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Ein Glashütter radelt auf dem Jakobsweg

Ich bin stolz auf meinen Vater“, sagt Tochter Claudia. 3200 Kilometer von Glashütte bis ins spanische Santiago de Compostela hat er in 24 Tagen mit dem Fahrrad bewältigt. Auf einer großen Landkarte an...

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Von Karin Grießbach

Ich bin stolz auf meinen Vater“, sagt Tochter Claudia. 3200 Kilometer von Glashütte bis ins spanische Santiago de Compostela hat er in 24 Tagen mit dem Fahrrad bewältigt. Auf einer großen Landkarte an der Wohnzimmerwand begleitete ihn die 16-Jährige gemeinsam mit Mutter Carmen während seiner Pilgerfahrt in Gedanken. Jeden Abend meldete sich Gerd Täubrich bei ihnen per SMS. Der Angestellte der Bundespolizei wusste, dass sich die Familie um seine Gesundheit sorgte. Er leidet schon länger unter einer rheumatischen Erkrankung, die ihm im Alltag oft zu schaffen macht. „Ich wollte einfach wissen, was ich noch kann“, erklärt Täubrich den Sinn seiner Tour.

Muschel als Glücksbringer

Von einem Arbeitskollegen hatte er im vergangenen Jahr das Buch von Hape Kerkeling, in dem der Entertainer seine Erlebnisse auf dem Jakobsweg beschreibt, bekommen. Begeistert von dem Reisebericht entschloss er sich, sich ebenfalls auf diesen Weg zu machen. Jedoch nicht zu Fuß, sondern mit dem Rad.

Unterstützt von der ganzen Familie, begannen die Vorbereitungen. Er besorgte sich Informationen, Karten und ein Pilgerbuch. „Wenn schon der Pilgerweg, dann auch richtig mit den entsprechenden Stempeln im Buch“, dachte sich Täubrich. Von der Familie bekam er eine Muschel, das Symbol des Jakobsweges, und einen kleinen Schutzengel. Die Muschel und ein gelber Pfeil wurden zu seinen ständigen Begleitern. Sah er eines der beiden Symbole am Straßenrand, war sein Kurs richtig. Nach dem Start führte ihn sein Weg über Zinnwald, Tschechien, Nürnberg, Ulm und Ludwigshafen in die Schweiz. Von dort fuhr er quer durch Frankreich bis nach Spanien. Wie viele Berge er auf der Strecke mit dem Rad bezwang, hat er nicht gezählt. Anhand des Streckenprofils rechnete Täubrich erst nach der Fahrt aus, dass er 30500 Höhenmeter bewältigt hatte.

Aber nicht nur Berge waren seine ständigen Begleiter. Regen und Kälte machten ihm auch schwer zu schaffen. Besonders am Anfang kostete es ihn viel Überwindung, jeden Morgen trotz Regen und Muskelkater wieder aufs Rad zu steigen. Dabei belastete ihn auch immer der Gedanke an den fest gebuchten Rückflug am 27. Mai. „Aber irgendwann kam der Punkt, wo Zeit plötzlich nicht mehr so wichtig war“, erzählt er.

Regen und Muskelkater

Von diesem Moment an fuhr er entspannter und nahm kaputte Reifen und Umwege viel gelassener hin. Auch die Herzlichkeit der Menschen gab ihm immer wieder Kraft. Mit Händen und Füßen klappte die Verständigung. Von einem Bauern in Frankreich bekam der Radler, als er nach dem Weg fragte, spontan ein Glas Milch. Eine Postbotin in der Schweiz brachte ihn persönlich bis zur nächsten Herberge. Sieben Tage vor dem geplanten Termin erreichte Täubrich erschöpft aber glücklich Santiago. Bevor er sein Rad für den Rückflug auseinander baute, besuchte er noch die berühmte Kathedrale des Ortes und das Grab des Apostels Jakobus.

Schon kurz nach seiner Heimkehr von seinem letzten Abenteuer stand für Gerd Täubrich fest, dass die Fahrt auf dem Jakobsweg nicht seine letzte große Fahrradtour war. „Sizilien würde mich reizen“, sagt der 47-jährige Glashütter. Nachdem ihr Mann die zermürbende Tour von Glashütte bis ins spanische Santiago de Compostela in nur 24 Tagen bewältigte, zweifelt Ehefrau Carmen nicht daran, dass er auch dieses Ziel erreichen wird.