Oft genug hat Professor Felix Bonnaire Dynamo-Profis weinen sehen. Nämlich dann, wenn eine Verletzung sie wochenlang vom Spielen abgehalten hat. Seit 2003 hat der Chefarzt der Klinik für Unfall-, Wiederherstellungs- und Handchirurgie am Friedrichstädter Klinikum die Dynamo-Profis betreut. Und viele mit geglückten Behandlungen und Operationen auch wieder zum Lachen gebracht.
Bonnaire war für den Verein eine feste Größe, zu ihm bestand ein tiefes Vertrauensverhältnis. „Es geht hier um Leistungssport. Und was Professor Bonnaire sagt, ist in Stein gemeißelt“, sagte Sportgeschäftsführer Ralf Minge vor einigen Jahren im Gespräch mit der SZ. Bonnaire war für den Verein nahezu unersetzlich, weil er bei vielen Spielen direkt vor Ort war und die Sportler auch im normalen Klinikalltag ohne Wartezeiten behandelt hat.
Denn bei den Profis steht die Karriere auf dem Spiel. Werden sie nicht sofort untersucht, wechseln sie ihm zufolge zu einem anderen Arzt. Auch die Eislöwen, der HC Elbflorenz und die Monarchs haben auf Bonnaires Expertise vertraut.
Doch der 66-Jährige hat sich jetzt in den Ruhestand verabschiedet. Die Arbeit mit den Sportlern behält er dabei in besonderer Erinnerung. Nicht nur, weil er in seiner Freizeit selbst Sport treibt und weiß, wie eine Verletzung erlebt wird. Sondern auch, „weil ich weiß, dass die meisten Ärzte Sportler für ‚leicht gestörte’ Narzisten halten und ihre Bedürfnisse nicht kennen und nicht verstehen“, sagt er. Zudem betrachte er die Sportler mit großer Hochachtung, weil sie bei nahezu jedem Training und jeder Niederlage leiden würden. Ein Ereignis der vergangenen Jahre ist ihm besonders in Erinnerung geblieben. Im Mai 2011 hatte Dynamo Dresden in Osnabrück das Relegationsspiel gewonnen und damit doch noch den Aufstieg in die Zweite Liga gesichert. In der siebenten Minute der Verlängerung hatte sich Spieler Gerrit Müller verletzt. „Im Jubel ging das fast unter“, erinnert sich Bonnaire.
Gleich am nächsten Morgen untersuchte er Müllers Knie und wusste schon dabei, dass dessen Kreuzband erneut gerissen war. „Das sieht nicht gut aus“, sagte er zu Müller und dessen Freundin. Alle drei hätten Tränen in den Augen gehabt. Bonnaires erste Diagnose hatte sich schließlich im MRT bestätigt, Müller musste wieder operiert werden und pausieren. Er stand danach nicht mehr für Dynamo auf dem Rasen.
Weil eine so enge Bindung zwischen dem Arzt und Dynamo bestanden hat, hat sich Sportgeschäftsführer Minge jetzt persönlich von Bonnaire verabschiedet und ihm dabei auch ein von der Mannschaft signiertes Trikot übergeben. Zwischen den Männern ist in fast 20 Jahren eine Freundschaft entstanden. Auch, weil Bonnaire gelegentlich in der Runde ehemaliger Dynamo-Profis mitgespielt hat.
Nun stellt sich die Frage, wer künftig die Profisportler betreut. Bonnaires Chefarztposten am Friedrichstädter Klinikum übernimmt Professor Philip Gierer. Der 47-Jährige ist laut Mitteilung des Städtischen Klinikums ausgewiesener Spezialist für Schulter- und Ellenbogenchirurgie. Außerdem hat er einen weiteren Schwerpunkt in der Becken- und Wirbelsäulenchirurgie. Seit dem Jahr 2000 hat Gierer an der Universitätsmedizin Rostock gearbeitet und dort zuletzt zehn Jahre lang den Bereich Sporttraumatologie geleitet. „Aus diesem Grund möchte er die medizinische Betreuung der Profisportler fortführen“, sagt Klinikums-Sprecherin Viviane Piffczyk. Zweitligist Dynamo Dresden ist da noch etwas verhaltener. Demnach sind zunächst noch Gespräche zwischen Minge und Professor Gierer über die künftige Zusammenarbeit geplant.