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Ein Bautzner in Amerika

Lars Hänsel knüpft in Washington professionell Kontakte und weiß, wie man Amerikaner neugierig macht.

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Von Gunnar Saft, zzt. Washington

In der amerikanischen Hauptstadt Washington gibt es nur ein Viertel, wo deutlich mehr europäische Fahnen wehen als das sonst in den USA überall stolz aufgepflanzte Sternenbanner. Das sind die Straßenzüge rund um die Massachusetts Avenue, wo viele Botschaften ihren Sitz haben und dort mindestens ebenso stolz ihre eigenen Flaggen präsentieren.

Im Fall von Griechenland sind es dann sogar auch schon mal zwei. Mittendrin hat der Bautzner Lars Hänsel sein Büro. Der 46-Jährige leitet seit 2011 die Washingtoner Dependance der Konrad-Adenauer-Stiftung und gehört damit zu den professionellen Strippenziehern, ohne deren Hilfe und Hinweise sich ausländische Besucher im politischen Netzwerk Washington schnell verheddern.

Der studierte Theologe und Israel-Experte Hänsel versucht die häufigsten Fehler zu erklären, wenn Türen geschlossen bleiben, die sich eigentlich öffnen sollen. Für schnöde Statistik oder trocken vorgetragene Erklärungen – zumal von Ausländern, die aus so eigenartigen europäischen Regionen wie „Säxen“ kommen – will in den USA kaum ein gestresster Politiker oder Lobbyist etwas wissen.

Dafür haben die Amerikaner ihre eigenen Probleme und vor allem ihre eigenen Interessen, um die sie sich viel lieber kümmern. Lars Hänsel weiß aber, wie man trotzdem Gehör finden kann: „Tell a story!“ Erzähl’ eine interessante Geschichte. Darauf stehen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten fast alle – und hören dann auch genauer hin.

Die sächsische Wirtschaftsdelegation, die zurzeit mit Ministerpräsident Stanislaw Tillich vor Ort Klinken putzt, um die Aufmerksamkeit auf sich und damit auf den Standort Sachsen zu lenken, macht aus seiner Sicht nicht nur alles richtig, sondern hat geradezu eine „genial gute Idee“. Dass man die Sächsische Staatskapelle vorschickt und wichtige Multiplikatoren nicht nur zu Gesprächen sondern vor allem zum Genusserlebnis Konzert einlädt, sei eine Sache, „mit der die Amerikaner sofort etwas anfangen können“. Lars Hänsel ist begeistert.

Sachsen nutze geschickt einen Vorteil, den andere Länder – vornehmlich die asiatische Konkurrenz aus heiß umkämpften Hightech-Branchen – so nicht haben. „Die Story mit der Staatskapelle kommt hier an. Das hat richtig Potenzial“, lobt er. Manches andere deutsche Bundesland mit gleichen Möglichkeiten täte sich da viel schwerer, meint er. Die Namen behält er allerdings diplomatisch für sich.

Schwer zu begeistern

Hänsel gefallen solche Ideen. Bevor er seinen Job in Washington antrat, hatten ihn erfahrene Kollegen der Konrad-Adenauer-Stiftung gewarnt. Amerikaner, so hieß es, seien schwer zu begeistern. Ohne Begeisterung wiederum ginge aber wenig. Dann könne man hier niemals Deutschland und dessen Ansichten so richtig erklären.

Der Bautzner, der heute in den Staaten arbeitet, erinnert sich deshalb auch gern an etliche Besuche des früheren sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf in Washington. Dessen Ansichten zum Euro und der derzeitigen Finanzkrise seien vor Ort sehr gefragt. Vor allem wichtige Multiplikatoren in der amerikanischen Politik ließen sich so besser erreichen. Und ohne gute Beziehungen, das sei genauso wie in der deutschen Politik, lasse sich nun einmal wenig erreichen.

Zu Hause ist Lars Hänsel, der mit seiner Familie in den USA lebt, leider nur noch selten. Zwei- bis dreimal im Jahr fliegt er über den großen Teich, um die Eltern in Bautzen zu besuchen. Sorbe sei er aber nicht, antwortet er auf die fällige Nachfrage. Das hätte in den USA aber auch einen Vorteil, er müsse hier erst gar nicht versuchen zu erklären, was ein sächsischer Sorbe aus Deutschland ist.

Die Amerikaner, so erzählt Hänsel lachend, täten sich mit den Traditionen seines Heimatlandes ohnehin schwer. Das bekam der sächsische Strippenzieher zuletzt zu spüren, als er beim Weihnachtsurlaub auf dem Dresdner Striezelmarkt zwei Pyramiden aus dem Erzgebirge erstand und mit zurück nach Washington nehmen wollte. Der US-Zoll-Beamte war bei der Einreise äußerst skeptisch, was man mit einem solchen Mitbringsel anstellen soll. Lars Hänsel erklärte es lang und breit, bis der Beamte grinste und ihn samt Pyramiden durchwinkte. Offenbar sind auch eigenartige Holzgestelle mit kleinen Figuren, die sich um eine Achse drehen, eine gute Story.