Von Hartmut Landgraf
Es war ein dickes Bündel Papier, das Bürgermeister Bernd Gottschald (Freie Wähler) zur jüngsten Gemeinderatssitzung auf den Tisch legte. Und das verursacht momentan vielen Einwohnern von Rosenthal-Bielatal schlaflose Nächte.
Mit dem Paket hat der Abwasserzweckverband Königstein Kostenvergleichsrechnungen für den künftigen Umgang mit Abwasser im Gemeindegebiet auf den Tisch gelegt. Und eines wird schon jetzt deutlich: Viele Grundstücke der Gemeinde will der Verband künftig an die öffentliche Kanalisation anschließen. Der Grund: In Rosenthal-Bielatal entspreche die überwiegende Mehrzahl der privaten Abwasseranlagen nicht mehr dem heutigen Stand der Technik. Das schreibt jedenfalls die Wasserbehandlung Sächsische Schweiz GmbH (Wass) auf eine Anfrage der SZ. Derzeit seien 129 Grundstücke an öffentliche Abwasseranlagen angeschlossen. Für 615 Grundstücke sieht der AZV das „perspektivisch“ vor.
Vielen in der Gemeinde geht es wie Jürgen Havekost aus Rosenthal, bei dem das Abwasser in eine Dreikammergrube fließt. An diesem Status quo will er so lange es geht nicht rühren, „denn der ganze Spaß mit einer zentralen Leitung würde wahrscheinlich teuer“, vermutet er.
Investition: 8,8 Millionen Euro
Wie teuer, darüber muss sich jetzt die neu gebildete Abwasser-Kommission der Gemeinde den Kopf zerbrechen. Nach momentan gültiger Abwassersatzung müsste ein Hausbesitzer mit 1000 Quadratmeter Grundstücksfläche rund 6000 Euro für den Anschluss ans zentrale Netz bezahlen (siehe Kasten). Für größere Grundstücke wird es mehr. Dem stehen die Kosten alternativer dezentraler Abwasserlösungen gegenüber, die nach neuesten Bestimmungen auch ab 2015 noch zulässig wären, wie zum Beispiel vollbiologische Kleinkläranlagen. Denn eines ist sicher: Wer nicht ans zentrale Netz geht, muss seine Anlage bis 2015 auf den neuesten Stand der Technik bringen.
Königsteins AZV-Chef Frieder Haase macht deutlich, womit der Bürger aus seiner Sicht am Ende besser fährt: Bei einer privaten Kleinkläranlage fielen neben der vielleicht billigeren Neuanschaffung mit der Zeit erhebliche Betriebs-, Wartungs- und Reparaturkosten an, gibt er zu bedenken.
Die Frage ist, ob für den Bürger bei einer Anbindung an die öffentliche Kanalisation mit dem Anschlussbeitrag schon alles bezahlt wäre. Die Vorzugsvariante kostet den AZV nach SZ-Informationen 8,8 Millionen Euro. Sie sieht einen stufenweisen Ausbau der Kanalisation in den Ortsteilen vor, Rosenthal soll an eine öffentlich betriebene Kläranlage angebunden werden, Bielatal an mehrere. Die Anschlussbeiträge würden sich durch diese Investition nicht verteuern, verspricht Frieder Haase. Doch in der Gemeinde fürchtet man, dass die Kostenkalkulation auf Fördermittelsätzen beruht, die der Freistaat gerade zusammenstreicht.
Manche fürchten um ihr Haus
So oder so brodelt im Ort heftig die Gerüchteküche: Leute mit größeren Grundstücken sehen Beitragssummen im fünfstelligen Bereich auf sich zukommen, dem Vernehmen nach bangen einige gar um Haus und Hof. Bürgermeister Bernd Gottschald gibt sich für alle Fälle schon mal kämpferisch: Notfalls werde sich die Gemeinde verhalten wie Cotta. Dort soll in Kürze das alte Abwasserbeseitigungskonzept gekippt werden, zugunsten dezentraler Entsorgungs-Lösungen.
Beim Abwasserzweckverband stößt der Wirbel auf Verwunderung. Die Vorplanung für die zentrale Entsorgung sei bereits fertig und zudem von Rosenthal-Bielatal als AZV-Mitglied im Jahr 2002 mitgetragen worden, sagt Frieder Haase. Falls die Gemeinde jetzt eine Rückzieher mache, bekomme sie die Planungen in Rechnung gestellt. Kosten: 24000 Euro.