SZ +
Merken

Ein Herz für Gebrauchtes

Ingrid Strauß hat in Bischofswerda ein Geschäft für Ausrangiertes eröffnet. Als Rentnerin startet sie noch einmal durch.

Teilen
Folgen
© Manuela Paul

Von Manuela Paul

Bischofswerda. Ingrid Strauß hat es noch einmal getan. Sie hat sich als Geschäftsfrau einen Haufen Arbeit aufgehalst. Dabei könnte die Dresdnerin eigentlich ganz relaxt ihren Ruhestand genießen, es sich in Haus und Garten gemütlich machen. Schließlich liegt ein anstrengendes und durch die Wende auch wechselvolles Arbeitsleben hinter der gelernten Kauffrau – inklusive eigener Geschäfte als Maßschneiderin und später als Kosmetikerin.

Mit dem Ruhestand hatte sie es schon probiert. Doch der bekam ihr nicht so recht, verrät die Dresdnerin. Sie wohnt im eher ländlich geprägten Ortsteil Weißig. Natürlich sei es schön, sich das häusliche Umfeld einladend zu gestalten. Doch dabei fehlte ihr der Kontakt zu anderen. Schließlich habe sie früher immer mit Menschen zu tun gehabt. „Nach einer Weile kam ich mir wie vom Leben abgeschnitten vor.“ Das sollte keineswegs so bleiben. Schließlich sei sie noch fit und wolle noch etwas bewegen, erzählt die Neugründerin.

Regelmäßig auf Flohmärkten unterwegs

Und so entstand die Idee der Geschäftsgründung. Ein Laden für Gebrauchtes sollte es sein. Denn das mag die gebürtige Ottendorf-Okrillaerin schon immer. Auf der Suche nach entsprechenden Räumlichkeiten wurde sie schließlich in Bischofswerda fündig. An der Lindenstraße schaffte die regelmäßige Flohmarktgängerin Raum für eine Leidenschaft, die sie schon als kleines Mädchen hatte. Und auch im Handeln mit Ausrangiertem kennt sie sich aus. Denn mit ihrer Schwester war sie hin und wieder mit einem kleinen Stand auf diversen Trödelmärkten zu finden.

Die Zeiten des Freiluft-Handels sind vorbei. Nun hat sie ein richtiges Geschäft. Eines mit dem sie noch einmal durchstarten will. Seit Ende Mai können Kunden bei ihr Gebrauchtwaren kaufen. Oder ihr zum Verkauf anbieten. Auf rund 50 Quadratmetern gibt es Schönes und Neckisches aus Omas Zeiten, Elektronik, Spielzeug, Porzellan, Bücher, Schmuck, DDR-Nostalgie-Produkte – teilweise noch mit Original-Etikett – und vieles mehr. Eines haben alle Waren gemeinsam: Sie sind gebraucht. Aber deswegen ja noch lange nicht schlecht, erklärt Ingrid Strauß. Sie ist immer wieder erstaunt, was Leute so entsorgen wollen.

„Man muss nicht immer alles wegschmeißen.“ Das Weiterverwenden ausrangierten Sachen sei zudem Ressourcen schonend. Natürlich habe Neues auch seine Berechtigung, räumt die Dresdnerin ein. Aber Möbel oder Gebrauchsgegenstände von früher hätten – dank ordentlicher Verarbeitung – meist eine längere Haltbarkeit und Holz sei zudem meist unbehandelt. Die Dresdnerin weiß genau, wovon sie spricht. „Ich lebe ja auch mit alten Möbeln.“

Eigener Internetshop

Schränke, Sofas und Co. könne sie sich allerdings nicht unbegrenzt in den Laden stellen. Dafür reicht der Platz einfach nicht. An Offerten mangele es hingegen nicht. „Ich hab schon sehr schöne Objekte angeboten bekommen.“ Größere Möbel fotografiere sie und lasse sie dann erst einmal vor Ort stehen. Ein Problem ist das nicht. Denn die Geschäftsfrau bietet ihre Waren nicht nur in ihrem neuen Laden an, sondern vor allem auch im eigenen Internetshop bei Ebay. Den habe sie auch eingerichtet, weil Laufkundschaft an der Lindenstraße eher selten zu erwarten ist.

Wie auf Bestellung klingelt das Telefon. Am anderen Ende der Leitung ist jemand, der alte Möbel loswerden will. Ingrid Strauß agiert routiniert, macht einen Besichtigungstermin aus. Das seien sehr schöne Stücke, freut sich die Händlerin. Zumindest sehe es auf den Fotos, die der Kunde geschickt hatte, danach aus, erklärt sie und man spürt ihre Begeisterung. Die kann sie nun in ihrem Geschäft ausleben. Was ihr Mann dazu sagt? „Der arbeitet ja auch noch immer“, sagt sie. Als selbstständiger Landschaftsplaner hat er alle Hände voll zu tun. Auch fast alle anderen Menschen in ihrem Umfeld finden es toll, dass sie noch einmal loslegt. „Überhaupt hab ich bis jetzt nur positive Resonanzen bekommen.“