Dynamo: Was Schubert zur Zukunft sagt

Markus Schubert ist der logische Gast bei dieser Pressekonferenz. Wer sollte besser über die besondere Brisanz eines Ost-Duells sprechen können, als einer, der vor ein paar Jahren selbst noch als Fan im K-Block gestanden hat. Trotzdem ist mit seinem Auftritt vor Dynamos Heimspiel gegen den 1. FC Magdeburg am Sonnabend, 13 Uhr, auch die Erwartung verbunden, dass der Torwart etwas zu seiner Zukunft sagen könnte. Seit er im Januar seine Entscheidung aufgeschoben hat, hat er sich nicht mehr dazu geäußert, ob er über diese Saison hinaus in Dresden bleibt - oder zu einem Bundesligisten wechselt. Das hatte Sportgeschäftsführer Ralf Minge im Trainingslager in der Türkei angedeutet.
Nun also sitzt Schubert auf dem Podium, und zwar, "weil er Leistungsträger, Stammspieler und ein Dresdner Junge ist, der sich auf dieses Derby freut wie ein Fan", wie der Pressesprecher einleitend sagt. "Wir müssen dieses Spiel so angehen, dass wir den Gegner in den 90 Minuten ersticken in dem Stadion, dass Magdeburg nie das Gefühl bekommt, hier etwas holen zu können", meint Schubert so kämpferisch, wie es sich für ein solches Traditionsduell eben gehört.
Deutlich zurückhaltender ist er dann bei der Zukunftsfrage. "Es gibt keinen neuen Stand. Ich habe mich noch nicht entschieden, ob ich bleibe", sagt Schubert. Und damit ist eigentlich sowohl nichts als auch alles gesagt. Doch es kommt eben auch auf die Zwischentöne an. Ein Zeitlimit habe er sich nicht gesetzt, es sei ihm aber klar, dass Dynamo sich bereits nach einem möglichen Ersatzmann umschaut. "Das ist logisch. Man kann ja nicht zu 100 Prozent mit mir planen. Damit gehe ich relativ gelassen um." Wie er überhaupt den Wirbel um seine Person gut weggesteckt und durch seine Leistungen erst gar keine Diskussion aufkommen lassen hat. "Ich wusste, dass ich zeigen muss: Das steckt nicht in meinem Kopf, ich bin nach wie vor frei."
Natürlich werde er oft angesprochen, mancher versucht ihn zu überzeugen, Dynamo noch nicht zu verlassen. "Das ist doch schön zu hören. Es wäre etwas anderes, wenn die Leute sagen: Hau doch ab!", sagt Schubert und grinst dabei verschmitzt. Möglicherweise ist er nach dem Trainerwechsel wieder ins Grübeln gekommen, er denke "ab und zu abends im Bett" schon noch mal nach. Cristian Fiel hat jedenfalls mit ihm geredet - aber nicht etwa versucht, ihn zu überzeugen. "Ich will überhaupt keinen Einfluss auf ihn haben", erklärt der neue Chefcoach. "Er will nur, dass er weiß: Wenn er eine ehrliche Meinung hören will, kann er jederzeit zu mir kommen. Aber ich werde den Teufel tun, ihm zu sagen: Du musst das machen oder jenes."
Fiel erinnert sich an seine Chance, in die Bundesliga zu wechseln. Er war damals genauso jung und bei Union Berlin zum Stammspieler aufgestiegen. Doch in Bochum klappte es weniger gut, er kam nur auf sechs Einsätze. "Das ist nicht so aufgegangen, aber ich sage ehrlich: Ich würde es wieder tun." Schubert kennt natürlich die anderen Beispiele von Justin Eilers oder Marvin Stefaniak, mit denen er bei Dynamo trainiert hat. "Ich bin Torwart", entgegnet er - und wiederholt: "Es ist ja auch noch keine Entscheidung gefallen."
Profi-Debüt schon mit 17 Jahren

Im Juli 2016 hatte Dynamo den Vertrag mit Schubert für drei Jahre abgeschlossen. Der damals 18-Jährige hatte zuvor bereits sein Debüt bei den Profis gegeben. Am 28. November 2015 stand er beim Heimspiel gegen Preußen Münster zwischen den Pfosten und blieb beim 0:0 ohne Gegentreffer. "Wir sind von seiner Qualität und sportlichen Perspektive absolut überzeugt", sagte Sportgeschäftsführer Ralf Minge damals - und startete sein "Torwart-Projekt". Ihm war es auch gelungen, den jungen Spieler und seine Eltern davon zu überzeugen, seinen ersten Fördervertrag bei Dynamo zu unterschreiben - und nicht bei RB Leipzig. "Klar hätte ich dort vielleicht mehr Geld bekommen, aber im Nachwuchs sollte die Entwicklung im Vordergrund stehen", erklärte Schubert dazu mal.
"Markus ist ein Schwarz-Gelber mit brutal hoher Identifikation", sagte Minge. Er hatte dem Burschen bestmögliche Bedingungen versprochen, um seine sportliche Laufbahn optimal voranzutreiben. Der Karriereplan war darauf ausgerichtet, dass Schubert so gefördert wird, bis er Stammtorwart ist. Das war auch das Ziel des in Freiberg geborenen Schlussmannes: "Mein sportlicher Traum ist es, irgendwann als Nummer eins im Tor vor dem K-Block im Stadion zu stehen, dafür werde ich weiter alles geben", meinte Schubert.
Nachdem er in der vorigen Saison bereits neunmal in der zweiten Liga halten durfte, ist er im Sommer endgültig aufgerückt. Die Ausleihe von Marvin Schwäbe, der inzwischen bei Brönby IF in Dänemark spielt, wurde nach zwei Jahren nicht verlängert. Mit Tim Boss kam ein neuer Torwart von Fortuna Köln, der zuvor nur in der 3. Liga eingesetzt worden war. Minge stellte im Januar während des Trainingslagers in der Türkei klar, dass man bewusst darauf verzichtet habe, einen erfahreneren Keeper als Konkurrenten für Schubert zu verpflichten. Das Talent aus dem eigenen Nachwuchs sollte seine Chance bekommen.
Und die hat er zweifellos genutzt mit soliden bis starken Leistungen in den bisher 24 Spielen in dieser Saison.
Im Nachwuchs bei Dynamo fast aussortiert

Schubert begann mit sechs Jahren in seiner Heimatstadt Nossen beim SV Lok mit dem Fußball, ging 2008 zum SC Riesa und kam 2011 zur SGD. Papa Tino war sein erster Trainer. "Ich habe immerhin in der vierten Liga gespielt", sagte er in einem früheren SZ-Gespräch, fügte jedoch hinzu: "In Dorfhain, in der Bezirksklasse, damals in der DDR." Der Sohn ging schon mit zehn Jahren zum SC Riesa und aufs im Internat. "Natürlich hatte ich anfangs Heimweh, aber das hat sich schnell gelegt. Ich war ja unter Freunden." Mit Zimmerkumpel Paul Deubel verstand er sich besonders gut. 2011 wurde Dynamo auf Schubert aufmerksam, hatte aber zunächst keinen Wohnheimplatz frei. Er wollte es trotzdem. Unbedingt. Dafür hätte er es in Kauf genommen, jeden Tag mit Bus und Bahn anderthalb Stunden unterwegs zu sein. Nach zwei Wochen war ein Bett frei - natürlich ist die Bettwäsche schwarz und gelb.