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Ein Dorf ist Baustelle

Colmnitz ist lahm gelegt. Die Anwohner tragen die Arbeiten am Kanalsystem und den Straßen mit Fassung.

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Von Susanne Plecher

Die Gartenstraße in Colmnitz sieht aus wie eine zerfurchte Mondlandschaft. Stünden links und rechts nicht Rosen, Rittersporn und Bartnelken in schönster Blüte, gäbe es derzeit wenig, was den idyllischen Namen rechtfertigt. Bagger graben sich tief ins Erdreich. Vakuumpumpen drücken das Grundwasser unter seinen regulären Spiegel. Baufahrzeuge transportieren alten Asphalt ab, Sand und Betonteile an.

Colmnitz ist eine einzige Baustelle (li.). Die Stadt, der Landkreis und der AZV erneuern hier die Kanäle und Kläranlagen. Auch die Teiche sollen saniert werden. Uli Franke von der Firma Weberbau nivelliert an der Kabelzuführung für die neue Kläranlage (re
Colmnitz ist eine einzige Baustelle (li.). Die Stadt, der Landkreis und der AZV erneuern hier die Kanäle und Kläranlagen. Auch die Teiche sollen saniert werden. Uli Franke von der Firma Weberbau nivelliert an der Kabelzuführung für die neue Kläranlage (re

Colmnitz bekommt ein Abwassersystem mit drei Kläranlagen, seine Teiche und Hochwasserschutzeinrichtungen werden saniert. Weil die Abwasser- und Regenwasserkanäle unter den Straßen des Ortes verlegt sind, ist das nicht ohne Lärm, Dreck und Einschränkungen zu haben. Jede einzelne der dörflichen Straßen wird komplett aufgebaggert. Und sie werden im gleichen Zug selbst erneuert. Offiziell aber ist das „keine Straßenbau-, sondern eine Kanalbaumaßnahme“, wie Kai Czyszke vom Stadtbauamt erläutert. Zwei Jahre und 1,3 Millionen Euro allein aus dem Stadtsäckel sind für die umfangreichen Arbeiten vorgesehen. Ein Teil des Großenhainer Ortsteils ist in dieser Zeit immer gesperrt.

Doch die Colmnitzer tragen das offenbar mit stoischem Gleichmut. Genau an der Grenze der Bauabschnitte eins und zwei wohnt Uwe Uhlig. Das Stück Gartenstraße vor seinem Grundstück ist das Letzte, das im ersten Bauabschnitt nicht aufgegraben wurde. Und es ist das Erste, dass beim zweiten Abschnitt fällig ist. Gleich gegenüber liegt der Ostteich. Der wird im dritten Bauabschnitt, voraussichtlich im Sommer nächsten Jahres, erneuert. Für Uwe Uhlig bedeutet das: Dreifachbelastung. „Ich habe während der ganzen Bauzeit die Baustelle genau vor meiner Nase“, sagt er. Im nächsten Sommer hat er sie sogar direkt im Garten. Denn der Teich bekommt einen neuen Ableiter, und die Rohre, die das Gewässer mit dem Vorfluter verbinden sollen und das Wasser schließlich in den Versickerungsgraben leiten, müssen in seinem Grundstück verlegt werden.

Noch wachsen da Ziersträucher und Buschbohnen. Eines Morgens, so Uhlig, hätten Bauarbeiter mitten in der Pracht gestanden und wollten Vermessungspunkte setzen. Er hat sie auf 2014 vertrösten und den Garten für diese Saison retten können. „Man kann mit ihnen reden. Und die Arbeiten sind nötig, ich habe gar nichts dagegen. Den Stress hat man nur einmal im Leben“, nimmt der Schichtarbeiter das Baugeschehen locker. Allerdings wünscht er sich, dass die Stadt die Colmnitzer besser informiert, Handzettel austeilt oder anruft. An zwei der vier Infoveranstaltungen, die vor dem Baubeginn Mitte April stattgefunden haben, hat er teilgenommen. Aber über den aktuellen Stand weiß er offiziell nichts.

Nebenan, dort, wo man mit dem Auto noch hinkommt, wird Heizöl geliefert. „Die Situation hatten wir heute auch schon weiter hinten auf der Baustelle“, sagt Gunter Dietze. Er ist Polier bei der Firma Weberbau, die im Auftrag der Stadt den Tief- und Kanalbau übernommen hat. Elf Tiefbauer und Steinsetzer treiben die Arbeiten montags bis samstags voran. Sie sind im Zeitplan, obwohl sie manchmal auch Aufgaben übernehmen, die mit ihrem Kerngeschäft nichts zu tun haben. Baufahrzeuge zur Seite fahren, um Platz zu machen für den Tanklaster zum Beispiel. Oder Mülltonnen von den Grundstücken zu zentralen Leerungspunkten karren. Oder Schwellen an Hofausfahrten kurzfristig auffüllen, damit Anwohner mit ihren Autos nicht aufsetzen. Uhligs Nachbarn, Karl-Heinz Albrecht, wurde so geholfen. Er ist voll des Lobes. „Sie sind immer da. Ich habe noch nicht erlebt, dass in der Arbeitszeit nicht gebaut wurde“, sagt er. Die ersten Ergebnisse können sich nach zweieinhalb Monaten durchaus sehen lassen: Die Ortsdurchfahrt der Kreisstraße ist im ersten Bauabschnitt fast fertig, die Rohre für Regen- und Schmutzwasser sind verlegt, Borde sind teils gesetzt. Im Mai sind die drei Kläranlagen eingesetzt und die Zuleitungskanäle gebaut worden. „Nächste Woche kommt die Asphalttragschicht drauf, dann können die Leute wieder auf ihre Grundstücke fahren“, so Polier Dietze.