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Ein Koch für alle Fälle

Küchenchef Tim Mälzer ist auf Tour. Mit Feuer, Eis und Flaschenbier wird aus einer TV-Show in Dresden ein großes Festmahl.

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Von Martin Machowecz

Kochen ist auch nur Show. Eine pompöse Protzküche wurde da auf die Bühne gezimmert – mit Diner-Ecke, Couch und Kräuterbeeten. So schön, dass einem der Magen bellt. Hungernden Leibes zum Auftritt von Tim Mälzer zu fahren, ist eine schlechte Idee.

Vor der „Ham’se noch Hack“-Show und also dem Einmarsch des selbsternannten „Küchenbullen“ in den Dresdner Kulturpalast am Sonnabend muss jedoch die wichtigste Zutat auf Temperatur gebracht werden: das Publikum. Den Job übernimmt Nils Holst, früher Anheizer bei „Herman & Tietjen“ im NDR.

Nils, ein Ingolf-Lück-Typ, schleicht samt Kameramann über die Gänge und schnappt Zuspätkommer. Sie werden mit halbgaren Witzen abgewatscht, die trotzdem zünden („Ah, schön, dass ihr kommt – wohl noch viel Verkehr gehabt, was?“). Glatzenträger kriegen ihr Fett weg und Dicke wünschen, sie hätten keins. Die meisten Gäste lachen schallend, der Rest freut sich umso mehr auf Tim Mälzer.

Nils ist eine von vielen netten Ideen des Tour-Regisseurs und Ex-Wochenshow-Chefs Ingolf Lück. Dessen schwieriger Job: schnellen TV-Brutzelspaß in vier Stunden fesselndes Bühnenprogramm verwandeln, für das man guten Gewissens bis zu 50 Euro Eintritt verlangen kann. Denn noch steht eine Frage im Raum: Muss man aus jedem Reis eine Show und aus jeder Wurst einen Alleinunterhalter machen?

Currywurst und Pommes

Als Antwort geben Lück und Mälzer Feuer. Man hat eine Leinwand ausgefahren, auf der die große Show zu sehen ist. Zwei Kameramänner gehören zum Ensemble und werden mit Tomatenbrei beschmiert. Wer auf die Bühne darf, kriegt Ansteck-Mikro an den Kopf und Sender an den Hintern.

Zu Showbeginn explodiert Pyrotechnik. Ein saufetter Kerl springt von hinten durch den Saal in Richtung Bühne, pellt sich aus einem aufblasbaren Anzug, grinst breit. Auch in Straßenklamotte zeigt sich: Mälzer ist eher Wurst denn Schönling. Das gehört dazu – Mut zur Zahnlücke, Hamburger Krawall-Dialekt, Karo-Pullunder. So fand man ihn im Fernsehen dufte. Mälzer ist kein Typ für die Bühne, aber auch keiner für die Küche. Er ist der Rebell mit dem Kochlöffel. Das macht Spaß.

Weil ein Koch allein keinen Brei verderben kann, braucht’s für die große Küchenschweinerei Beiköche. Wer besonders laut schreit, kommt auch besonders groß raus. Jens, ein sehr kräftiger Kerl im Schlabbershirt, darf deshalb die Bühne betreten. Mälzer lässt ihn, zur Strafe für seine Zwischenrufe, Bierkästen in die oberen Zuschauerreihen schleppen. Für Jens ist das gewiss der Auftritt seines Lebens.

Ach ja, Essen gibt es auch. Zuerst Rustikales: Sebastian, im richtigen Leben Testfahrer bei Opel, darf Currywurst mit Pommes zaubern und im Anschluss selbst verputzen. Er stand noch nie am Herd. Über all dem schwebt Mälzers per Video-Clip eingespielte Botschaft: Promikoch Johann Lafer hat im ZDF auch mit Hackepeterbrötchen angefangen. Später entsteht ein Sonntagsfrühstück mit pochierten Eiern, und als Hauptgericht Roast Beef im Brotmantel. Zuschauer Sabri, ein pummeliger 12-Jähriger, matscht Mälzers Tomaten und mixt Pesto.

Tim Mälzer steht daneben, kommentiert und macht viel richtig. Die verschiedenen Hitzestufen beim Herd könne man ruhig mal ausprobieren: „Fisch mögen viele nicht, weil er früher bei Oma bis zur Unkenntlichkeit verbraten wurde.“

Auch schön: seine Anekdötchen. Die Tierschutzorganisation Peta habe ihm in einem Brief vorgeworfen, aus dem Töten von Tieren Kapital zu schlagen. Wohl deshalb muss Jens niederknien. An dessen bulligem Körper erklärt Mälzer nun, wo beim Rind das Fleisch fürs Roast Beef sitzt. Dann greift er Jens’ Wampe: „Hier ist der Schweinebauch, hier das Ochsenschwänzchen.“ Jens freut sich.

Am Ende gewinnt Herr Sachers

Running Gag sind die Scherze auf Kosten von TV-Köchin Sarah Wiener: „Es gibt nichts Geschmackloseres als Eisbergsalat – außer vielleicht die Desserts von Frau Wiener“, raunt Mälzer. Fürs Schoko-Kompott schnappt er sich lieber Christian Sachers aus Coswig. Sächselnder Senior und Hamburg-Hallodri bereiten gemeinsam einen Nachtisch. In Sachers findet Mälzer seinen Meister: „Das hier ist nicht gut, das ist geil!“, sagt Mälzer. Der Senior kontert. „Unter ‚geil‘, Herr Mälzer, stelle ich mir was anderes vor.“ Mälzer geht und überlässt Sachers vorübergehend seine Show. Das Publikum hat gewonnen.