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Ein Blauer Brief mit Format

Hoyerswerda. Ein Einwohner der Stadt mit Schweizer Pass kann sich nicht am Volksentscheid seines Landes beteiligen, da die Deutsche Post seine Briefe nicht befördert.

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Von Uwe Jordan

Wer freut sich schon, wenn er einen Blauen Brief bekommt? Keiner! Nur ein SZ-Leser aus Hoyerswerda, der einen Schweizer Pass besitzt und daher öfter von den Behörden dieses Landes angeschrieben wird. Mit der höflichen Bitte, er möge doch mittun bei der weiteren Ausgestaltung der Eidgenossenschaft. Denn die kennt, anders als wir, viel mehr „plebiszitäre Elemente“. Was kein Schimpfwort ist, sondern: Basisdemokratie. Viele Gesetzesänderungen werden von einem Volksentscheid abhängig gemacht. Und so wurde besagter Leser jüngst gebeten, er möge sich zu einer geplanten Änderung des Schweizer Hochschulgesetzes äußern. Das Formular lag bei. Auch der Rückumschlag. Blau! Der Hoyerswerda-Schweizer erfüllte seine staatsbürgerliche Pflicht. Der Brief ward danach freigemacht und somit auf den Weg gebracht. Von der Postfiliale am Lausitzer Platz zu Hoyerswerda aus.

Kurz darauf bekam der Mann wieder einen Blauen Brief. Der allerdings freute ihn nicht mehr: Es war derselbe. Returniert statt transportiert, weil fehlfrankiert. Die Nachfrage ergab: Statt 1,45 müssten 1,90 Euro drauf! Na gut. Demokratie ist nicht umsonst zu haben! Neue Marken, neuer Versuch – altes Ergebnis! Wieder kam das Schreiben zurück: Schuld war nun das undeutsche Format des Briefes. Das könne die Deutsche Post überhaupt nicht (welch doppeldeutiges Wort!) befördern , so!

Eine patriotische Tat der Deutschen Post? Denn nehmen wir mal an, auch kraft der Meinungsäußerung des SZ-Lesers wäre das Schweizer Schulsystem so verbessert worden, dass das deutsche noch mehr in Pisa-Schieflage geraten wäre – das kann doch kein Deutscher wirklich wollen! Oder sollte gar den Hiesigen die Lust auf ewige und ausufernde Volksentscheide genommen werden, diese schrecklichste Geißel der parlamentarischen (!) Demokratie?

Nun, all diese Fragen kann ich nicht beantworten. Nur eine Gewissheit verkünden: Die Deutsche Post, der selbst ernannte Global Player , hat nicht einmal – Schweizer Format. Schade.