Von Ingo Kramer
Auf den ersten Blick klingt das Angebot unglaublich: In Weinhübel ist ein denkmalgeschütztes Bahnhofsgebäude mit Anbau für ein Mindestgebot von 2 000 Euro zu haben. Unglaublich erscheint es vor allem, wenn man bedenkt, dass das dazugehörige Grundstück fast 7 000 Quadratmeter groß ist. Das entspricht einem Fußballfeld. Trotzdem steht dieses Mindestgebot in der Liste der Sächsischen Grundstücksauktionen AG. Morgen findet die Versteigerung im Dresdner Hygienemuseum statt.
Allerdings nennt die Katalogbeschreibung auch Nachteile: Ein teilweise undichtes Dach, Vandalismusschäden, einen „insgesamt stark sanierungsbedürftigen Zustand.“ Von Brandschäden hingegen ist nicht die Rede. Dabei ist vielen Görlitzern noch düster in Erinnerung, dass es am Weinhübler Bahnhof in den vergangenen Jahren mehrfach gebrannt hat. Betroffen war aber nicht das Haus, das jetzt versteigert wird, sondern das weitaus schönere Ziegelgebäude, das etwa 300 Meter weiter stadteinwärts ebenfalls direkt an der Bahnlinie steht. Dort hat es zweimal gebrannt, bei zwei weiteren Feuern waren Gartenhäuser betroffen. Das Ziegelgebäude war der eigentliche Weinhübler Bahnhof.
„Das, was jetzt versteigert wird, war hingegen ein Lager, das dank Rampe von beiden Seiten zugänglich war“, sagt ein Nachbar, der namentlich nicht genannt werden will. Er hat auch kein Interesse, das Lagerhaus bei der Auktion zu erstehen. „Es gibt viel zu viele Nachteile“, sagt er – und weist auf das Trinkwasserschutzgebiet hin, auf mögliche Altlasten, auf Leitungen im Boden, auf ein Wegerecht der Bahn – und auf mindestens 40 Garagen, die ebenfalls auf dem Grundstück stehen und verpachtet sind. Die Garagen werden auch im Katalog nicht verschwiegen. Allerdings steht in dem Text als Anmerkung zu den Garagen lediglich „Fremdeigentum“. Details werden nicht genannt. An einer anderen Stelle ist noch erwähnt, dass für Grund und Boden der Fremdgaragen eine Jahresnettomiete von 220 Euro zu erwarten ist. Hat der neue Eigentümer also das Mindestgebot nach neun Jahren wieder erwirtschaftet? „Nein“, sagt der Nachbar: „Erst einmal muss er das Gebäude sichern und das kostet auch wieder Geld.“ Insofern ist eher unsicher, ob sich bei der Versteigerung überhaupt ein Kaufinteressent findet.
Auktion am 22. Mai, ab 11 Uhr, im Deutschen Hygienemuseum, Lingnerplatz 1, Dresden