Von Katrin Richter
Eine junge Frau auf dem Weg ins Landratsamt. Ihr Schritt ist schnell, als wolle sie vor etwas davonrennen. Sie eilt ins Jugendamt. Sehr gefasst trägt sie ihr Anliegen vor. Sie sei alleinerziehend, krank und fühle sich dadurch nicht mehr in der Lage, ihr dreijähriges Kind großzuziehen. Doch innerhalb weniger Wochen wurde ein neues Zuhause für das Kind gefunden.
Ein Fall, der sich nicht alle Tage ereignet – eine Mutter trennt sich plötzlich und ohne Vorwarnung von ihrem Kind. „Die Chemie zwischen Kind und Adoptiveltern stimmte sofort“, erinnert sich Petra Humbsch, Adoptionsfachkraft im Jugendamt des Landkreises Löbau-Zittau. Momentan stehen 30 Bewerber auf der Liste der Adoptionsvermittlungsstelle im Landratsamt. Pro Jahr kommen vier bis fünf „Adoptionswillige“ neu hinzu. Für diese Ehepaare beginnt ein langer Prozess, an dem bereits stabile Partnerschaften zerbrochen sind. „In der Regel passieren solche Zerwürfnisse selten. Bereits der Schritt zur Adoptionsvermittlung kostet viel Überwindung. In Gesprächen mit den Paaren versuchen wir, ihnen die Angst zu nehmen. Viele fürchten die langwierigen Formalitäten des Adoptionsantrages“, sagt die Sachgebietsleiterin Sozialer Dienst im Jugendamt, Ramona Joachim.
Bis zu acht Jahren beträgt die Wartezeit auf einen Säugling oder ein Kleinkind. Ramona Joachim rät deswegen, nicht zu lange mit dem Antrag zu warten. Viele Paare empfinden es als einen Sechser im Lotto, wenn der lang ersehnte Anruf: „Wir haben ein Kind für Sie!“ endlich eingeht. „Diese Momente, wenn Adoptiveltern bei einer Kindübergabe Tränen in den Augen haben, machen unsere Arbeit so wertvoll“, sagt Petra Humbsch.
Jedes Jahr gibt es in der Adoptionsvermittlungsstelle im Landkreis Löbau-Zittau mindestens einen Fall, bei dem Adoptionsbewerber nach jahrelangem Hoffen und Bangen um ein eigenes Kind – plötzlich und völlig unverhofft von einem positiven Schwangerschaftstest berichten. „Nachdem sich Paare entschlossen haben, den Weg einer Adoption einzuschlagen, kommt es oftmals zu einem solchen Phänomen“, sagt Humbsch.
Wie mit den Adoptionsbewerbern wird auch mit großer Sorgfalt mit den abgebenden Müttern umgegangen. „In der Gesellschaft werden solche Frauen gemieden, wir versuchen, ihnen die für so einen Schritt angemessene Wertschätzung entgegenzubringen“, sagt Joachim. In den meisten Fällen wollen die biologischen Mütter eine Inkognito-Adoption. Das heißt, dass der Name der leiblichen Mutter nicht weitergegeben wird.
Die Herkunftsforschung macht daher einen großen Teil der Arbeit einer Adoptionsfachkraft aus. Ramona Joachim kennt Schicksale von Leuten, die bis zum Tod ihrer Eltern im festen Glauben lebten, dass sie die leiblichen Kinder seien. Auf der Suche nach ihren Wurzeln kann zur Lösung des Rätsels im Archiv des Landratsamtes bis in die 50er Jahre zurückgegangen werden.
Weitere Informationen: Landratsamt/ Jugendamt, Hochwaldstraße 29 in Zittau