Ein Dresdner rast jetzt gegen Vettel

Die Inszenierung passt schon mal. Der Rennwagen ist unter einer schwarzen Stoffhaube versteckt, Kugelstoß-Weltmeisterin Christina Schwanitz, Kanu-Olympiasieger Tom Liebscher und Wassersprung-Europameisterin Tina Punzel zupfen – dramaturgisch passend – zum Schluss daran, geben erst dann den Blick frei auf den 600 PS starken Audi. Es wird applaudiert, als gäbe es ein Meisterwerk zu bestaunen. So ähnlich machen sie das auch in der Formel 1, nur drei Nummern größer.
Für Dresden ist aber auch diese Präsentation in einem Autohaus schon eine große Nummer, sogar für den ganzen Osten der Republik. Dort hat es der Motorsport auch 30 Jahre nach der Wende noch immer schwer. Zwar gibt es mit dem Lausitzring, dem Sachsenring und der Motorsportarena Oschersleben drei moderne Rennstrecken, Teams aber, die sich in den hochkarätigen Serien engagieren, kommen weiterhin nahezu alle aus den alten Bundesländern. Bei den Fahrern ist es ähnlich.
Eine Neugründung in Dresden lässt deshalb aufhorchen. Im November vergangenen Jahres riefen fünf Unternehmer das Team T3 ins Leben. In einer Woche starten sie in Oschersleben in die Saison der ADAC GT Masters. Die Serie ist eine Art kleine Schwester der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft (DTM), wobei klein relativ ist. Im Starterfeld tauchen prominente Namen auf wie der von Fabian Vettel. Der elf Jahre jüngere Bruder des viermaligen Formel-1-Weltmeisters Sebastian Vettel feiert ebenfalls sein Debüt in dieser Serie. „Sebastian freut sich für mich. Er hat mir geraten: Wenn du diese Chance bekommst, pack sie und gib alles“, erklärte der 20-Jährige nach den ersten Tests.
Momentan nur ein Wagen - der aber ist teuer
Klein ist auch das Budget nicht, das man braucht, um einigermaßen konkurrenzfähig zu sein. „Unser Etat liegt bei einer halben Million Euro“, verrät Stefan Jugel, Geschäftsführer von T3 und einer der fünf Gründungsväter. Allerdings reichen die 500.000 Euro nur für ein Auto. Die Konkurrenz stellt meist zwei bis drei Boliden an die Startlinie. „Wir müssen da erst reinwachsen“, sagt Jugel.
Für einen Neuling wie das Dresdner Team kommen weitere Investitionen hinzu. Allein der Truck, der an den sieben Rennwochenenden von Rennstrecke zu Rennstrecke fährt, kostete eine sechsstellige Summe. Auch der Boxenstand mit den Flachbildschirmen, auf denen die Live-Daten des Autos übertragen werden, musste angeschafft werden.
Das sind Beträge, die sich in den neuen Bundesländern nur schwer durch Sponsoren refinanzieren lassen. Eine Ausnahme bildet Münnich Motorsport aus Neusalza-Spremberg bei Löbau. Der Fahrer und Teamchef René Münnich war mit seinen Tourenwagen bis 2017 in der WM unterwegs, ist es seit 2018 im daraus hervorgegangenen Weltcup und führt nach dem ersten Lauf in Marrakesch die Wertung an. Er kann sich das kostspielige Hobby leisten. Münnich ist Gründer und Inhaber der Internetfirma All-Inkl.Com, die seit dieser Saison auch auf den Trikots des Fußball-Zweitligisten SG Dynamo Dresden wirbt.
Weitere Sponsoren erwünscht
Jugel, hauptberuflich Vorstandschef der Valmiera Glasfaser AG, freut sich „über die Sponsoren, die wir gefunden haben. Wir suchen aber noch weitere, vor allem in der Region.“ Dass dies schwierig ist, kann man heraushören. Bei der Finanzierung der Premieren-Saison müssen deshalb die fünf Gesellschafter mithelfen. „Wir haben alle eingezahlt“, sagt Jugel. Und auch die Fahrer „müssen einen Eigenanteil mitbringen“, wie es der 47-Jährige formuliert. Das ist in der Branche und selbst bei den kleineren Rennställen der Formel 1 üblich.
Bei den Dresdnern soll es aber bald anders sein. „Es ist nicht nur unser mittelfristiges Ziel, sondern auch unsere Philosophie, die Cockpits kostenfrei anzubieten“, erklärt Jugel. Sein Team möchte den Nachwuchs fördern und setzt ganz bewusst auf die Jugend – wie auf den erst 19-jährigen Dresdner Maximilian Paul, der den Audi R8 GT3 Evo steuern wird. „Es gibt viele Talente in Sachsen. Wir möchten ihnen eine Perspektive bieten, damit sie später mal als Werksfahrer oder Testpiloten arbeiten können“, erläutert Jugel, der früher auf dem Motorrad sportlich unterwegs war, aber „eher hobbymäßig“.
Die erste Saison wird eine zum Lernen sein. Alles ist neu, nicht nur das Team und das Auto. Der Sender Sport 1 überträgt die Rennen. Auch an diese mediale Präsenz muss man sich als 19-Jähriger erst einmal gewöhnen. „Wir geben keine Platzierungen vor, wollen keinen Druck machen“, sagt Jugel. „Er soll viele Erfahrungen sammeln. Wir brauchen einen langen Atem.“ Das gilt auch für die Finanzierung.