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Ein Licht bleibt immer an

Zum letzten Mal in diesem Jahr fahren die Kumpel zur Mettenschicht in das Bergwerk ein, schauen auf ein gutes Arbeitsjahr zurück. Besonders froh sind sie, dem Hochwasser erfolgreich getrotzt zu haben, vor allem mit Hilfe der Hermsdorfer Feuerwehr.

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Von Michael Matthes

Zum letzten Mal in diesem Jahr fahren die Kumpel zur Mettenschicht in das Bergwerk ein, schauen auf ein gutes Arbeitsjahr zurück. Besonders froh sind sie, dem Hochwasser erfolgreich getrotzt zu haben, vor allem mit Hilfe der Hermsdorfer Feuerwehr.

„Glückauf Du holdes Sonnenlicht, sei ewig mir gegrüßt...“, zitiert der 56-jährige Kumpel Joachim Berger aus einem bergmännischen Liederbuch. Als Ältester unter Tage stellt er dann das Grubenlicht in das Mundloch des „Beschert-Glück-Stollns“ in Hermsdorf/Erzgebirge. Bis zum nächsten Jahr soll die dicke Kerze in der Blende brennen, damit das Licht im Stollen nicht ganz verlischt. Ein alter Brauch, den die Kumpel des Kalkbergwerkes auch zur diesjährigen Mettenschicht am Freital, der traditionell letzten Schicht im Jahr, so pflegten.

Grund zur Freude haben die Bergleute in diesem Jahr besonders. Es liegt nicht nur ein gutes Arbeitsjahr hinter ihnen. Sie haben auch das Hochwasser besiegt. „Mit dem starken Regen hatten wir das zwanzigfache des sonst normalen Wassereintritts“, sagt Grubenleiter Hardy Wenzel. „Wasser sammelt sich immer in der Grube. Normalerweise pumpen wir 400 Liter pro Minute hinaus. Aber soviel wie im August konnten wir nicht schaffen.“

Dass großer Schaden abgewendet werden konnte, kein Grubenabschnitt geflutet wurde, haben die Kumpel dem schnellen Einsatz der Hermsdorfer Feuerwehr zu verdanken. „Eine Woche lang arbeiteten Tag und Nacht alle Mitarbeiter und Feuerwehrleute, um das Wasser aus dem Stollen raus zu bekommen. Gottlob ist der Strom nicht ausgefallen. Etwa zwei Kilometer Schläuche haben wir verlegt, haben es gerade so gepackt. Ansonsten wären 15 000 Kubikmeter geflutet worden. Das wäre unterm Strich ein Produktionsausfall von etwa zwei Monaten“, sagt der Grubenleiter.

Die gesamte Belegschaft ist eingefahren

Zur Mettenschicht nun ist die gesamte Belegschaft um 6 Uhr früh ins Bergwerk eingefahren. Siebzehn Mann, verteilt auf 35 Kilometer unter Tage, bis zu einer Tiefe von 185 Metern. „So eine Grube ist geplant wie ein Hausbau“, erklärt Wenzel. „Unerfahrene könnten sich schnell darin verlaufen.“ Die Arbeit zur Mettenschicht werde nur angefangen, nicht fertig gemacht, erklärt Hardy Wenzel. „Es soll ganz bewusst etwas unfertiges liegen bleiben, damit wir am 2. Januar ohne Lücke weiter arbeiten können.“ Nach den Vorstellungen der Bergleute soll keiner im neuen Jahr das Gefühl haben, im Bergwerk nichts zu tun zu haben.

Für dieses Jahr nun ist Schluss. Bereits kurz vor dem Frühstück wurde das elektrische Licht im Bergwerk gelöscht, Wasserhähne abgedreht und die Ventilatoren der sogenannten Wetterführung, die Belüftung der Grube, abgeschaltet. In diesem Jahr sind fast 40 000 Tonnen Kalkstein abgebaut worden, am Tag etwa 200 Tonnen. „Die Qualität des weißen Gesteins aus Hermsdorf/E. ist sehr gut. In Europa gibt es nur knapp eine Hand voll Lagerstätten mit dieser Qualität, in Sachsen nur diese“, sagt Wenzel.

Der Kalkstein wird auf Millimeterbruchteile fein gemahlen. Genutzt wird der Hermsdorfer Kalk zur Herstellung hochwertiger Farben und Lacke für die Autoindustrie, außerdem als Zusatzstoff in Betonwerksteinen. Zu DDR-Zeiten ist auch Branntkalk produziert und als Baumaterial beispielsweise für den Palast der Republik sowie die Semperoper benutzt worden. Heute produzieren die Hermsdorfer nebenbei kleinere „Rundkörner“, die als Ziersteine im Garten- und Landschaftsbau gefragt sind.