Mitarbeiter Rüdiger Neumann hat der Vorstandsvorsitzende, Wolfgang Sieber, den Eltern gegenüber die Kita-Leiterin kritisiert. Sieber warf der Königshainerin vor, sie habe gegen das Solidarprinzip verstoßen.

Anzeige wegen Beleidigung

Sie soll mit zwei weiteren Kolleginnen von etwa 200 Beschäftigten beim Görlitzer Kreisverband die Aussetzung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes verweigert haben. „Das stimmt so nicht“, sagt Carola Miesner. „Bei der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht ging es damals nur am Rande um die Einhaltung des vereinbarten Zahltermins.“ Doch der DRK-Vorstandschef spitzte noch weiter zu: Frau Miesner habe nichts mehr beim DRK zu suchen. Ihre Haltung sei nur vom Geldverdienen geprägt.

Das ließ Carola Miesner nicht auf sich sitzen. Sie zeigte Wolfgang Sieber wegen Beleidigung an. Staatsanwalt Sebastian Matthieu in Görlitz bestätigt das. „Die Ermittlungen laufen.“ Ein Teil der Eltern ließ daraufhin nicht locker. Andere hielten sich an die Unterlassungserklärungen, die das DRK gegen sie erwirkt hatte. Elternrätin Carola Gerlach hingegen spitzte die Feder ziemlich forsch und aufmüpfig weiter.

Geschäftsführer schweigt

Die Konsequenz dafür bekam sie mit der Kündigung der beiden Plätze promt zu spüren. Begründet hat das DRK diesen Schritt nicht. „Da wir uns im Rechtsstreit mit Frau Gerlach befinden, werde ich dazu in der Öffentlichkeit nichts sagen“, erklärt DRK-Chef Maywald. Begründen muss das Rote Kreuz seine Kündigung zwar nicht, aber scheinbar bewegt es sich doch auf dünnem Eis. Denn die Reaktionen der Behörden sind unterschiedlich. Im Landesjugendamt sind die Ereignisse um die Königshainer Kita nicht bekannt, obwohl Gerlachs das Amt informiert haben.

„Der Aktenlage nach ist das DRK Görlitz ein unauffälliger Träger, der seinen Pflichten nachkommt“, erklärt die Pressestelle. „Wenn Eltern Vorgänge in der Kita hinterfragen und sich so einbringen, rechtfertigt das allein sicher keine Kündigung“, mutmaßt die Behörde. Schließlich habe das Sächsische Kindertagesstättengesetz das Mitwirken von Eltern festgeschrieben.

Leiterin fristlos gekündigt

„Wenn es aber zu einer massiven Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Eltern und Träger kommt, dann kann das unter Umständen ein wichtiger Grund für eine Kündigung des Betreuungsvertrages sein.“ Anders sieht das das Sächsische Sozialministerium: Eine Kündigung, die nicht in der Person des Kindes begründet liegt, sei nicht gerechtfertigt.

Das Vertrauen ist so oder so auf der Strecke geblieben. Auch die Kita-Leiterin Carola Miesner wurde inzwischen fristlos entlassen, weil sie bei ihrer Anzeige gegen den Vorstandschef geblieben ist. Sie hat fast 25 Jahre in Königshain als Erzieherin gearbeitet und die Kita seit 1989 geleitet. Leiterin blieb sie auch, als die Gemeinde die Einrichtung 1995 an das DRK abgab. Unter den Kindern und Eltern ist Carola Miesner sehr beliebt. Eltern loben sie als zupackend und engagiert.