Von Romy Kühr
Quietschvergnügt tollt Johanna im Gras herum. Gerade hat die Einjährige einen Stein als Spielzeug auserkoren. Johanna ist ein Kleinkind, wie man es sich glücklicher kaum vorstellen kann. Ihre Eltern, Moni und Öffi, sitzen entspannt im Wohnzimmer und beobachten ihr Kind beim Spielen. Das „Wohnzimmer“ der beiden ist eine Wolldecke an der Feuerstelle auf einem alten Hof in der Georgewitzer Skala. Hier lebt die Familie in der idyllischen Einöde mit ihrem Töchterchen.
Seit Jahren vertreten beide die Prinzipien der Schenker-Bewegung. Die will eine eine gewaltfreie Weltrevolution erreichen. „Ein Leben ohne Gewalt, Luxus und Geld ist unser oberstes Prinzip“, erklärt Öffi. Dazu gehört auch der Verzicht auf ganz alltägliche Dinge, wie Strom und fließendes Wasser. „Wir leben nur auf der Basis gegenseitiger Geschenke.“ Der 42-Jährige entdeckte diese Lebensweise schon vor Jahren für sich. 1991 machte er sich von seiner Heimat im Ruhrgebiet auf eine Pilgertour quer durch Deutschland, um seine Weltanschauung publik zu machen.
Moni lernte die Schenker-Bewegung vor drei Jahren kennen. Die junge Frau, die aus Bautzen stammt, absolvierte nach ihrem Abitur ein Freiwilliges Ökologisches Jahr. Hier machte sie im Friedensgarten Pommritz die Bekanntschaft einer Aussteigerin, die ebenfalls der Schenker-Bewegung angehört. „Über sie habe ich dann Öffi kennen gelernt“, erzählt die 22-Jährige. Fortan lebten die zwei an verschiedenen Orten nach dem Selbstversorgungsprinzip. „Wir ernähren uns im Wesentlichen aus der Natur, so weit wie möglich von einheimischer, wild belassener Rohkost.“
Selbst die Geburt von Baby Johanna bekamen die Eltern getreu ihren Prinzipien geschenkt. „Ich war in einem Ökodorf, wo es einen Arzt und eine Hebamme gibt“, erzählt die junge Mutter. Den letzten Winter verbrachten Moni und Öffi mit ihrem Kind im mecklenburgischen Dargelütz im „Haus der Gastfreundschaft“, das Öffi vor Jahren selbst gründete. Hier gibt es einen Förderverein, der die Schenker unterstützt und eine Internetseite unterhält. Dort wurde auch das Jugendamt auf die Familie aufmerksam. „Aber es gab nichts zu beanstanden“, sagt Vater Öffi. Auch die Kollegen im hiesigen Jugendamt können an den Lebensumständen der kleinen Johanna nichts bemängeln, wie dessen Leiter Matthias Schmidt bestätigt. „Gesetzlich spricht nichts dagegen, solange das Kindeswohl nicht gefährdet ist.“ Das trifft auf Johanna augenscheinlich nicht zu. Für ihr Töchterchen haben die Aussteiger sogar eine Krankenversicherung. „Für Notfälle“, so die Eltern. Sie wollen ihrem Kind verschiedene Lebenswelten offen halten. „Johanna soll selbst entscheiden, wie sie leben will.“
Seit März hat das Paar in der Georgewitzer Skala Quartier bezogen. Das 33 000 Quadratmeter große Grundstück mit einem alten baufälligen Gutshaus, einer Scheune und viel Grün stellte ihnen der Besitzer zur Verfügung. Hier fühlt sich die Waldfamilie wohl. Auch von den Einwohnern wurden sie freundlich aufgenommen. Viele bieten ihre Hilfe an. Einziger Unsicherheitsfaktor sind die ungeklärten Besitzverhältnisse des Grundstücks. Denn der Besitzer will verkaufen. „Bleibt zu hoffen, dass der neue Eigentümer uns hier duldet.“
www.die-schenker.net