Ist die Saison für Dynamo jetzt schon zu Ende?

Dresden. Am Montag sollte die Mannschaft von Dynamo für sieben Tage in ein Vier-Sterne-Hotel am Dresdner Elbufer einziehen. Die Rechnung über 30.000 Euro war bereits bezahlt, berichtet das Nachrichtenmagazin Spiegel. Abgeschottet von Familie und Freunden sollte sich das Team unter Quarantänebedingungen auf das erste Spiel nach der Corona-Pause am Sonntag in Hannover vorbereiten, das Hotel nur zum Training verlassen.
In Quarantäne ist die Mannschaft tatsächlich – allerdings in häuslicher. Und das für zwei Wochen. Das ordnete das Dresdner Gesundheitsamt nach zwei weiteren positiven Proben an, die Dynamo in einer Mitteilung am Samstag öffentlich gemacht hatte. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen zu den neuen Fällen – und den Konsequenzen.
Wie geht es den infizierten Dynamo-Spielern?
Laut der Vereinsmitteilung waren sie „in den vergangenen Tagen medizinisch unauffällig gewesen und gegenwärtig weiter symptomfrei“. Diese Einschätzung gilt auch für den ersten positiv getesteten Spieler, der seit dem 3. Mai unter häuslicher Quarantäne steht, erklärte Dynamo-Sprecher Henry Buschmann auf SZ-Nachfrage am Sonntag. Das heißt, drei Spieler sind mit dem Virus infiziert, haben bisher aber weder Husten noch Fieber.
Aus Schutz der Privatsphäre der Spieler gibt Dynamo die Namen der infizierten Profis nicht bekannt. Einer hat sich mittlerweile selbst geoutet: Stürmer Simon Makienok. Der Däne ist nach eigenen Angaben einer der beiden neu aufgetretenen Corona-Fälle, verriet er bei Instagram. "Nachdem ich fünfmal getestet wurde, seit wir wieder mit dem Training begonnen haben und jedes Ergebnis negativ war, bekam ich plötzlich einen Test zurück, der besagte, dass ich positiv auf COVID-19 getestet wurde. Keine Symptome, keine Indizien, nichts. Ich habe alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen, die ich konnte. Und trotzdem ist es passiert", schrieb der 29-Jährige am Samstagabend auf seinem offiziellen Profil. Der von der Bild-Zeitung veröffentlichte Post wurde inzwischen wieder gelöscht.
Warum schickte die Behörde nicht nur die Spieler in Quarantäne?
Genau das sieht das Konzept der Deutschen Fußball-Liga (DFL) vor, um die Austragung der Spiele nicht zu gefährden. Warum das Dresdner Gesundheitsamt „nach einer intensiven Analyse der Situation“, wie es in Dynamos Mitteilung heißt, anders entschieden hat, ist nicht bekannt. DFL-Chef Christian Seifert betonte im Aktuellen Sportstudio des ZDF, dass die Entscheidung bei den Behörden liege, sagte aber auch, dass er sich in diesem Fall „eine andere“ gewünscht hätte.
Wieso wurden dreimal unterschiedlich viele Personen getestet?
Erst 41, dann 40 und am Freitag nun 42 – die variable Anzahl der getesteten Personen bei Dynamo fällt auf. „Bei der zweiten Testreihe war der infizierte Spieler nicht dabei, bei der dritten schon. Da ließ sich erstmals auch Ralf Minge testen“, erklärte Buschmann die Differenzen. Sportdirektor Minge deutete in der Vereinsmitteilung die Machtlosigkeit des Vereins an: „Wir haben in den zurückliegenden Wochen sowohl personell als auch logistisch einen enormen Aufwand betrieben, um alle vorgeschriebenen medizinischen und hygienischen Maßnahmen strikt umzusetzen“, betonte er. Doch das reichte nicht.
Was wird mit den restlichen neun Spielen von Dynamo?
„Fakt ist, dass wir in den kommenden 14 Tagen weder trainieren noch am Spielbetrieb teilnehmen können“, sagt Minge. Das heißt, die Auswärtspartie am Sonntag in Hannover muss ebenso verschoben werden wie das Heimspiel eine Woche später gegen Greuther Fürth, für das es noch keinen konkreten Termin gab. Und auch das danach folgende Spiel unter der Woche bei Spitzenreiter Arminia Bielefeld ist offen. Wann sie nachgeholt werden, steht bisher nicht fest. Seifert kündigte an, dass er diese Woche mit allen Zweitligisten über die Lage reden wird.
Ist ein kompletter Abbruch der 2. Bundesliga möglich?
Möglich schon, aber unwahrscheinlich – es sei denn, in den nächsten Tagen und Wochen reagieren bei weiteren positiven Proben die örtlichen Gesundheitsämter ähnlich wie das in Dresden mit einer Quarantäne für die gesamte Mannschaft. „Klar ist: Es gibt sicherlich eine Größe, dann ist das irgendwann nicht mehr machbar“, sagte Seifert, ohne eine konkrete Zahl zu nennen. Die beiden Fälle bei Dynamo sind für ihn im „Moment noch kein Grund, die Fortführung der zweiten Liga komplett in Frage zu stellen. Von den 81 Spielen sind nur zwei betroffen. Das Ziel bleibt weiterhin, die Saison zu Ende zu spielen.“
Wie soll die durch die Quarantäne verlorene Zeit aufgeholt werden?
Das ist wohl die entscheidende Frage. Nach den 14 Tagen müsste Dynamo mindestens eine Woche trainieren dürfen – schon allein, um das Verletzungsrisiko zu minimieren. Aber selbst dann gäbe es einen klaren Wettbewerbsnachteil, da andere Klubs trainieren und auch spielen konnten. Ein Wiedereinstieg der Schwarz-Gelben in die Saison wäre frühestens am Pfingstwochenende möglich. Es blieben dann bis Ende Juni noch viereinhalb Wochen für neun Spiele, die Relegation nicht mitgerechnet. Es gäbe nur noch englische Wochen, für eine Zweitliga-Mannschaft ist das komplett ungewohnt.
Dazu kommt, dass die Konkurrenz im Abstiegskampf punkten kann, während Dynamo zwei, drei Spiele lang tatenlos zusehen muss. Derzeit liegt man als Tabellenletzter vier Punkte hinter dem ersten Nichtabstiegsplatz, ein Rückstand der schnell auf sieben, acht Punkte anwachsen kann. Aus psychologischer Sicht ein zusätzlicher Nachteil für Dynamo.
Kann die Saison über den 30. Juni hinaus verlängert werden?
Das wird schwierig und ist aufwendig, weil viele Spielerverträge mit diesem Datum enden. „Die Saison sollte, falls möglich, bis zum 30. Juni durch sein“, so Seifert. Allerdings deutete er an, dass die Relegationsspiele auch in den Juli verschoben werden könnten. „Wir haben noch einen Puffer.“ Auch für die Drittligisten, die sich knapp für eine Fortsetzung des Spielbetriebs ausgesprochen haben, dürfte es schwer werden, pünktlich fertig zu werden.
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Die Corona-Fälle bei Dynamo sind auch Thema in unserer heutigen Express-Ausgabe im Podcast CoronaCast: