Von Carina Brestrich
Der helle mit den orangefarbenen Streifen, oder doch eher der Gräuliche mit den Sprenkeln? Der Dresdner Steinmetz Sven Schubert hat die Qual der Wahl. Welcher Steinblock ist wohl der richtige? Das war die große Frage bei seinem Besuch in der Lohmener Mühlleite. Dort hat er den Sandstein für einen besonderen Auftrag ausgesucht: Sven Schubert fertigt die Preisskulpturen für den renommierten Europäischen Kulturpreis. Dieser wird am 2. Oktober in der Frauenkirche verliehen.
Von der Europäischen Kulturstiftung „Pro Europa“ für ihr Engagement geehrt werden dieses Jahr unter anderen Tenor Jonas Kaufmann, Geiger Daniel Hope, Schauspielerin Katrin Sass, Schauspieler Manfred Krug und der frühere VW-Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piëch. Sie alle werden Sven Schuberts Kunst in den Händen halten. Der hat die Skulpturen aus Bronze und Stein entworfen, lässt den einen Teil gießen und haut die Sockelteile passend dazu aus einem 40 Kilogramm schweren Brocken Sandstein zurecht.
Trümmerstück der Frauenkirche
Die Kulturstiftung will mit dem Materialmix das besondere Motto aufgreifen, unter dem ihr Preis in diesem Jahr vergeben wird. Anlässlich des 25. Jahrestages der Deutschen Einheit lautet dies „Was uns eint“. „Die Frauenkirche ist ein Symbol für die Deutsche Einheit. Und die ist bekanntlich aus Sandstein“, erklärt Annett Reeders, Geschäftsführerin der Kulturstiftung.
Ihr langjähriger Bekannter Sven Schubert war von der Idee sofort begeistert. Der Steinmetz ist ein gefragter Handwerker und Künstler, der in seiner Firma mittlerweile zwischen 15 und 20 Mitarbeiter beschäftigt. So hat sein Betrieb bereits an der Restaurierung der Frauenkirche, der Brühlschen Terrasse und des Zwingers sowie am Schweriner Schloss mitgewirkt. Derzeit ist er am Wiederaufbau des Berliner Schlosses beteiligt. Der Auftrag, die Preisskulptur für den Europäischen Kulturpreis zu entwerfen, war für Schubert jedoch nicht weniger bedeutsam, wie er sagt. Aus den Sächsischen Sandsteinwerken, wo Schubert sein Material geordert hat, kam übrigens auch der Stein für den Wiederaufbau der Frauenkirche. „Für den Sockel des Kulturpreises soll er allerdings nicht zu stark gemustert sein und auch nicht zu viele Eisenpunkte haben“, nennt der Steinmetz die Kriterien.
Die ersten Entwürfe der Preis-Skulptur skizzierte Sven Schubert vor zwei Jahren. „In meiner Küche habe ich das Modell gefertigt“, erinnert sich der 50-Jährige. Herausgekommen ist eine bronzene Plastik, die in der Dresdner Kunstgießerei Ihle gegossen wird und Europa und den Stier zeigt. Die beiden Gestalten sind gemäß der griechischen Mythologie für die Entstehung des Kontinents verantwortlich. Iris Berben, Karl Lagerfeld und Armin Müller-Stahl etwa haben sie bereits zu Hause stehen – allerdings mit einem Sockel aus grünem Marmor. Der wurde bislang für die Skulptur verwendet.
Eine der insgesamt elf Skulpturen wird am 2. Oktober aus der Reihe tanzen. Und zwar die für den Trompeter Ludwig Güttler. Er nimmt den Preis für den „Ruf aus Dresden“ entgegen, mit dem sich einst die „Bürgerinitiative für den Wiederaufbau der Frauenkirche“ mit der Bitte um Spenden an die Welt wandte: Güttlers Europa-Figur wird auf einem Sockel aus einem originalen Trümmerstück der Dresdner Frauenkirche ruhen.
Die Verleihung des Europäischen Kulturpreises wird am 2. Oktober, ab 20.15 Uhr, im MDR Fernsehen übertragen. Mehr dazu unter www.europaeischer-kulturpreis.de