Von Christine Marakanow
Mannshohe, schmutziggelbe Pflanzen wuchern auf den Brachen zwischen dem Bahndamm an der B99 und dem Weg nach Deutsch Ossig, in Richtung Berzdorfer See. Links des Weges rücken fünf Männer und Frauen abgestorbenen Goldruten mit Motorsensen zu Leibe. Unnormal. Um diese Zeit wird doch nicht mehr gemäht. Und wieso Goldruten? Wer kann etwas gegen die herrlich blühenden Pflanzen haben, die mancher Kleingärtner auf seinem Pachtland hegt?
Seit Sommer viel geschafft
Frank Alber, Chef des Reichenbacher Landschaftspflegeverbandes Oberlausitz e.V., findet die Goldrute auch nicht hässlich. Aber sie gehöre zu den pflanzlichen Einwanderern, die nicht nur die heimischen Arten verdrängen und manchen Tieren die Lebensgrundlage entziehen. „Sie zerstören das Ökosystem, deshalb bekämpfen wir sie ebenso wie beispielsweise den Riesenbärenklau. Der macht sich inzwischen auch hier breit und kann bei der Berührung im Sonnenlicht zu schlimmen Hautverletzungen führen.“ Ein Greifvogel stürzt sich auf die Wiese, hat offenbar ein Mäuschen erwischt. Die Maus zu fangen wäre viel schwerer für den Habicht, wenn die Goldrute hier noch stehen würde, erklärt Frank Alber. „Denn in dem Gestrüpp können sich die Mäuse gut verstecken.“
Der Verbandsvorsitzende und seine Mitstreiterin Katrin Appolt fahren die B99 ab bis in Höhe des Aussichtspunktes Berzdorfer See und zeigen auf die Grünflächen. Von den Goldrutenstrünken ist hier nicht mehr viel zu sehen. Dafür haben die 40 Männer und Frauen, die von Juli bis September hier gearbeitet haben, gesorgt. Nur an einer Stelle haben sich in der vergangenen Woche noch Ein-Euro-Jobber zu schaffen gemacht. „Stehengelassen haben wir unter anderem Hagebutten, Kletten und Beifuß“, sagt Frank Alber. Diesen Pflanzen wolle man im Frühjahr einen besseren Start verschaffen. Nur wenn man das Wachstum der Neophyten laufend störe, könne man der Plage Herr werden. „Bis Januar werden wir noch zu tun haben“, schätzt der Verbandsvorsitzende ein. An Tagen wie gestern wünschen sich die Ein-Euro-Jobber weit weg. Kälte und Nässe macht ihnen zu schaffen. Da vertreiben sie sich die Zeit im Bauwagen oder arbeiten kürzer und holen später nach, was geplant war.
In diesem Jahr haben die Ein-Euro-Jobber erst im Sommer die Sense ansetzen können. „Sehr spät“, sagt Alber. Aber die Arbeitsgemeinschaft Görlitz der Arbeitsagentur (Arge) habe die Umweltschutzmaßnahmen nicht früher bewilligen können. Ohne die Arge würde jedoch nichts gehen.
Was der Reichenbacher Landschaftspflegeverband macht, kostet Geld und bringt nichts ein. Noch nicht. Dabei könnte man die Pflanzen verwerten. Der Verband hatte Hoffnung in eine Olbersdorfer Firma gesetzt, die, so Alber, „das Zeug zu Dämmstoffen verarbeiten oder zur Energiegewinnung nutzen wollte“. Doch die Firma gebe es nicht mehr.
Das Bioheizkraftwerk in Ostritz würde die Pflanzen kostenlos abnehmen, geschreddert. Frank Alber weiß aber nicht, wie er das Häckseln und den Transport nach Ostritz bezahlen soll. Ein Landwirt hat dem Verband zeitweilig etwas als Futter abgenommen. Momentan wäre Alber froh, wenn er die Genehmigung zum Verbrennen bekäme. Dagegen steht, so Peter Müller, von der Unteren Naturschutzbehörde in Görlitz, dass das Zeug feucht ist, zu Qualmbelästigung und erhöhter Feinstaubbelastung führen würde.