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Ein Blick in die Zukunft

Gesundheit. In einerZittauer Apotheke arbeitet seit Oktober ein fertig ausgebildeter Apotheker aus Liberec. Als Praktikant und auf ein Jahr befristet.

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Von Sebastian Beutler

Er trägt einen weißen Kittel, zwei Stifte der Herz-Apotheke schmücken die Brusttasche – äußerlich ist dem jungen Mann hinter dem Verkaufstisch in der Zittauer Apotheke auf der Bahnhofstraße keine Besonderheit anzumerken. Und doch ist es außergewöhnlich, dass er seit Oktober in der Firma von Ralf Krowke mitarbeitet.

Abgeschotteter Arbeitsmarkt

Der junge Mann heißt Aleš Marecek, ist 26 Jahre alt, kommt aus Liberec, hat den tschechischen Studienabschluss als Apotheker in der Tasche, studierte ein Semester an der Bonner Universität, spricht von daher gut deutsch und lernt gegenwärtig das deutsche Apothekenwesen kennen. „Hier ist man 15 bis 20 Jahre weiter als bei uns zu Hause“, berichtet Marecek, dessen Vater in Liberec ebenso eine Apotheke führt. „Alles Neue, was bei uns jetzt oder künftig eingeführt wird, kann man hier schon lernen. Das ist wie ein Blick in die Zukunft.“

Offiziell nennt sich der Einsatz „Praktikum eines Kandidaten der Pharmazie“ und ist zunächst auf ein Jahrbefristet. Denn so ohne Weiteres dürfen tschechische und polnische Apotheker nicht in Deutschland arbeiten. So ist der deutsche Arbeitsmarkt praktisch sieben Jahre lang vor ihnen abgeschottet. Außerdem, so erläutert Dr. Martina Schneider, müssen erst die tschechischen und polnischen Abschlüsse in der EU anerkannt werden. Frau Schneider ist Sachgebietsleiterin im Regierungspräsidium Leipzig, dem die Aufsicht über die sächsischen Apotheken obliegt. Ob ein polnischer oder tschechischer Apotheker in Sachsen arbeiten darf, entscheiden die Regierungspräsidien für ihre jeweiligen Gebiete. Und so hatte Ralf Krowke auch einigen Aufwand und musste Widerstände überwinden, um dem jungen tschechischen Kollegen das Praktikum zu ermöglichen. Nicht nur die Standesorganisation, sondern auch die Landesarbeitsagentur mussten zustimmen. Die Agentur tat sich damit leichter, als klar war, dass Marecek keinem Deutschen den Arbeitsplatz wegnimmt, sondern Krowke zu den 17 in seiner Zittauer Apotheke einen weiteren schuf. Krowke sähe es gern, wenn Marecek am Ende des einjährigen Praktikums auch einen deutschen Apotheker-Abschluss macht. „Er ist sehr interessiert, wissenschaftlich gut gebildet“, schätzt Krowke nach den ersten Monaten ein, „und ist wirklich ein guter Mann.“

Zusammenarbeit stärken

Doch dem Zittauer Apotheker geht es um mehr: Er will nach dem EU-Beitritt eine neue Normalität im grenzüberschreitenden Austausch erreichen. „Ich will etwas dafür tun, dass die Zusammenarbeit in der Region, zwischen den Kulturkreisen wieder wächst und so eng wird wie sie in vergangenen Zeiten schon einmal war“, beschreibt Krowke, der auch im Zittauer Stadtrat sitzt, sein hehres Ziel.

Bislang sind die Reaktionen aus seiner Kundschaft auf den jungen Mann aus Liberec vorwiegend positiv. Gleichwohl gibt es sogar unter Krowkes Dauerkunden einige, die sich hinter vorgehaltener Hand über den Ausländer hinter der Verkaufstheke mokieren. Doch Krowke hält an seiner Absicht fest und wird nicht nachgeben. Doch er weiß auch: „Es wird nur auf Dauer funktionieren, wenn breite Schichten in der Bevölkerung das unterstützen.“