Von Frank Oehl
Rosenkrieg oder flirtfröhliche Eheanbahnung oder beides? Für die Stadt Kamenz bekommt die Zukunft ihres Campingplatzes am Großteich in Deutschbaselitz schicksalhafte Züge. Wie soll es hier nach dem Ende der Partnerschaft mit der Azur Freizeit GmbH weitergehen? Wie dauerhaft kann die neue Liebesbeziehung mit dem möglichen neuen Betreiber, den Abenteuercampern überhaupt sein? Fragen, denen jetzt die Mitglieder des Bau- und Stadtentwicklungsausschusses des Stadtrates Kamenz vor Ort nachgestiefelt sind. Quasi eine Vorberatung per pedes, was allemal besser ist, als Entscheidungen sitzend am grünen Tisch zu fällen. Zu Scheidungen oder Hochzeiten – wie man will.
Die Lage am Großteich ist kompliziert, aber nicht hoffnungslos. Die Betreibung ab der neuen Saison, die wie immer am 1. April starten soll, war im Herbst neu ausgeschrieben worden. Einer von drei Bewerbern ist übrig geblieben. Das Abenteuercamp-Team, aus zwei Bischofswerdaer Vereinen gespeist, hat ein erstes Konzept für die Bewirtschaftung nicht nur des Camps, sondern auch des gesamten großen Areals vorgelegt. Dass dies nicht ohne Risiko ist, hat sich zuletzt bewahrheitet. Der Stadtrat muss möglichst schnell entscheiden, auf welcher rechtlichen Basis die Betreibung erfolgen soll. Pacht oder Erbbaupacht oder Verkauf? Letzteres entfällt, weil die Vereine natürlich zunächst Erfahrungen sammeln müssten, ehe sie sich ins Bodenlose begeben. Diese Chance, so der Bauausschuss am Dienstagabend, sollen sie bekommen.
Und selbst auf dem Weg dorthin sind noch einige Stolpersteine wegzuräumen. Zunächst ist die geschiedene Ehe mit der Azur GmbH ja noch gar nicht richtig beendet worden. Der Campingplatz-Großbetreiber betrachtet sich als ausgebootet und will nun offenbar den Neuanfang für andere möglichst erschweren. Bislang gibt es nämlich keine Einigung mit der Stadt zur Übergabe und Übernahme wichtiger Einrichtungen, die für Azur freilich kaum noch Wert haben dürften. Es geht zum Beispiel um den 1997 gebraucht aufgestellten Sanitär-Container, der im Grunde den Mindeststandard für einen modernen Campingplatzbetrieb darstellt – mit WC, Spülplätzen, zwei Waschmaschinen, Chemietoilettenentsorgung und so weiter. Das Verkaufsangebot von 55 000 Euro wurde von den Stadträten jetzt als überzogen zurückgewiesen, ebenso die 7 000 Euro für den Erwerb der Azur-Gaststättenausrüstung. Hier soll nun nachverhandelt werden, und die Zeit drängt. Bis Ende Februar hat der vorige Betreiber Zeit, Platz zu machen. Wie kompromissbereit ist man also unter der Annahme, dass der Abriss der Anlagen Azur ja ebenfalls nicht billig kommen würde? Dies wird das Rathaus jetzt noch weiter abfragen.
Klarheit bis Anfang März
Die andere Variante: Azur reißt ab und die Stadt übernimmt die Kosten für eine provisorische Sanitäreinrichtung. Vor Ort hat man sich am Dienstag schon mal sachkundig gemacht. Möglichkeiten gibt es in der Tat, die freilich den Pachtertrag schmälern würden. Eines aber ist auch klar: Das Abenteuercamp-Team kann nicht gleichzeitig investieren und Pacht an die Stadt abführen. Insgesamt sind 111 Dauercamper in Wohnwagen oder Bungalows und noch einmal acht private Bungalowbesitzer darauf angewiesen, dass es schon im März Klarheit gibt. Bürgermeister Roland Dantz hat am Dienstag betont, dass man sich auch eine drei- bis fünfjährige Übergangsphase bei der Pacht mit dem Abenteuercamp vorstellen könnte. „In dieser Zeit geht der Betrieb weiter und es kann ein Konzept zum weiteren Investitionsgeschehen erarbeitet werden, dass die Refinanzierungsmöglichkeiten einschließt.“
Denn eines ist klar: Ohne bauliche Veränderungen wird die Zukunft des Campingplatzes – egal unter welchen partnerschaftlichen Vorzeichen – nicht zu sichern sein. Und diese Frage berührt auch die Wasserqualität im (überfischten?) Großteich. Sie war zuletzt kritisch, was sich unmittelbar auch im Rückgang der Tagesgäste niederschlug – einer wichtigen Einnahmequelle für jeden Betreiber. Und dies ist ja nun keine schicksalhafte, sondern eine gestaltbare Aufgabe. Auf den Ehe-Vertrag zwischen der Stadt und dem neuen Betreiber kann man also gespannt sein.