Von Herbert Ehrlich
In Zschieren kämpft eine Bürgerinitiative für besseren Hochwasserschutz (Die SZ berichtete). Geht es nach dem Willen der Stadt, müssen die Bewohner bis zu einem Pegelstand von sieben Metern ihre Häuser selbst schützen. Zwischen Heidenau und Tolkewitz, besonders in der Ortslage Zschieren/Trieske, bereiten Hochwasser den Bewohnern schon seit Jahrhunderten wiederholt Ungemach.
Auf Drängen der dortigen Gemeinden beauftragte das Sächsische Finanzministerium 1897 das Wasserbauamt Pirna mit der Erarbeitung eines Projektes zur „Trockenlegung“ dieser Region, was im Wesentlichen durch Dammbauten, Eindeichungen, Höherlegung von Straßen und Ausbau der Tronitzer Straße zu einem Absperrdamm zu realisieren war. Die erforderlichen Erdmassen wollte man durch Abgrabungen der Ufervorländer und teilweise der Pillnitzer Insel gewinnen, womit man gleichzeitig das Abflussvolumen des Stromes erhöht hätte.
Schaluppe ersetzte die Fähre
Das kühne Projekt scheiterte, weil Aufwand und Nutzen in keinem tragbaren Verhältnis zueinander standen. An den veranschlagten Kosten von rund 1,9 Millionen Mark wollte sich der Fiskus nur mit 80000 Mark beteiligen. Gemeinsam mit den betroffenen Gemeinden legte die Amtshauptmannschaft Pirna im Juli 1902 Begrenzungslinien für die Bebauung in dieser Region fest. Als am 17. März 1940 bei einem Pegelstand von 7,78 Metern die Überflutung fast bis zur Einmündung der Wilhelm-Weitling-Straße in die Struppener Straße reichte, konnten die Fährgäste nur mittels einer Schaluppe dorthin gelangen, in die sie nahe dem Gasthof Zschieren von der Motorfähre umsteigen mussten.
Alle diese Hochwasser lösten jedoch niemals Katastrophen mit Personen- oder nennenswertem Sachschaden aus, obwohl gerade in dem am meisten bedrohten Alt-zschieren bis nach dem Zweiten Weltkrieg sieben Gewerbebetriebe, drei Bauernwirtschaften und der heute noch erhaltene „Gasthof Zschieren“ ansässig waren. Stets nahmen sie nach den Reinigungsarbeiten den Betrieb wieder auf.
Ursache für die hier relativ harmlos verlaufende Überschwemmung ist die spezielle Topografie in der Region, deren Weitläufigkeit und ebene Beschaffenheit einen plötzlichen Anstieg des Wasserspiegels ausschließt und auch den Aufbau einer reißenden und zerstörerischen Strömung verhindert.
Alten Graben wieder öffnen
Im Hochwasserschutz sind immer Prioritäten für effektive Lösungen zu setzen. Alternativ könnten Maßnahmen greifen, mit denen sich Gefahren und Folgen von Überschwemmungen zumindest einschränken lassen. Dazu gehört vor allem die Beseitigung von potenziellen Rückstaugefahren und die ungehinderte und rasche Entwässerung der Regionen nach Fluten.
Ein weit größeres Rückstau-Risiko besteht in Zschieren selbst. An der oberen Inselspitze im linken Elbarm wird seit Jahrzehnten zunehmend eine Verlandung vollzogen, die den Stromquerschnitt erheblich und dadurch den Wasserabfluss einschränkt. Der zur Entwässerung der Zschierener Fluten dienende Brüchigtgraben, der kurz oberhalb des ehemaligen Fähranlegers in die Elbe mündet, indem er das Uferleitwerk unterquert, ist in den 140 Jahren seines Bestehens durch Sedimentablagerungen und Wildwuchs in seiner Funktion stark eingeschränkt. Gefördert wurde das auch, weil in den 1960er- und 70er-Jahren der Graben teilweise zur illegalen Mülldeponie verkommen war.
Mit seiner vorgesehenen Renaturalisierung dürfte es möglich sein, die überschwemmte Region künftig kurzfristig zu entwässern und den Grundwasserspiegel spürbar abzusenken.
Der Autor hat in Söbrigen/Zschieren mehrere Hochwasser und deren Folgen erlebt. Seine umfangreichen Recherchen zur Stromregulierung und zum Hochwasserschutz im 19. und 20. Jahrhundert veröffentlichte er in den „Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz“.