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Als Radebeul knapp dem Beschuss entkam

Der Verhandlung eines russischen Soldaten ist es zu verdanken, dass die Stadt vor 75 Jahren nicht zerstört wurde. Jetzt wurde an ihn erinnert.

Von Nina Schirmer
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Vor dem Gedenkstein in Friedewald legten Bürger Blumen ab.
Vor dem Gedenkstein in Friedewald legten Bürger Blumen ab. © Norbert Millauer

Radebeul/Friedewald. So ein Gedenken hatten wir noch nie – da sind sich die gut 15 Leute, die am Donnerstagnachmittag in Friedewald zusammengekommen sind, einig. Mundschutz ist Pflicht, Abstände müssen eingehalten werden und trotzdem wollen es sich die Bürger nicht nehmen lassen, ihre jährliche Gedenkveranstaltung zu Ehren von Ilja Bela Schulmann abzuhalten. Oberbürgermeister Bert Wendsche (parteilos) hat die Veranstaltung beim Landkreis angemeldet. Alles hat seine Ordnung, als am Gedenkstein in der Großenhainer Straße neben Haus Nummer 71 Blumen und Gestecke abgelegt werden.

Vor 75 Jahren, am 7. Mai 1945, wurde hier über das Schicksal der Stadt entschieden. Schulmann, Militärdolmetscher der Roten Armee, fand in dem Haus ein funktionierendes Telefon und trat in Verhandlungen mit dem damaligen Oberbürgermeister von Radebeul, Heinrich Severit. Die Lößnitz war der äußere Verteidigungsring von Dresden und durchzogen von einem Panzergraben, Panzersperren und einem Luftschutzgraben. Schulmann forderte den Bürgermeister auf, die Stadt kampflos zu übergeben, ansonsten drohe schwerer Beschuss. Nach mehren Telefonaten erreichte Schulmann, was er sich erhofft hatte. 

Hunderten Menschen das Leben retten

In einem Briefwechsel schreibt er später: „Bei mir tauchte der Gedanke auf, dass man doch telefonisch die Kapitulation vereinbaren und damit die Stadt und Hunderten Menschen das Leben retten konnte.“ Unter anderem seiner besonnen Verhandlung ist es zu verdanken, dass Radebeul weitgehend unzerstört blieb und nur wenige zivile Opfer zu beklagen hatte. 1985 wurde Schulmann zum Ehrenbürger Radebeuls ernannt.

Mit Rückblick auf die Geschichte mahnte OB Wendsche bei der Gedenkveranstaltung Toleranz in heutigen Zeiten an. Es gebe nicht die eine Wahrheit, man müsse akzeptieren, wenn andere eine andere Weltsicht haben. Grenze sei aber immer die Gewaltfreiheit, so Wendsche.