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Ein Doppelkopf aus Sandstein gehauen

Skulptur. In Sachsen treffen sich Bildhauer aus ganz Europa zum gemeinsamen Arbeiten. Fünf von ihnen werkeln im Elbland.

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Von Christina Wittich

Max muss nur sein Bein anwinkeln, dann kann er sich erleichtern. Auf seinem Appenhof hat der Hund Lieblingsecken, wo das besonders gut funktioniert. Hin und wieder probiert Max gern aber auch etwas Neues aus. Sandstein zum Beispiel. Wie einladend weißgelb der da in der Sonne steht. Herrlich.

Beáta aus Ungarn rennt lachend, schreiend und gestikulierend über den Rasen. Sie brüllt Max an, denn Max hat schon wieder gegen ihre Skulptur gepinkelt. „Er hat schon wieder pschpsch“, sagt sie der Besitzerin des Hundes, Beate von Appen, und führt vor, was sie meint. „Max mag Beáta“, sagt Frau von Appen. „Da kann man wohl wenig machen.“

Gemeinsam mit zwei Landsmännern, ebenfalls Bildhauer, wohnt die 27-jährige Ungarin seit etwa einer Woche auf dem Appenhof bei Rothschöna. In Riesaer Glashof haben sich Robert Schmidt-Matt aus Berlin und der Dresdner Kai Robert Kluge eingerichtet. Es sind insgesamt 30 Bildhauer aus ganz Europa, die am ersten europäischen Kunstsymposium in Sachsen teilnehmen. Bis zum 29. Juni leben und arbeiten die Bildhauer in einem von 15 sächsischen Künstlerhäusern.

„Network-Art und Landschaft“ ist das Motto der Veranstaltung. Ihr Ziel ist es, Skulpturenwanderwege für die beiden Orte zu erstellen. 20 der im Symposium entstandenen Figuren werden in Frauenstein, zehn in Mutzschen ihren Platz finden. Am 30. Juni beenden die Künstler ihre Arbeiten dann dort, wo die Skulpturen aufgestellt werden sollen.

Widersprüche eingemeißelt

Beáta wird vor dem Standesamt von Frauenstein stehen und einen letzten Feinschliff an ihrem Stein vornehmen. Bis dahin hat sie den Sandstein wahrscheinlich in zwei einander abgewandte Köpfe verwandelt. Auf der einen Seite schaut fragend ein Mann, auf der anderen erstaunt eine Frau. „Es stellt den Heiratsantrag dar, den mein Freund mir gemacht hat“, erklärt die junge Frau. Getrennt und verbunden sind die Köpfe durch eine Grenze. Der Freund wohnt in Serbien, sie selbst in Ungarn, erklärt die 27-Jährige.

Die Arbeiten ihrer beiden ungarischen Kollegen sind weniger leicht zu verstehen. Es sieht aus wie ein Schiff oder eine Maske, was Johann Ruppert in der sengenden Sonne aus seinem fast zwei Tonnen schweren Sandstein geschlagen hat. Benedek Józef lässt sich sein Material in märchenhaften Formen verdrehen. Inspiriert habe ihn das Märchen von einem Pferd mit magischen Kräften. Sein Kollege bleibt in der Realität: „Ich stelle die Widersprüche im Menschen dar“, sagt er, „indem ich versuche, die verschiedenen Kräfte zu verdeutlichen, die im Stein und auch im Leben in verschiedene Richtungen wirken.“

Ein zweites Symposium ist bereits in Planung. In zwei Jahren soll ein ähnliches Künstlertreffen wieder in Sachsen stattfinden. „In der Zusammenarbeit mit den anderen Kollegen sammelt man Anregungen, knüpft Kontakte, tauscht sich aus“, sagt der Berliner Bildhauer Robert Schmidt-Matt, „man bekommt die Möglichkeit, mit gutem Material zu arbeiten, es gibt Honorar und einen Katalog.“ Und in Sachsen sei er nun endlich auch einmal gewesen.