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Ein Haus für Liebhaber

Der Fleischmarkt 3 ist eines der letzten unsanierten Gebäude in Bautzens Altstadt. Das ändert sich jetzt.

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© Carmen Schumann

Von Carmen Schumann

Bautzen. Almut Natuschke liebt alte Häuser. Die frühere Mitarbeiterin des Hochbauamtes hat schon zahlreiche Projekte in der Altstadt, so zum Beispiel die Rekonstruktion der Stadtbibliothek, als Bauleiterin begleitet. Mittlerweile ist sie im Vorruhestand. Doch sie berät die Bauherrin des Gebäudes Fleischmarkt 3, die namentlich jedoch nicht genannt sein will, bei der anstehenden Rekonstruktion des auf den ersten Blick unscheinbaren Hauses. „Die eigentlichen Qualitäten des Bauwerkes treten erst bei einer gründlichen Analyse seiner Substanz zutage“, sagt sie.

Es ist eines der wenigen Renaissance-Gebäude, die in Bautzen noch erhalten geblieben sind. „In seiner heutigen Gestalt stammt es aus dem Jahre 1630“, sagt die Fachfrau. Doch anhand des Kellers sei ersichtlich, dass die Grundsubstanz noch älter sein muss. Schließlich sei der Fleischmarkt der älteste zentrale Platz in Bautzen, auf dem bereits im 13. Jahrhundert ein Vorgängerbau des Doms und das Rathaus errichtet wurden. Die ersten Häuser seien noch so gebaut worden, dass der Giebel zur Straße zeigte. Das Haus Fleischmarkt 3 habe ursprünglich ebenfalls so ausgesehen. „Das kann man auf dem Schreiber‘schen Stadtplan von 1709 gut erkennen“, sagt Almut Natuschke.

Wie die Denkmalpflegerin herausgefunden hat, konnten selbst die Stadtbrände von 1634 und 1720 dem Gebäude wenig anhaben. „Möglicherweise hat der Wind damals für das Haus günstig gestanden“, vermutet Almut Natuschke. Als Denkmalpflegerin ist es für sie eine besondere Freude, dass seit den Jahren 1800 und 1880 keine größeren baulichen Veränderungen mehr vorgenommen wurden. Seitdem sei in die Bausubstanz kaum noch einschneidend eingegriffen worden, auch nicht zu DDR-Zeiten, was einen besonderen Glücksfall für die Denkmalpflege darstellt.

Hausmarke mit Anker

Im Juli wurde ein Gerüst an dem Gebäude aufgestellt, um Farbuntersuchungen an der Fassade vornehmen zu können. Nach dem Willen der Bauherrin soll nämlich die Fassade als erstes wiederhergestellt werden. Und zwar deshalb, weil sie sich wünscht, dass das Haus bereits wieder einen schönen Anblick bietet, wenn im Spätherbst der Petridom nach seiner Innenraum-Sanierung wieder geöffnet wird. Die Fassade ist zwar relativ schmucklos, sie besitzt aber eine Hausmarke mit einem Anker und dem Buchstaben B. „Der Anker weist auf Handelstätigkeit und das B auf den Eigentümer hin“, sagt Almut Natuschke. Als Eigentümer mit dem Anfangsbuchstaben B kommen sowohl der Bierhof-Besitzer Wilhelm Paul Beyer, als auch der Tuchhändler Johann Benade infrage. Interessant seien auch die typischen Renaissanceprofile um die Fenster herum.

Im Inneren des Hauses wird zurzeit eine Bestandsaufnahme als Voraussetzung für die Rekonstruktion vorgenommen. Im Erdgeschoss, wo sich bis vor einigen Monaten noch eine Mineralienhandlung befunden hatte, sind Fachleute seit Anfang August dabei, die vom Denkmalamt geforderten Bau-Untersuchungen vorzunehmen. Dabei soll unter anderem herausgefunden werden, wie die Fenster- und Türöffnungen ursprünglich angeordnet waren. Denn die ersten Laden-Geschäfte wurden dort wahrscheinlich um 1800, wenn nicht sogar erst 1880 eingerichtet. Außerdem wollen die Baufachleute herausfinden, auf welchem Niveau sich der Fußboden ursprünglich befunden hatte und wie der Zuschnitt der Erdgeschoss-Räume vor dem Einbau von Geschäften war. „Die Anordnung der Kreuzgewölbe deutet darauf hin, dass sich hier wohl eine große Eingangshalle befunden hat“, sagt Almut Natuschke.

Wohnungen möglich

Die eigentlichen Sanierungsarbeiten werden erst beginnen, nachdem die Bau-Untersuchungen abgeschlossen sind, die ja gerade erst im Erdgeschoss begonnen haben. In Absprache zwischen der Denkmalpflege und der Eigentümerin soll die Sanierung ganz behutsam und mit großer Liebe zum Detail erfolgen. Deshalb könne man auch heute noch nicht sagen, wann die Rekonstruktion eines der letzten wertvollen Altstadt-Denkmale abgeschlossen sein wird. Selbst die Frage, ob im Erdgeschoss wieder ein Geschäft eingerichtet wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch völlig offen. Auf alle Fälle besteht die Möglichkeit, im Zwischengeschoss und in den zwei oberen Etagen Wohnungen einzurichten.

Dass sich das Haus so gut und unverfälscht erhalten hat, führt Almut Natuschke unter anderem darauf zurück, dass die letzte Eigentümerin, die vor vier Jahren gestorben ist, als letzte Bewohnerin einfach nichts hat verändern lassen. „Sie hat zwar mit wenig Komfort gelebt, aber dadurch auch der Bausubstanz nicht geschadet“, sagt die Denkmalpflegerin.