Von Ingo Kramer
Für Manfred Lehnik-Habrink ist der Dorfanger in Altweinhübel das Aushängeschild für ganz Görlitz. „Das ist die Einflugschneise für Fahrradtouristen am Oder-Neiße-Radweg“, sagt der 69-Jährige, der sich in der IG Historischer Dorfanger engagiert. Mit zehn, zwölf, manchmal noch mehr Mitstreitern setzt er sich dafür ein, dass der erste Eindruck, den Touristen von Görlitz bekommen, gepflegt und blumenreich ist.


Bei der Podiumsdiskussion über die Entwicklung von Weinhübel, zu der die Linkspartei am Dienstagabend in die Gaststätte Zeltgarten eingeladen hatte, bekam Manfred Lehnik-Habrink von allen Seiten Komplimente. Doch das deutlichste Lob stellte ihm Bürgermeister Michael Wieler aus. In der Gegend um den Anger, so Wieler, würden die Hundetoiletten tatsächlich genutzt – ganz im Gegensatz zu großen Teilen des Stadtgebietes. „Am Anger liegen nur deshalb keine Haufen, weil die Leute merken, dass alles mit bürgerschaftlichem Engagement gepflegt wird“, so Wieler.
Er wünschte sich, dass die ganze Stadt in dieser Frage so weit wäre wie Altweinhübel. Damit nimmt er allerdings Linkspartei-Stadträtin Margit Bätz eine Illusion. Sie hofft nämlich auf Hundetoiletten an der Straßenbahnlinie. Dort aber werden keine Grünanlagen durch eine private Initiative gepflegt. Also sieht Wieler schlechtere Karten für die Sauberkeit.
Doch die Frage der Hundehaufen war nur eine von vielen, die die Gäste im Zeltkarten zu hören bekamen – falls sie denn etwas hörten. Mit über 70 Besuchern nämlich war die Gaststätte bis auf den letzten Platz gefüllt – und weil es im Podium keine Mikrofone gab, war im hinteren Teil der Gaststätte oft nichts zu hören. Die SZ fasst die wichtigsten Ergebnisse zusammen:
Wieler: Innenstadt ist wichtig, Stadtviertel am Rand sind es auch
Die jahrelange Konzentration der Stadt auf die Belebung der Innenstadt war richtig, sagt Wieler: „Ohne eine Kernstadt ist eine Stadt nicht lebensfähig.“ Inzwischen entwickle sich die Innenstadt sehr positiv. Darüber hinaus seien aber auch Stadtteile ringsherum wichtig. Dort sieht die Stadt ebenfalls Entwicklungskerne. In Weinhübel ist das das Gebiet rund um die Jonas-Cohn-Straße, wo in den nächsten Jahren eine neue Grundschule gebaut werden soll.
Stadt erschließt keine neuen Einfamilienhausstandorte
Die Stadt will, dass in Weinhübel, aber auch in anderen Stadtteilen, neue Einfamilienhäuser gebaut werden können. Dadurch sollen junge Familien in Görlitz bleiben, anstatt ins Umland abzuwandern. Für den Hausbau genutzt werden sollen schon vorhandene Grundstücke. Erst voriges Jahr hat der Stadtrat einer Fläche an der Landheimstraße zugestimmt. Ganz neue Einfamilienhaussiedlungen, beispielsweise zwischen Weinhübel und dem Loenschen Gut, lehnt die Verwaltung dagegen ab. Überall Bauland auszuweisen, sei Selbstmord für eine Stadt, sagt Wieler: „Neue Siedlungen brauchen Straßen und die kosten Geld für den Unterhalt.“ Arne Myckert, Chef der Wohnungsbaugesellschaft WBG, sieht das ähnlich: „Wir dürfen keine neue Infrastruktur aufbauen, wenn wir die schon vorhandene kaum aufrechterhalten können.“
WBG nutzt Einnahmen aus Weinhübel auch für andere Projekte
Das Geld, das die WBG durch die Photovoltaikanlagen auf den Weinhübler Blöcken einnimmt, fließt in unterschiedliche Projekte der WBG, auch außerhalb von Weinhübel. Myckert wehrt sich aber gegen den Eindruck, dass die Mieten in den Häusern zu hoch seien: „Es gibt in Deutschland keine Stadt über 25 000 Einwohner, in denen die Mietpreise so günstig sind wie in Görlitz.“ Noch billiger geht nicht: Die Häuser und Modernisierungen müssten nun mal über die Miete gegenfinanziert werden.
Zukunft der Straßenbahn ist noch nicht geklärt
Jeder, der im Wahlkampf Klarheit und Sicherheit verspreche, sei ein Lügner, sagte Wieler in Bezug auf die Straßenbahn. Ohne Zuweisungen von Bund und Land sei Görlitz nicht lebensfähig. Immerhin: „In den nächsten Jahren sehe ich die Straßenbahn nicht gefährdet“, so Wieler. Gesichert sei sie aber auch nicht. Ein Problem sei der überalterte Fuhrpark: „Der muss irgendwann gewechselt werden.“ Wann und mit welchem Geld, sei offen – zumal die Verkehrsbetriebe nur noch zu 25 Prozent der Stadt gehören. In etwa anderthalb Jahren soll das Straßenbahnkonzept fertig sein.