Dynamo vor Charaktertest in Ingolstadt

Den Sensationssieg gegen Köln hat Cristian Fiel am Ostermontag zu Hause im Garten mit der Familie genossen. "Ich bin noch nicht so lange Trainer, natürlich war dieses Spiel auch für mich etwas Besonderes", sagt der 39-Jährige, der seit knapp zwei Monaten Chefcoach von Dynamo Dresden ist. In dieser verdammt kurzen Zeit hat er schon einiges erlebt, genau genommen alles, was der Fußball an emotionalen Ausschlägen bietet: Rückstände aufgeholt, das Sachsenderby in Aue gewonnen, den Spitzenreiter bezwungen. Einerseits. Andererseits gab es diesen Tiefpunkt beim 1:3 in Sandhausen.
Ausgerechnet der rückt jetzt in den Vordergrund, denn vor dem nächsten Spiel am Freitagabend, 18.30 Uhr, beim FC Ingolstadt ist die Ausgangslage ähnlich: Der Gegner kämpft, wie es Fiel ausdrückt, sportlich ums Überleben und hat sich mit sieben Punkten aus den letzten drei Spielen wieder herangekämpft. "Sie haben sich keineswegs aufgegeben und noch absolut die Möglichkeit, sich zu retten." Dynamo könnte dagegen mit einem Auswärtssieg den Klassenerhalt - verrückte Rechenspiele außer acht gelassen - bereits perfekt machen. Doch so ähnlich war eben die Konstellation vor knapp zwei Wochen, als dieses kollektive Versagen in Sandhausen folgte.
Fiel sagt nicht etwa, dass man in Ingolstadt nicht verlieren darf. Das wäre vermessen, den der Gegner ist mit anderen Ambitionen in die Saison gestartet, der Kader qualitativ gut besetzt. Nach dem zweiten Trainerwechsel und unter Tomas Oral ruft die Mannschaft ihr Potenzial plötzlich ab - auch Stefan Kutschke, der in anderthalb Jahren für Dynamo 21-mal getroffen hat, bevor er sich im Sommer 2017 für den Wechsel zu den "Schanzern" entschieden hat. Beim 3:1-Sieg in Bielefeld am vorigen Wochenende hat er nach fast einem halben Jahr mal wieder getroffen. Aber Fiel zählt weitere Namen auf. "Cohen, Kittel, Lezcano - die bringen jede Menge Bundesliga-Erfahrung mit."
"Den Fehler nicht noch einmal machen"
Die individuelle Klasse ist die eine Seite, die Einstellung jedoch entscheidend. "Es darf uns nicht noch mal passieren wie in Sandhausen, nämlich dass wir dorthin fahren und nicht bereit sind für dieses Spiel", erklärt Fiel. "Ich habe das Gefühl, wenn ich das Training sehe, und gehe davon aus, dass sie den Fehler nicht noch einmal machen." Auch wenn er das so nicht sagt: Es ist ein Charaktertest. Mal wieder.
Zumindest personell hätte er die Möglichkeit, Reizpunkte zu setzen. Außer Jannik Müller, der mit Physiotherapeut Tobias Lange arbeitet, trainieren alle Spieler voll mit. Auch Marco Hartmann und Brian Hamalainen hätten die Belastung nach ihren längeren Verletzungspausen gut weggesteckt. Ob sie bereits für einen Einsatz in Ingolstadt infrage kommen, wollte Fiel nicht verraten, in Personalfragen hält er sich grundsätzlich zurück. Mit Dario Dumic, der gegen Köln nach der fünften Gelben Karte gesperrt war, hätte er eine weitere Option für die Defensive. Moussa Koné habe nach seiner Suspendierung so trainiert, "wie ich mir das vorstelle", berichtet Fiel. Von dem Spruch, ein erfolgreiches Team nie zu verändern, hält er jedenfalls nichts, es sei denn: "Wenn ich die Garantie hätte, ich spiele 30-mal mit derselben Mannschaft und gewinne 30-mal, dann würde ich es machen."
So aber habe jeder die Chance, sich wieder anzubieten. Seine Entscheidung über die erste Elf sei dann ein Mix aus den Eindrücken vom vergangenen Spiel und dem Training sowie der Analyse des Gegners. "Das spielt alles eine Rolle." Genauso wie die eigene taktische Ausrichtung. Es spricht jedoch einiges dafür, dass er wie gegen Köln mit zwei defensiveren Spielern im zentralen Mittelfeld anfängt. Die formal offensive Variante war in Sandhausen schiefgegangen.
Dynamo spielt voraussichtlich mit: Schubert - Dumic, Ballas, Gonther - Burnic, Nikolaou - Wahlqvist, Atik, Möschl - Berko, Duljevic.