Von Katrin Kleeberg
31 ist er und leitet seit Oktober 2002 die Juniorprofessur für Europäische Wirtschaft an der Technischen Universität Chemnitz: Dr. Dirk Rübbelke. Eine Traumkarriere für den gebürtigen Westfalen? „Eigentlich schon“, sagt der junge Mann, der in T-Shirt und Jeans so gar nicht wie ein Professor aussieht und von seinen Studenten geduzt wird. „Ich kann selbstständig arbeiten – das ist etwas ganz anderes als die Assistentenstelle, die ich vorher hatte“, beschreibt Rübbelke den wesentlichsten Vorteil seines neuen Jobs. Allerdings lauern auch hier die Tücken im Detail – denn was die Professur mit sich bringt, merkt der gerade erst selbst den Studentenschuhen entwachsene junge Mann erst nach und nach: „Ich muss mich natürlich der Lehre widmen, Forschung betreiben, Drittmittel beantragen und wenn möglich auch noch einwerben, Symposien und Fachveranstaltungen organisieren und und und ...“
Nach wie vor
Bezahlung als Assistent
Das wäre auch alles gar nicht so schlimm, wäre da nicht dieser rechtliche Schwebezustand, in dem sich Rübbelke und Kollegen derzeit befinden. Denn offiziell sind die Nachwuchswissenschaftler noch gar keine Professoren – dazu müsste zunächst das Sächsische Hochschulgesetz geändert werden. In der Praxis sieht das dann so aus, dass die „Juniorprofessoren“ zwar eine Professur innehaben, aber nach wie vor für ihren Assistentenjob bezahlt werden und auch in der Mittelzuweisung so behandelt werden. Im Klartext heißt das für Rübbelke, dass er ohne Mitarbeiter auskommen muss. „Die Fakultät hilft mit studentischen Hilfskräften aus, aber ob das für die Dauer reicht?“, sagt Rübbelke skeptisch.
Skeptisch vor allem auch, was seine berufliche Zukunft betrifft. Denn der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung kreierte Entwicklungsweg der „Juniorprofessur“ sieht auch vor, diese als Regeleinstellungsvoraussetzung für Professorenstellen einzuführen und damit die Habilitation ab 2010 faktisch abzuschaffen. Sechs Jahre sollen die Nachwuchswissenschaftler in ihrer Juniorprofessur Zeit haben, sich als künftiger Professor zu empfehlen. „Was wird, wenn mir in dieser Zeit nicht genügend Raum für die geforderten Forschungsleistungen bleibt oder die Professur aus irgendeinem Grund scheitert, ist nicht geregelt“, bemängelt Rübbelke.
Das sieht das Land Sachsen genauso und hat gemeinsam mit Thüringen und Bayern beim Bundesverfassungsgericht einen Normenkontrollantrag gegen die fünfte Novelle des Hochschulrahmengesetzes gestellt. Ziel: Erhalt der Habilitationsschrift als Nachweis besonderer wissenschaftlicher Leistungen als Grundlage für die Übertragung des Professorenamtes zumindest in den geisteswissenschaftlichen Fächern.
Trotz dieser vielen noch bestehenden Unklarheiten rund um die Juniorprofessur kniet sich Rübbelke, dessen Promotion 2002 mit dem Universitätspreis ausgezeichnet wurde, mit Eifer in seine neue Aufgabe – und die Studenten freut es. Ihr Angebot an Lehrveranstaltungen ist durch die Juniorprofessuren an der TU Chemnitz vielfältiger geworden. Denn alle acht Nachwuchsprofessoren tummeln sich auf Experimentierfeldern, die fast alle etwas mit dem immer weiter zusammenwachsenden Europa zu tun haben. Neben Rübbelkes Europäischer Wirtschaft sind das Themenbereiche wie Europäisches Management, Interkulturelles Training oder Europäische Regionalgeschichte mit besonderer Berücksichtigung des böhmisch-sächsischen Grenzraumes. Und die jungen „Profs“, von denen Rübbelke einer der jüngsten ist, stellen da allerhand auf die Füße: englischsprachige Veranstaltungen zum Beispiel oder Seminare zu auf den ersten Blick völlig abwegig erscheinenden Themen wie etwa „Ökonomie der Kunst“. „Wir können auch sehr schnell Lehrveranstaltungen zu klassischen Themen mit aktuellen Bezügen anreichern und so die Praxisbezogenheit des Studiums fördern“, sagt Rübbelke begeistert von den Möglichkeiten seiner Arbeit. „Die Hochschulleitung ist da für unsere Ideen sehr offen, und die Studenten danken es mit gut besuchten Veranstaltungen.“
Lehre und Forschung in
Warschau und Jerusalem
Für das Abenteuer „Juniorprofessor“ hat der studierte Volkswirtschaftler ein Angebot aus Regensburg abgelehnt. Doch eingefahrene Gleise waren noch nie sein Ding – er studierte in Berlin und promovierte in Chemnitz, hat an der IHK in Bolivien gearbeitet, ist einem Lehrauftrag der Higher School of Commerce and International Finance in Warschau nachgekommen, war zu einem Forschungsaufenthalt an der Hebräischen Universität in Jerusalem, und Lehr- und Forschungsaufenthalte in Budapest und Bilbao warten schon auf Rübbelke – den Chemnitzer Juniorprofessor. „Na ja, ein wenig wahnsinnig muss man vielleicht schon sein, wenn man so umtriebig ist wie ich“, lacht er und stürzt sich wieder in die Vorbereitung seines für den 5. Mai in Chemnitz geplanten Klimasymposiums „Europa und Umwelt“.
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