Von Katja Schäfer
Bloß gut, dass Harald Kobus vergessen hatte, die Wäsche aufzuhängen. Sonst wäre der Einbruch in die Wilthener Grundschule vermutlich erst am nächsten Morgen entdeckt worden und der Täter wäre unerkannt entkommen. Doch zum Glück erinnerte sich der 52-Jährige am Donnerstagabend, nachdem er ein Fußballspiel im Fernsehen gesehen hatte, an die nassen Sachen. Deshalb trat er zu später Stunde – gegen halb elf – noch mal auf den Balkon im sechsten Stock eines Blockes im Plattenbaugebiet. Dabei fiel ihm auf, dass bei der Grundschule gegenüber das Hoflicht brannte und ein großer schlanker Mann umherlief. „Dann klang es, als ob jemand auf ein blechernes Fensterbrett schlägt und als ob ein Fenster aufgeht“, erzählt Harald Kobus. Sehen konnte er nichts, da Bäume die Sicht auf ein paar Fenster verdecken. Das Ganze kam ihm ungewöhnlich vor. Schließlich lebt der Wilthener schon das vierte Jahr in dieser Wohnung und kennt das Geschehen auf dem Schulgelände in- und auswendig. Als er dann auch noch im Gebäude einen Lichtschein sah – „wie von einer Taschenlampe“ – griff er zum Telefon und wählte die 110. Danach ging er runter an die Schulstraße, um der Polizei den Weg zu zeigen. Als die Beamten gesehen hatten, dass ein Kellerfenster offen stand, forderten sie Verstärkung an. Schließlich war unklar, wie viele Personen im Haus sind.
Beim Durchsuchen der Schule fanden die Polizisten dann nur einen 33-Jährigen. „Er hatte mehrere Türen kaputt gemacht, einen Schreibtisch aufgebrochen und war gerade im Sekretariat unterm Dach dabei, Schränke zu durchwühlen. Die Kasse mit dem Milchgeld hatte er sich schon angeeignet“, berichtet Bürgermeister Michael Herfort (CDU). Die 65 Euro nahmen ihm die Polizisten ab. Doch der Schaden im Haus beläuft sich auf reichlich 3 000 Euro.
Michael Herfort lobt die Zivilcourage von Harald Kobus sehr: „Er konnte den Schaden zwar nicht verhindern. Aber er hat dafür gesorgt, dass der Einbrecher auf frischer Tat geschnappt wurde.“ Als Würdigung überbrachte er ihm gestern eine Urkunde und den persönlichen Dank von sich, der Polizei und der Schulleiterin. Zum ersten Mal in seiner Amtszeit konnte er so was tun. Wie der Bürgermeister zu berichten weiß, handelt es sich bei dem Einbrecher um einen Ortsfremden, der bis vor Kurzem in der Justizvollzugsanstalt München saß. Letzteres will Till Neumann, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Görlitz, nicht bestätigen – wohl aber, dass es sich bei dem Mann um einen Sachsen handelt, aber keinen Oberlausitzer. „Er hat keinen festen Wohnsitz. Jetzt ist er in Untersuchungshaft“, berichtet der Staatsanwalt.
„Dass der Einbrecher zielstrebig vom Keller ins Dachgeschoss gegangen ist, hat er damit begründet, dass sich in allen Schulen, wo er bisher war, das Sekretariat ganz oben befand“, berichtet Michael Herfort und fügt an: „Wer weiß, wo der Bursche schon überall war und was er in Wilthen noch so vorhatte. Vielleicht wollte er noch weitere Einbrüche begehen. Bloß gut, dass ihm durch die Aufmerksamkeit und das vorbildliche Handeln von Herrn Kobus das Handwerk gelegt werden konnte.“