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Ein pfiffiger Franzose lernt ohne Worte

Florian Schmidt hebt mit fragendem Blick die Augenbrauen. Danny Gräfe reiht die französischen Vokabeln ein bisschen holprig aneinander, weil er sie aus der letzten Ecke seines Gedächtnisses kramt. Er...

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Von Carolin Barth

Florian Schmidt hebt mit fragendem Blick die Augenbrauen. Danny Gräfe reiht die französischen Vokabeln ein bisschen holprig aneinander, weil er sie aus der letzten Ecke seines Gedächtnisses kramt. Er ist der einzige, der sich mit Worten mit seinem Austausch-Azubi Florian Schmidt aus der Bretagne verständigen kann. Alle anderen Kollegen vertrauen auf wildes Gestikulieren mit Händen und Füßen. Zum Glück sieht Schleifpapier in Frankreich genauso aus wie in Hauswalde, auch die Bedienung französischer Sägemaschinen unterscheidet sich nicht von deutschen. Das macht die Sache deutlich einfacher. Bevor es heute heim geht, packte Florian Schmidt seit Montag bei Treppenbau Gräfe in Hauswalde kräftig mit an. Er ist einer der elf französischen Tischlerlehrlinge, die zu einem Austausch über das Pulsnitzer BSZ in Betrieben der Region zu Gast sind. In den ungeraden Jahren kommen Franzosen hierher, in den geraden schnuppern deutsche Lehrlinge in französische Firmen. Verteilt sind die Jungs auf sieben holzverarbeitende Betriebe, neben Hauswalde in Dresden, Ottendorf-Okrilla, Wilsdruff und Hellerau. „Er macht sich klasse“, schwärmt Chef Danny Gräfe von seinem Lehrling auf Zeit. „Er ist in unsere Produktionsabläufe voll integriert.“

Erstaunenswert sei, wie er beobachten und mit den Augen lernen kann, sagt Dany Gräfe. Er kann mitdenken und sich Arbeitsschritte selbst erschließen. Fragen zu stellen wäre ohnehin ein schwieriges Unterfangen, wenn der Chef gerade außer Haus bei einem Kundentermin ist. Dennoch, die Kollegen hätten ihn freundlich aufgenommen, erzählt der 18-Jährige. Er fühlt sich wohl, auch wenn es mit dem Plausch in der Mittagspause nicht so gut klappt. Doch die Männer brauchen keine großen Worte, sie verständigen sich über die Arbeit. Die erlebt der Franzose etwas anders als bei sich daheim. „Bei uns im Betrieb arbeiten nur fünf Leute, hier ist alles viel größer“, sagt er. Und der Azubi im dritten Lehrjahr einer Zimmerei und Tischlerei staunt über die mächtigen Auftragsvolumen, über die vielfältigen und ausgefallenen Treppen und Geländer, die bei Gräfe nur nach individuellen Kundenwünschen entstehen. Eine Woche macht er mit, fertigt moderne Treppengeländer und leimt Stufen.

Auch das nächste Mal dabei

„Die einfachen Grundmaschinen konnte Florian von Beginn an bedienen, wir haben ihm aber auch die Technologie der modernen CNC-Maschine erklärt“, sagt Danny Gräfe. Weil er ein pfiffiges Kerlchen ist und blitzschnell begreift. Er macht sein Ding, auch ohne große Erklärungen in Schulfranzösisch. Eines erstaunt Florian Schmidt aber vor allem: Bei Gräfe sind sie alle per du, auch zum Chef. „Das wundert mich doch sehr, so etwas gibt es bei uns in Frankreich nicht“, sagt er. Während seines Praktikums wohnt er in Dresden auf der Koje, der schwimmenden Jugendherberge auf der Elbe. „Dort finden wir’s toll“, sagt Florian.

Bereits zum zweiten Mal nimmt die Hauswalder Firma einen französischen Lehrling für eine Woche unter die Fittiche. „Wir machen wieder mit, profitieren können beide Seiten“, sagt Danny Gräfe.