Von Carmen Schumann
Idyllisch wirkt der Blick über die Spree hin zur Nikolai-Ruine. Auf der colorierten Postkarte der „Lithographischen Kunstanstalt Deubner & Scholze Bautzen“ quetscht sich die Hammermühle bescheiden an den rechten Bildrand. Kaum zu glauben, dass sie eine der Keimzellen der Bautzener Großindustrie war. Im Dezember 1906 schickt mit dieser Karte eine Clara liebe Grüße aus Bautzen an ihren Cousin Rudolf nach Hainichen.
Müller kam aus Cunewalde
1906 war gerade der Namensgeber der Hammermühle, Carl Ernst Heinke, gestorben. Er stammte ursprünglich aus Cunewalde und hatte dort mehr schlecht als recht eine Mühle betrieben. Sein Versuch, sich in Bautzen eine neue Existenz aufzubauen, sollte sich als erfolgreich erweisen. 1888 übernahm er die ehemalige Drahtmühle, deren Ursprünge bis ins Jahr 1493 zurück reichen. Hier wurden damals Nägel produziert. Das Gebäude hatte also am Beginn des 20. Jahrhunderts schon eine recht lange Vorgeschichte auf dem Buckel.
Interessant ist beispielsweise, dass es eine Verbindung zwischen der Hammermühle und dem berühmten Frohnauer Hammer bei Annaberg-Buchholz gibt. Aus Frohnau kam nämlich 1740 der Eisen- und Hammerschmied Johann Friedrich Klauß nach Bautzen. Er formte die Drahtmühle zum Eisenhammer um. – Bevor jedoch die Ära Heinke in der Hammermühle anbrach, verschaffte eine Familie Petzold dem Anwesen nicht nur Blütezeiten, sondern legte auch die Basis für zwei wichtige Bautzener Großbetriebe. Johann Samuel Friedrich Petzold gehörte zu den Gründern der Eisengießerei und Maschinenbauwerkstatt Petzold & Centner, dem Vorläufer des heutigen Bombardier-Werkes. Er war seit 1820 der Besitzer der Bautzener Hammermühle gewesen.
Technisches Denkmal
Weil eine Angehörige der Familie Petzold mit einem Reinhold Zimmermann verheiratet war, ging die Hammermühle 1870 an die Familie Zimmermann über. Da deren Geschäfte, der Bau von schmiedeeisernen Fenstern, gut liefen, wurde es hier bald zu eng. So siedelte die Firma Zimmermann 1888 auf die Strehlaer Straße um, die heutige Dr.-Peter-Jordan-Straße. Das Stahlfensterwerk Zimmermann bestand bis 1992 und wurde dann von Heinz Scheffer aus Sassenberg übernommen. Seit 2005 befindet sich auf dem Gelände das Einkaufszentrum Husarenhof.
Die Hammermühle diente unter den Heinkes auch als Mahlmühle. Das noch existierende dreigeschossige Wohnhaus wurde 1898 errichtet. Nach dem Tod von Theodor Oswald Heinke 1964 kam die Mühle in den Besitz des Müllermeisters Herrmann Koitzsch, dessen Frau Margit Heinkes Enkelin war. Anfang der 90-er Jahre wurde der Mahlbetrieb eingestellt. Als Technisches Denkmal kann die Hammermühle zu den Tagen des offenen Denkmals besichtigt werden.