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Droht den Patienten eine Zwei-Klassen-Medizin?

Eine weitere finanzielle Belastung der Patienten durch höhere Zuzahlungen bei weniger Leistungen fürchten Apotheker, Gesundheitsfachleute und Krankenkassen-Mitarbeiter im Landkreis Meißen. Den Kompromiss zur Gesundheitsreform sehen sie als missglückt an.

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Von Katrin Richter

Die gesetzliche Krankenversicherung soll bis zum Jahr 2007 um etwa 23 Milliarden Euro entlastet werden. Für den Versicherten bedeutet die Gesundheitsreform höhere Zuzahlungen und Leistungskürzungen. Der Patient zahlt durch private Zusatzversicherungen bei der Zahnbehandlung und beim Krankengeld drauf. Bei Arzt oder Zahnarztbesuchen hat der Patient je Quartal zehn Euro zu entrichten.

„Nur ein Flickwerk und keine große Sozialreform“

Die AOK Sachsen befürchtet dadurch eine Zwei-Klassenmedizin. „Die Patienten werden einseitig belastet“, sagt Heinz-Werner Raschke, Pressesprecher der AOK Sachsen. Die Krankenkassen hatten sich von den Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanzlage deutlich mehr erhofft. Das vorgelegte Konsenspapier lässt jedoch große Lücken und viel Spielraum für Interpretationen.

„Statt der größten Sozialreform seit der Wiedervereinigung wird uns ein Flickwerk serviert“, macht die Volkssolidarität Elbtalkreis ihrer Enttäuschung Luft. Eine Optimierung der Strukturen im Gesundheitswesen verlange weitergehende Schritte. Heinz-Werner Raschke, Pressesprecher der AOK Sachsen pflichtet dem bei. „Die Chance eine integrierte, ganzheitliche gesundheitliche Versorgung zu realisieren, wurde vertan. Eine optimale Variante wäre beispielsweise die Ausweitung von Polikliniken gewesen.“

„Das System versucht sich selbst zu entrümpeln. Allerdings werden nur die Symptome behandelt, nicht das gesamte System“, kritisiert Andreas Gebhardt, Geschäftsführer der Elblandklinik Meißen, das für September im Bundestag noch zur Beratung vorliegende Gesetz zur Gesundheitsreform. „Positiv ist auf alle Fälle die erzielte Einigung zwischen Regierung und Opposition“, merkt Gebhardt an. Die Grundfragen seien jedoch auf der Strecke geblieben. „Hauptsache, ein Kompromiß kam zustande. Aber deswegen wurde kein großer Schritt gemacht und die Schwierigkeiten des deutschen Gesundheitssystems sind noch lange nicht vom Tisch.“ Gebhardt gibt der Reform daher auch keine allzu lange Wirkungsdauer.

Doch die Patienten werden nicht die einzigen Verlierer sein. Genauso verunsichert sind auch die Apotheken im Landkreis Meißen. „Die Folgen der geplanten Einsparungen sind nicht absehbar“, sagt Evelyn Guthmann, Sprecherin der Apotheker im Landkreis Meißen/Radebeul. Im Gesetzestext liege einiger Sprengstoff verborgen. Besonders skeptisch steht Guthmann der Zulassung von Versandapotheken gegenüber. „Meine größte Angst besteht darin, dass es zu Wettbewerbsverzerrungen kommen könnte. Es sollte schnellstmöglich eine Regelung getroffen werden, welche die Zuzahlung bei Versand und Apotheken festlegt“, sagt Guthmann.

Apotheker sind

sehr verunsichert

Ob sich die kleinen Apotheken gegen den Versandhandel von Medikamenten behaupten können, sei auch davon abhängig, inwiefern die Internetapotheken von den Leuten angenommen würden. Ganz besonderes Kopfzerbrechen bereitet Guthmann und der Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände vor allem die veränderte Arzneimittel-Preisverordnung, die nicht ohne Folgen bleiben wird. „Durch einen staatlich geregelten Festaufschlag verdienen wir bei teuren Medikamenten weniger. Schwarz sehe ich aber bei einer Freigabe der freien apothekenpflichtigen Medikamente.“